SPOX: Herr Knutti, in den letzten Tagen kamen Gerüchte um einen Wechsel Ihres Schützlings Yvon Mvogo zu RB Leipzig auf. In der Schweiz gilt er als Toptalent, in Deutschland ist er aber noch größtenteils unbekannt. Sie sind Mvogos Torwarttrainer bei den Young Boys. Erzählen Sie mal, was ist er für ein Torwarttyp?
Stefan Knutti: Für seinen Jahrgang 1994 ist er schon sehr weit. Er hat in den letzten Jahren schon ziemlich viel Erfahrung gesammelt, auch international. Eine seiner großen Stärken ist sicher seine Explosionskraft. Er ist extrem athletisch.
SPOX: Wie ist es aber um seine Fähigkeiten im Strafraum und am Ball bestellt?
Knutti: Yvon ist kein Linientorhüter. Er ist fußballerisch sehr stark und spielt mit. Bei ihm stimmt das Gesamtpaket - gerade, wenn man bedenkt, dass er erst 22 ist. Natürlich kann er noch viel lernen, obwohl er schon über eine gewisse Grunderfahrung verfügt. Deshalb ist die Spielpraxis so wichtig. Es gibt auf der Welt aber keine fehlerfreien Torhüter.
SPOX: Mvogo wurde bereits mit 19 Jahren Stammtorwart in Bern.
Knutti: Dass sich die damalige Nummer Eins Marco Wölfli im Dezember 2013 einen Achillessehnenriss zuzog, war für Yvon sicherlich ein unverhoffter Glücksfall. Wölfli war die Nummer Zwei der Nati. Yvon bekam seine Chance und er hat sie genutzt.
SPOX: Wobei es dennoch ungewöhnlich ist, einem unbeschriebenen Blatt so viel Vertrauen zu schenken.
Knutti: Das spricht für Yvon. Er hat herausragende Qualitäten und hundertprozentig das Potenzial für ganz oben. Yvon hat internationales Niveau. Er hat stetig dazugelernt und denkt, wohl auch aufgrund seines Hintergrunds, anders als viele junge Talente. Er ist in einer deutsch-schweizer Mannschaft großgeworden und hat diese gute Einstellung zum Fußball in sich. Der Fußball ist alles für ihn. Yvon ist sehr seriös und professionell. Er ist ehrgeizig und hat schon seine Ziele. Er lebt nicht einfach in den Tag hinein, sondern verfügt über eine große Selbständigkeit. Wenn man ihm etwas nahelegt, arbeitet er sehr fleißig daran. Auch bei den Leistungstests der Nationalmannschaft hat er immer sehr gut abgeschnitten. Ich sage mal so: Er ist ein sehr guter Tipp. (lacht)
SPOX: Das klingt so, als sei Mvogo das größte Talent, das Sie bisher trainiert haben.
Knutti: Es ist immer schwierig zu sagen, wer das größte Talent ist. Torhüter sind verschieden und oft gar nicht vergleichbar. Ich lege mich aber so weit fest: Wenn Yvon so weitermacht wie bisher, hat er eine große Zukunft vor sich. Ich denke, er schafft es, sich international durchzusetzen.
SPOX: Womöglich dann in Leipzig?
Knutti: Was das Torhüterspiel betrifft, bin ich der richtige Ansprechpartner. Alles rund um Verträge und Finanzen kann ich aber leider nicht beantworten. Das ist die Zuständigkeit des Sportchefs. Im Moment ist Yvon Spieler von YB und ich habe ihm auch gesagt: Er muss seine Leistung hier bringen und was dann vielleicht kommt, gönne ich ihm auch. Ob ein Wechsel bereits vereinbart wurde, kann ich nicht sagen. Es interessiert mich aktuell aber auch nicht.
SPOX: Unabhängig vom Verein: Würde ein Wechsel nach Deutschland für ihn in dem Alter aber schon Sinn machen oder käme das zu früh?
Knutti: Nein, das macht auf jeden Fall Sinn. Ob er dann spielt oder nicht, liegt nur an ihm. Er hat die Voraussetzungen. Wenn er ganz nach oben in eine der Top-Ligen will, dann ist jetzt der richtige Moment für den nächsten Schritt. Ich würde mich freuen, wenn er sich auf höchstem Niveau durchsetzt. Dazu gehören aber viele Faktoren, auch etwas Glück.
SPOX: Dann ist mittelfristig aber auch die Nummer Eins in der Nati realistisch, oder?
Knutti: Das wird schwierig. Im Moment jedenfalls. Mit Yann Sommer und Roman Bürki haben wir zwei ganz starke Torhüter in der Nationalmannschaft. Da müsste sich wohl einer verletzen. Aktuell darf Yvon aber auch nicht zu sehr darüber nachdenken. Er muss erst einmal Fuß fassen. Die Nati ist ein langfristiges Ziel.
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SPOX: Käme Mvogo in die Bundesliga und würde sich durchsetzen, wäre er nach Sommer, Bürki, Benaglio und Hitz der fünfte Schweizer Stammkeeper in der Liga. Was macht die Schweiz in der Torhüterausbildung so gut?
Knutti: Wir beginnen schon sehr früh mit Torhütertraining. Es wird sehr gut gearbeitet. Wir hatten aber auch schon früher gute Torhüter, damals war die Anzahl der ausländischen Spieler in Mannschaften aber begrenzt. Da hat man nicht unbedingt einen Schweizer Torhüter geholt. Jetzt sind die Grenzen aber offen. Das ist sicher ein Vorteil für uns, dass sich unsere Torhüter auf höchstem Niveau im Ausland auszeichnen können und sich so gut weiterentwickeln.
Yvon Mvogo im Steckbrief