Dieser Artikel erschien erstmals am 29. August.
Ha! Jurgen Ekkelenkamp im allerletzten Moment weggeschnappt! Da hat er ihm mal wieder so richtig einen ausgewischt! Für den neutralen Beobachter war es die Verpflichtung eines eher unbekannten Mittelfeldspielers von Hertha BSC, für Paul Gheysens (68) dagegen ein Prestigeerfolg im Duell mit Bart Verhaeghe (58).
Eigentlich hatte sich Ekkelenkamp Anfang August schon auf den Weg zum Vereinsgelände von Club Brügge gemacht. Der Medizincheck war Berichten zufolge bereits organisiert, der unterschriftsreife Vertrag lag vor. Doch im Laufe des Tages änderte sich seine Route plötzlich: Statt nach Brügge reiste Ekkelenkamp ins rund 90 Kilometer östlich gelegene Antwerpen.
Wie das kam? Royal-Antwerpen-Präsident Gheysens soll Brügges Angebot kurzerhand überboten, Trainer Mark van Bommel und Sportdirektor Marc Overmars ihren niederländischen Landsmann gleichzeitig von einem Meinungsumschwung überzeugt haben. Der Coup klappte, Ekkelenkamp wechselte letztlich für fünf Millionen Euro von der Hertha nach Antwerpen.
Diesmal hatte Gheysens seinen Rivalen Verhaeghe besiegt, doch nach dem Duell ist bei den beiden vor dem Duell. Der nächste Schlagabtausch kommt bestimmt. Abwechselnd jubeln und einstecken, so geht es zwischen den rivalisierenden Immobilien-Mogulen und Klub-Präsidenten seit Jahren.
Stadion-Duell, Teil 1: Punkt Verhaeghe
Gheysens und Verhaeghe wurden in der Immobilien- und Baubranche reich, ehe sie sich dem Fußball widmeten. Den Anfang machte Verhaeghe: Er stieg 2011 bei Club Brügge ein, überflügelte bald den vorherigen Liga-Dominator RSC Anderlecht und machte sein Spielzeug zum erfolgreichsten Klub Belgiens. Fünf Meistertitel, zuletzt drei hintereinander, sechs Champions-League-Teilnahmen und auch in dieser Saison ist Brügge wieder dabei.
Nebenher engagierte sich Verhaeghe beim belgischen Fußball-Verband KBVB, 2016 wurde er zum Vizepräsidenten gewählt. Vorherrschendes Thema damals: der Bau eines neuen Nationalstadions in Brüssel. Das einstige Heysel-Stadion trägt zwar mittlerweile den royalen Namen Stade Roi-Baudouin, befindet sich aber in keinem allzu royalen Zustand.
Eigentlich waren die Neubaupläne schon abgeschlossen: Eurostadion sollte die neue Arena heißen, rund 63.000 Zuschauer fassen und als Austragungsort der paneuropäischen Europameisterschaft 2020 dienen. Den Zuschlag zum Bau hatte 2015 Gheysens Ghelamco Group bekommen. Durch die Errichtung der Ghelamco Arena von KAA Gent war entsprechende Vorerfahrung vorhanden.
Aufgrund politischer Querelen und offenen Fragen in Sachen Finanzierung und Umweltverträglichkeit verzögerte sich der Baubeginn des Eurostadions aber immer weiter. Dem neuen Verbands-Vize Verhaeghe dürften diese Entwicklungen durchaus gelegen gekommen zu sein. Brügges Präsident trat schließlich als entschiedener Gegner des Projekts auf. Unter anderem störte ihn, dass nicht nur die belgische Nationalmannschaft, sondern auch Anderlecht im neuen Stadion spielen sollte, was dem Ligarivalen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen würde.
Weil sich kein Ende der Verzögerungen abzeichnete, entzog die UEFA Brüssel die EM-Spiele. 2018 wurde das Projekt komplett abgesagt, wodurch Ghelamco-Boss Gheysens seinen prestigeträchtigen Millionen-Auftrag verlor. Statt des Neubaus ist nun eine Renovierung des Stade Roi-Baudouin geplant, die eine andere Firma umsetzen soll.
Stadion-Duell, Teil 2: Punkt Gheysens
Sowas lässt ein Paul Gheysens, der dem Vernehmen nach Verhaeghe als Hauptverantwortlichen für das Scheitern des Projekts ausmachte, selbstverständlich nicht auf sich sitzen - also verhinderte er wenige Monate später dessen Stadionpläne. Brügges Jan-Breydel-Stadion ist ähnlich veraltet wie das Stade Roi-Baudouin in Brüssel. Praktisch seit seiner Übernahme sucht Verhaeghe nach einem passenden Baugrund für eine neue Arena. Als er im Norden der Stadt endlich einen fand, intervenierte ausgerechnet Gheysens.
Er hatte kurz zuvor einen Bauernhof mit 4,6 Hektar Land in direkter Nachbarschaft des geplanten Stadions erworben, um Lagerdepots für seine Firma zu errichten. Teile dieser Fläche wären aber unter anderem für Parkplätze neben Brügges neuem Stadion gebraucht worden, was Gheysens verweigerte. Seine Rache gelang, auch Verhaeghes Projekt scheiterte. Ausgleich in Sachen vereitelte Stadionpläne.
In der Zwischenzeit fand Brügge einen anderen Baugrund, wo demnächst eine 40.000 Zuschauer fassende Arena entstehen soll. "Die Genehmigung für das neue Stadion ist ein Meilenstein für Club Brügge", jubilierte Verhaeghe vor rund einem Jahr. Die wohl heißesten Spiele werden dort künftig gegen Royal Antwerpen steigen, das sich von Gheysens alimentiert zum gefährlichsten Herausforderer Brügges aufgeschwungen hat.