"Das war immer ein Traum für mich. Dass der so in Erfüllung geht, ist eine Wahnsinnsgeschichte!" Mit diesen Worten verabschiedete sich Diego Demme im Januar 2020 in Richtung Neapel. Zu dem Klub, in dessen Trikots sein Vater ihn schon in seiner Kindheit gesteckt hatte und nach dessen Vereinslegende Diego Maradona er benannt wurde.
Der Mittelfeldspieler machte damals keinen Hehl daraus, dass der Schritt zu seiner SSC Napoli neben der sportlichen auch eine emotionale Komponente beinhalte. "Als ich meinen Vertrag unterschrieben habe, sind bei meinem Papa ein paar Tränen geflossen. Das war ein sehr emotionaler Moment für uns", erzählte er in einem Interview unmittelbar nach dem Transfer zu den Süditalienern.
Knapp drei Jahre später spielt Demme noch immer für seinen Herzensklub, eine Liebesbeziehung wird es aber aller Voraussicht nach nicht mehr werden. Schon bei seinem Antritt war er sich der Größe der Aufgabe bewusst: "Viele Leute sagen mir, dass ich einen wichtigen Namen trage und dass es schwierig ist, damit zu spielen. Mit dem Vornamen muss ich liefern."
Als Kapitän und Stammspieler einer stark aufspielenden Leipziger Mannschaft war Demme 2019 mit den Bullen Bundesliga-Dritter geworden und hatte es bis ins DFB-Pokalfinale geschafft. Sein damaliger Trainer Julian Nagelsmann bezeichnete ihn bei seinem Wechsel als einen Spieler, den man "aus sportlicher Sicht niemals hätte abgegeben" dürfen.
Auch in der Nationalmannschaft bekam Demme von Joachim Löw die ersten Einladungen. So stand er bei einem Freundschaftsspiel gegen Dänemark Ende 2017 bereits im Kader, wenig später feierte er in der WM-Qualifikation gegen San Marino sein Debüt für das DFB-Team. Kurzum: Vor seinem Napoli-Wechsel befand sich Demme auf dem Höhepunkt seines Schaffens, das Interesse der Süditaliener kam also nicht von ungefähr.
Diego Demme: Verletzungen bremsen ihn aus
Und dieser Trend - der Aufstieg eines unscheinbaren Drittliga-Kickers zu einer Bundesliga-Größe - sollte sich auch zu Beginn seines Napoli-Engagements fortsetzen. Zwar gehörte er unter dem damaligen Trainer Gennaro Gattuso nicht immer zur ersten Elf, insgesamt kam er in seinen ersten anderthalb Jahren in der Serie A aber auf stolze 57 Einsätze. Und das trotz einiger Verletzungen, die ihn über die Saison gesehen einige Male pausieren ließen.
Als im Sommer 2021 dann aber Luciano Spalletti das Ruder bei den Süditalienern übernahm, wendete sich das Blatt für Demme. Im August zog sich der Mittelfeldspieler zunächst einen Innenbandriss im Knie zu, wobei er die komplette Vorbereitung sowie die ersten fünf Spiele in der Serie A verletzungsbedingt verpasste.
Danach setzte ihn Spalletti nur noch spärlich ein, auch weil sich Neuzugang Frank Anguissa, der vom FC Fulham gekommen war, als solide Alternative neben den gesetzten Piotr Zielinski, Stanislav Lobotka und Fabián Ruiz entpuppte. Ein einziges Mal durfte er der Serie A ein komplettes Spiel absolvieren, im letzten Saisondrittel war er fit, saß aber trotzdem oft nur auf der Bank. Demme war vom gesetzten Mann im defensiven Mittelfeld zur fünften Option abgerutscht.
Eine Degradierung, von der er sich in den kommenden anderthalb Jahren nicht mehr erholen sollte. 28-mal lief er seitdem noch für Napoli auf, meist sammelte er diese Einsatzzeit aber als Einwechselspieler von der Bank. Seit dem vergangenen Sommer ist Demme schließlich komplett außen vor, mickrige 19 Spielminuten (drei Einsätze) stand er auf dem Rasen.
Gebraucht scheint er aber ohnehin nicht zu werden, schließlich performt Napoli auch ohne die Dienste des 31-Jährigen ausgezeichnet. Als einzige Mannschaft der Top-10-Ligen Europas hat Neapel noch keine einzige Niederlage kassiert. In der Serie A thront man mit acht Zählern Vorsprung unangefochten an der Tabellenspitze, auch in der Champions League (Achtelfinale) und Coppa Italia (Achtelfinale) sind die Ausgangssituationen glänzend.
Diego Demme: Zwei Bundesliga-Klubs interessiert
Nun, anderthalb Jahre bevor sein Vertrag ausläuft, scheint sich der Abschied aus Neapel anzudeuten. Schon seit Längerem beschäftigen sich verschiedenen Medienberichten zufolge mehrere Vereine aus der Bundesliga mit Demme. Über die WM-Pause wurde er zwar auch mit dem FC Valencia und Neapels Liga-Rivalen US Salernitana in Verbindung gebracht, während auch die AC Milan über ihn nachdenken soll, doch wirkt das Interesse aus Deutschland konkreter.
Dort sollen vorrangig der VfB Stuttgart und Bayer 04 Leverkusen interessiert sein, inwieweit aber vor allem die Schwaben das Paket Demme in finanzieller Hinsicht stemmen könnten, ist fraglich. Eine Leihe scheint am wahrscheinlichsten, allerdings wird Neapel auf eine Entschädigung bestehen, um den Mittelfeldspieler im Sommer nicht ablösefrei zu verlieren. Eine Entscheidung will Demme einem Bericht der Gazzetta dello Sport zufolge noch im Januar treffen, bis zum 31. Januar ist das Transferfenster in Deutschland geöffnet.
Bei der SSC Napoli wird die Reise Demmes aber wohl nicht mehr weitergehen. Lediglich ein Aussitzen des Vertrages bis zum kommenden Sommer ist eine Option, danach werden er und sein Herzensklub aller Voraussicht nach getrennte Wege gehen. "Sicher will er mehr spielen. Bei allem Respekt vor Napoli, wenn er mehr spielen könnte, wäre er glücklich", stieß Berater Marco Busiello im italienischen Radio die Gerüchte noch einmal an.