"Er wird unserem Kader angehören und sich mit Joao Cancelo duellieren", sagte Pep Guardiola auf einer Pressekonferenz vor dem 2. Spieltag der Premier League auf die Frage, ob Gómez künftig für die Skyblues spielen wird. Die offizielle Bestätigung des Transfers folgte wenige Tage später. "Ich bin unglaublich stolz und glücklich, dass ich mich Manchester City angeschlossen habe", sagte der Spanier, der einen Vierjahresvertrag unterschrieb. Als Ablösesumme stehen knapp 15 Millionen Euro im Raum.
Nach dem Abgang von Oleksandr Zinchenko (FC Arsenal) und dem geplatzten Transfer von Marc Cucurella wird er eine feste Rolle in Guardiolas Planungen spielen. "City ist die beste Mannschaft Englands und mit Pep Guardiola habe ich die Chance, unter dem besten Trainer des Weltfußballs zu lernen und mich weiterzuentwickeln", erklärte Gómez voller Stolz.
Zuvor hatte es noch Gerüchte gegeben, dass Gómez auch bei einer Ankunft von Cucurella, der sich nach langem Tauziehen für einen Wechsel zum FC Chelsea entschied, nach seiner Verpflichtung umgehend zum FC Girona ausgeliehen werden soll. Ein Zwischenschritt, der auf den zweiten Blick alles andere als überraschend gewesen wäre. Der spanische Erstligist gehört wie der englische Meister der City Football Group an - seit 2015 wechselten 15 Spieler von Manchester per Leihe in die katalanische Stadt. Dazu wird es nicht nur mangels Alternativen, sondern auch wegen seines steilen Aufstiegs innerhalb eines Jahres jedoch nicht kommen.
Gómez ist zur 1B-Lösung von Guardiola avanciert. Hinter Cancelo, einem der besten Linksverteidiger der Welt, wird er zwar erstmal die klare Nummer zwei sein. Dennoch kann er den Portugiesen zu Höchstleistungen treiben - und ihn möglicherweise sogar ersetzen. Das deutete City-Sportdirektor Txiki Begiristain bereits in der offiziellen Mitteilung des Transfers an: "Sergios Entwicklung in den letzten Spielzeiten war sehr beeindruckend - er ist ein vollendeter Verteidiger mit großem Potenzial."
Aber der Reihe nach. Einem derartigen Aufstieg geht oft auch ein Absturz voraus.
Sergio Gómez: Minusgeschäft für den BVB
Gómez zählte einst zu den größten Offensiv-Talenten Europas. Von Barcelonas weltberühmter La Masia war er Anfang 2018 zu Borussia Dortmund gewechselt. Bei der U17-Europameisterschaft im Sommer zuvor hatte er als zweitbester Spieler hinter seinem heutigen Teamkollegen Phil Foden zahlreiche Top-Klubs auf den Plan gerufen. Der für seine Talente-Förderung bekannte BVB bekam für drei Millionen Euro den Zuschlag.
Der damalige Sportdirektor Michael Zorc zelebrierte die Verpflichtung regelrecht. "Sergio Gómez ist weltweit zweifellos einer der stärksten Spieler seines Jahrgangs. Wir sind schon seit geraumer Zeit an ihm interessiert und froh, dass er sich trotz der Offerten vieler europäischer Top-Klubs für Borussia Dortmund entschieden hat", sagte er. Unter Aushilfscoach Peter Stöger reichte es jedoch nur zu zwei Einwechslungen und sieben Minuten Bundesliga. Weitere kamen nicht hinzu. In seiner ersten vollständigen Saison 2018/19 stand er überhaupt nur einmal im Bundesligakader von Lucien Favre. Dafür gab es einen einminütigen Einsatz in der Champions League.
In der gut besetzten BVB-Offensive war schlichtweg kein Platz für Gómez, der sowohl zentral als auch auf den beiden Außenbahnen spielen kann. Es folgte eine Leihe in sein Heimatland zu Zweitligist SD Huesca, die nach der ersten Spielzeit samt Kaufoption verlängert wurde. Auf eine passable Premierensaison im erweiterten Stammspielerkreis folgte allerdings eine ernüchternde mit gerade einmal vier Startelfplätzen.
"In Huesca war es schwierig", sagte Gómez der Marca im Herbst 2021 rückblickend: "Die Trainer haben mir vertraut, das konnte ich sehen, aber am Ende haben sie jemand anderen eingesetzt." Von der Stagnation unbeeindruckt überwies den RSC Anderlecht im Sommer 2021 2,25 Millionen Euro an den BVB, der somit lediglich 0,75 Millionen Euro in den Sand gesetzt hat, und traf dank eines - wie sich kurze Zeit später herausstellen sollte - genialen Plans von Trainer Vincent Kompany damit voll ins Schwarze.
Sergio Gómez zum Linksverteidiger umgeschult
"Wir sprechen hier doch über eine Legende von Manchester City und Ikone des RSC Anderlecht. Aber als ich damals mit ihm telefonierte, wurde mir klar, dass sie nicht einfach so auf mich gekommen waren. Sie hatten mich nämlich ausführlich gescoutet. Diese Dinge haben mich letztendlich überzeugt, mich für diesen Verein zu entscheiden", sagte Gómez bei Sport/Voetbalmagazine.
Kompany leistete aber nicht nur beim Vereinswechsel Überzeugungsarbeit. Auch machte er dem Offensivspieler einen Positionswechsel schmackhaft und schulte diesen zum Linksverteidiger um. "Er sagte mir, dass ich ihm in dieser Position sehr gefalle und dass er mich dort ausprobieren wolle", sagte Gómez in angesprochenem Marca-Interview: "Es ist eine schwierige Umstellung, aber ich bin als Außenverteidiger sehr glücklich. Wir sind eine sehr offensiv ausgerichtete Mannschaft und ich kann von hinten überraschen."
Pep Guardiola und Sergio Gómez: Die Wege sind kurz
Ein Handgriff, der sich als voller Erfolg entpuppte. Gómez kam in 49 Pflichtspielen dank seiner Qualitäten im Angriffsspiel auf 22 Torbeteiligungen (sieben Tore, 15 Assists). Am Ende der Saison wählten ihn die Fans zum Spieler der Saison, obendrein feierte er schon in der Hinrunde nach fast zwei Jahren sein Comeback in der U21-Nationalmannschaft Spaniens.
Es verwundert also nicht, dass Gómez in den vergangenen Wochen - schon lange vor Guardiolas Ankündigung - hartnäckig mit Manchester City in Verbindung gebracht wurde. Die Wege zwischen dem Dortmunder Minusgeschäft und dem City-Coach sind bei genauerer Betrachtung ohnehin kurz. Dieser hatte mit Gómez' Förderer Kompany, der es schon vorgemacht hat und sein Geld nun in England beim FC Burnley verdient, zum einen große Erfolge in Manchester gefeiert und pflegt zu dem ehemaligen Innenverteidiger ein gutes Verhältnis. Zum anderen ist sein Bruder Pere Teil der Spieleragentur SEG, die auch Gómez vertritt.
So manch einer würde vielleicht sogar von einer Bestimmung sprechen, während in Dortmund wohl so manch einer Gómez aufgrund seines Werdegangs hinterhertrauert.
Sergio Gómez: Seine Leistungsdaten als Profi
Verein | Pflichtspiele | Tore | Torvorlagen |
Borussia Dortmund | 3 | - | - |
SD Huesca | 68 | 1 | 4 |
RSC Anderlecht | 50 | 7 | 15 |