Serie A
Von Oliver Birkner
Spiel des Spieltags: Wer träumt nicht von klein auf davon, für den Profi-Verein seines Herzens mal ein Derby zu entscheiden? Für Claudio Marchisio und Sebastian Giovinco erfüllte sich die Sehnsucht im 185. Turiner Stadtduell. Beide stammen aus Turin, sind seit jeher Juventus-Tifosi, durchliefen die gesamte Juve-Jugend und erzielten am Samstagabend die drei Treffer zum 3:0-Erfolg.
"Basta mit dem Gerede, Italien bringt keine Talente hervor!", sagte Marchisio anschließend und sein Verein darf dafür zweifelsohne als Beispiel der Halbinsel dienen. Juve investiert jährlich sechs Millionen Euro in den Nachwuchs (so viel wie kein anderer Klub der Serie A) und derzeit sind rund 50 U-20-Spieler in anderen Klubs geparkt, um Erfahrung zu sammeln. Und für die Jungs, die täglich neben den Juve-Profis trainieren, hängen auf dem separaten Kabinen-Flur zum Anreiz die Trikots mit den Namen derer, die es bereits geschafft haben. Neben Marchisio hängt übrigens Giovinco.
Mann des Spieltags: Wie den beiden Juventini mag es auch Stephan El Shaarawy gehen. Eigentlich aus Savona, nahe Genua, wurde der Sohn eines Psychologen aus Kairo wegen Kaka zum Milan-Anhänger. Einst sang die Kurve "Siam venuti fin qua per vedere segnare Kaka", nun intoniert sie "Wir sind bis hierhin gekommen, um Stephan treffen zu sehen". Und dabei lässt er sich bislang nicht lumpen - zwölf Tore in 15 Ligaspielen, knapp hinter Andrei Schewtschenko, genau so erfolgreich wie Marco Van Basten und besser als Zlatan Ibrahimovic. "Das Leben mit Ibra folgt eigentlich einem ganz simplen Gesetz. Du musst ihm schnellstmöglich den Ball geben, ansonsten faucht er dich an und faltet dich zusammen", verriet jüngst El Shaarawy, der dem Schweden wohl keine wirkliche Träne nachweint. Ansonsten läuft derzeit wirklich alles akkurat im Leben des "Pharao". Vor kurzem machte er den Führerschein und muss sich nicht mehr täglich vom Kollegen Luca Antonini nach Milanello kutschieren lassen. Milan erhöhte das Gehalt auf 900.000 Euro, was beim Umherziehen durch Mailand mit den Kumpels Pato und Kevin-Prince Boateng kaum schaden dürfte. Demnächst kauft er sich einen Snooker-Tisch wegen seiner zweiten großen Sport-Passion, eine Art Lebensversicherung, falls es im Fußball nicht mehr so läuft. Und zu allerbester Letzt: "Ich habe gemerkt, wie ich bei den Frauen jetzt viel erotischer rüberkomme. Das gefällt mir. Die meiste Zeit gucke ich mich bei Facebook um, da findet man wirklich eine Menge." Womöglich könnte seinen Presidente das ebenfalls interessieren.
Und sonst? Ohne Frage stand El Shaarawy bei seinem ersten Treffer in Catania deutlich im Abseits. Mittlerweile ist der Groll der Sizilianer ein wenig nachvollziehbar. Ein regulärer Treffer gegen Juve aberkannt, ein Abseitstor der Turiner anerkannt, jetzt der Abseitstreffer von Milan. Wenn sich alle Fehlentscheidungen am Ende tatsächlich ausgleichen, schafft es Catania womöglich noch in die Champions League. "Gegen die großen Klubs ist die Fahne der Linienrichter wohl schwerer", sinnierte Präsident Antonio Pulverenti. Da muss vor dem nächsten Top-Treffen unweigerlich eine Waage her.
Premier League
Von Raphael Honigstein
Spiel des Spieltags: "Der englische Fußball ist ein 33er Song, der bei 45 Umdrehungen abgespielt wird", schrieb unlängst "France Football". (Für jüngere Leser: es gibt zwei Geschwindigkeiten bei Vinyl-Scheiben). Selten traf diese Beschreibung so zu wie beim 4:3-Sieg von Manchester United in Reading. Alle sieben Tore fielen in den ersten 34 Minuten. Madness.
"Ich habe 'Der Weg zum Glück' vom Dalai Lama zu Hause stehen, das werde ich jetzt lesen", sagte Reading-Coach Brian McDermott konsterniert. Alex Ferguson muss sich trotz Tabellenführung vor dem Derby gegen City Sorgen machen - die Defensive ist weiter nicht meisterwürdig. "Wir können diese individuellen Fehler abstellen", meinte Darren Fletcher, "aber wir müssen jetzt langsam mal aufhören, Tore zu kassieren." Nemanja Vidic soll gegen Cluj Spielpraxis sammeln, der Serbe wird nach überstandener Verletzung dringender denn je gebraucht. Denn der Weg zum Glück, dass weiß Fergie, führt nur über "saubere Spielberichtsbogen", wie der Engländer Spiele zu Null umschreibt.
Mann des Spieltags: Der Spanier Michu war mit seinen zwei Toren beim 2:0-Sieg im Emirates der Held des Wochenendes. Der 26-Jährige kam für nur zwei Millionen Pfund von Rayo Vallecano und hat bereits elf Treffer auf dem Konto. Während die Schwäne feierten, wurden Arsene Wenger und seine Jungs vom Publikum gnadenlos ausgepfiffen. "Wir brauchen dringend Antworten", sagte der Franzose, ohne selbst welche zu liefern. Assistenztrainer Steven Bould soll die Truppe danach in der Kabine zur Sau gemacht haben, aber ob eine verbale Abreibung Spieler wie Ramsey oder Gervinho besser macht, darf bezweifelt werden.
Und sonst? Aufregung hatte es bei Arsenal schon vor dem Spiel gegeben: Theo Walcott ist wie Rechtsverteidiger Bacary Sagna nicht auf dem neuen 2013-Kalendar des Klubs abgebildet. Beide haben auslaufende Verträge, deutet sich da der Abschied an?
Die Kündigung muss West Broms Liam Ridgewell zwar nicht befürchten, aber der Titel "Arsch der Woche" ist dem 28-Jährigen sicher. Ridgewell ließ sich "zum Spaß" dabei fotografieren, wie er sich mit 20-Pfund-Noten den Hintern abwischte. Er entschuldigte sich für den blöden Gag, ein Vereinssprecher kündigte "interne Maßnahmen" an. Königin Elizabeth II, deren Antlitz die Scheine ziert, wird wahrscheinlich auch nicht sehr "amused" gewesen sein.
Bessere Nachrichten gibt es derweil aus Mexiko. Wie Polizeichef Jorge Carlos Martinez der "Sun" mitteilte, geht während den Spielen von Stürmer Javier Hernandez für ManUnited die Verbrechensrate deutlich zurück. "Es gibt weniger Autodiebstähle und Überfälle, sogar die Verbrecher machen lieber Pause", sagte Martinez. Außerdem werden angeblich mehr KInder geboren, weil bei Frauen die Wehen einsetzen, wenn die kleine Erbse zuschlägt.
Primera Division
Von Paula Villamarin Temperan
Spiel des Spieltags: Nach dem 0:4 in Malaga war das 2:5 im Heimspiel gegen Real Sociedad die zweite Klatsche innerhalb einer Woche für den FC Valencia. Für Mauricio Pellegrino war es das letzte Spiel als Trainer der Ches. Eine frühe Führung und ein Doppelpack von Roberto Soldado hatten nicht gereicht, um den Job des Trainers zu retten.
Dass es sich bei der Trennung nicht um eine einvernehmliche Entscheidung handelte, wie es in vielen Fällen so schön heßt, machte Pellegrino auf der abschließenden Pressekonferenz, auf der übrigens keine Fragen erlaubt waren, klar. "Ich die glaube, die Entscheidung ist ungerecht. Sie ist das Resultat von überhitzten Gemütern", sagte der Argentinier. Die Mannschaft liege nur vier, fünf Punkte hinter der Zielvorgabe und sei sowohl im Pokal als auch in der Champions League noch dabei. Er habe solche Situationen schon als Spieler unter Benitez und Cuper erlebt. Die Vereinsführung sah das anders und zog damit auch den Unmut der Fans auf sich. Um die 50 Ultras versammelten sich am Trainingsgelände, um mit den Spielern zu reden. Der Klub verhinderte dies. Dafür spendeten die Anhänger dem entlassen Coach Applaus.
Mann des Spieltags: Das Madrider Derby verlief unerwartet eintönig und endete mit einem klaren 2:0 für Real. Atleticos Superstürmer Falcao war in 90 Minuten kaum zu sehen und stand klar im Schatten von Cristiano Ronaldo, der nach acht Monaten Durststrecke mal wieder per Freistoß traf. Die Show des Abends lieferte einmal mehr Jose Mourinho. Wie angekündigt, hatte er sich exakt 40 Minuten vor Spielbeginn auf den Rasen des Bernabeus gestellt, um den Fans die Möglichkeit zu geben, ihn endlich mal ordentlich auszupfeifen und zu beleidigen. 89 Sekundnen stand er also da, die Hände im schwarzen Wintermantel vergraben, seine bewusst ernste Miene sollte wohl Gleichgültigkeit symbolisieren. Eine Welle des Hasses überrollte ihn nicht, schließlich hatten sich nur etwa 3000 Menschen in die riesige Schüssel verirrt. Pfiffe waren nur vereinzelt zu hören, dafür gab es verhaltenen Beifall und "Jose Mourinho"-Sprechchöre der Ultras. Die knapp 80.000 Zuschauer, die später noch zum Spiel kamen, wollten sich durch Mourinho nicht von ihren Gewohnheiten abhalten lassen. Bier, Wein, Tapas und dann kurz vor Spielbeginn ins Stadion.
Und sonst? Den Aufreger des Derbys lieferte Sergio Ramos. Zwar gab er sich während des Spiels noch als Opfer einer ordentlichen Watschn von Diego Costa, die er auch unzweifelhaft einstecken hat müssen. Aber der Schlag von Costa war vor allem eine Reaktion auf Ramos' dreckiges Verhalten vorher. Wie die Bilder von "La Sexta" belegen, spuckte der spansiche Nationalspieler Costa im Vorbeigehen ins Gesicht. Eine Strafe durch den Verband scheint unumgänglich.
Ein Spiel zuschauen müssen auch Diego Castro (Getafe) und Glenn Loovens (Saragossa). Beide lieferten sich ein enges Rennen um die schnellste Gelb-Rote Karte des Spieltags. Castro legte am Samstag mit 19 Minuten vor, Loovens zog am Sonntag mit 13 Minuten nach und entschied dieses Duell doch deutlich für sich.