Warum der FC Chelsea in der Krise steckt: Das Problem ist nicht nur Maurizio Sarri

Von Jonas Rütten
Steht beim FC Chelsea kurz vor der Entlassung: Trainer Maurizio Sarri.
© getty
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Sarri kritisiert eigene Spieler öffentlich: Weckruf oder Wutausbruch?

Spätestens Sarris öffentliche Kritik an der eigenen Mannschaft nach der 0:2-Pleite gegen Arsenal Mitte Januar zeigte deutlich, dass es zwischen Mannschaft und Trainer kriselt.

Für seinen Auftritt bei der Pressekonferenz hatte Sarri sogar einen Dolmetscher zur Hilfe genommen, damit man ihn auch ja nicht missverstehen konnte. Seine Mannschaft sei "extrem schwer zu motivieren", schimpfte Sarri und beschrieb sich selbst als "extrem wütend".

Des Weiteren kanzelte er Hazard ab, den er "im Moment" nicht als Anführer in seinem Team sehe. "Er hat gesagt, dass ihm seine Trainer stets gesagt hätten, er müsse mehr machen. Ich denke das auch. Denn sein Potenzial ist besser als seine Leistungen", sagte Sarri.

4. Chelseas "Hire and Fire"-Politik

Die Probleme, die Chelsea in dieser Saison hat, sind jedoch nicht ausschließlich auf Sarri zurückzuführen. Der Italiener stand wegen seines Umgangs mit dem abwanderungswilligen und hochgelobten Eigengewächs Callum Hudson-Odoi gerade bei den Anhängern der Blues massiv in der Kritik.

"Ich verstehe sehr gut, dass die Fans die Talente aus der Nachwuchsakademie lieben, aber letztlich muss ich Spiele gewinnen, das erwarten auch die Fans und der Klub von mir", sagte Sarri. Die Fans seien manchmal genauso ungeduldig wie der Klub - "und ich stehe dazwischen", erklärte Sarri seine komplizierte Situation.

Der Druck bei Chelsea, unbedingt um Titel spielen zu müssen, ist immens. Auch, weil der Klub stattliche Summen in vermeintliche Starspieler investiert. Sind die (zu) hoch gesteckten Ziele an der Stamford Bridge in Gefahr, reagiert die Klubführung rigoros. Das Trainer-Dasein bei Chelsea ist beinahe zu einer "Mission Impossible" verkommen. Vier Trainer in den vergangenen sechs Jahren sprechen eine deutliche Sprache.

In der Folge setzen die Trainer fast ausschließlich auf Superstars statt auf Eigengewächse aus der hervorragenden Jugendakademie. Und so hat die ohnehin schon fragwürdige "Hire and Fire"-Politik der Blues zunehmend negative Auswirkungen auf die hochtalentierten Nachwuchsspieler.

Die sind angesichts der kaum vorhandenen Durchlässigkeit zwischen Jugend und Profis frustriert und suchen das Weite. So war es auch bei Manchester City und Jadon Sancho, der beim BVB zum Shootingstar der Bundesliga wurde und so bahnt es sich nun bei Chelsea und Hudson-Odoi an, der anstelle einer massiven Lohnerhöhung und Vertragsverlängerung in London nach Informationen von SPOX und Goal weiterhin einen Wechsel zum FC Bayern präferiert.

5. Zu hohe Ansprüche beim FC Chelsea

Sollte Chelsea Sarri tatsächlich in Kürze entlassen, würde sich an den grundsätzlichen Problemen innerhalb des Klubs nichts ändern.

Die Ansprüche des Klubs, mindestens Champions League spielen zu müssen, würden bleiben, die Möglichkeiten, diesen zu genügen aber gleichzeitig weiter sinken. In Hazard wird im Sommer womöglich der Superstar des Teams der Stamford Bridge den Rücken kehren.

Eine Möglichkeit zur Kompensation haben die Blues erstmal nicht. Die FIFA belegte Chelsea am Freitag mit einer zweijährigen Transfersperre, weil der Klub in 29 Fällen gegen die Regeln zur Verpflichtung Minderjähriger verstoßen hatte.

In Christian Pulisic wird daher lediglich ein Spieler im kommenden Sommer den Kader der Londoner verstärken, sollte der Einspruch des Klubs gegen das Urteil abgelehnt werden. Gleichzeitig zieht es die hochkarätigen Eigengewächse immer häufiger ins Ausland.

Dazu kommt noch die Ungewissheit bezüglich der Zukunft des Klubbesitzers. Roman Abramowitsch hatte zuletzt die Pläne für einen Stadionausbau auf Eis gelegt, zudem gibt es Anzeichen für einen Verkauf des Vereins.