Kein Klub ist so blöd...

SID
Carlos Tevez war schon immer für sein diplomatisches Auftreten bekannt
© Getty

Vor dem entscheidenden Derby gegen Manchester United (Mo., 20.45 Uhr im LIVE-TICKER) sagt Carlos Tevez Sätze, die irgendwieso gar nicht zu dieser Saison passen. Aber damit ist er nicht allein: Die halbe Serie A überbietet sich mit Brüller-Aussagen, während der FC Barcelona Marmelade isst und seine Gastgeber anpinkelt.

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Premier League

von Raphael Honigstein

Der richtige Mann am richtigen Ort: Riesenüberraschung: Anstatt "'Arry Redknapp", dem Liebling der Medien und Massen, wird West Bromwich-Albion-Coach Roy Hodgson englischer Nationaltrainer. Der 66-Jährige verhandelt im Laufe des Montags mit dem Verband über die Vertragsmodalitäten, der Spurs-Coach wurde nicht einmal interviewt. Redknapp-freundliche Journalisten ätzen schon mal kräftig gegen den neuen Mann - "Hodgson ist billig und steht für Mittelmaß. Vielleicht können sie ihm beim Verband auch noch einen Besenstiel hinten reinstecken, damit er gleichzeitig sauber macht. Spart die Kosten für die Putzfrau", schrieb die "Daily Mail" - aber als ehemaliger Nationaltrainer der Schweiz, der Vereinigten Arabischen Emirate und Finnland bringt er die richtige Erfahrung für den Job mit: Hodgson weiß, was es heißt, spielerisch limitierte Fußballzwerge in Turniere zu führen.

Klartext von Tevez: Vor dem inbrünstig erwarteten "El Manico" (Telegraph), dem Manchester-Derby zwischen City und United, hat sich Carlo Tevez zu Wort gemeldet. Das von den "Manchester Evening News" geführte Interview liest sich jedoch so merkwürdig, dass hier gleich mehrere Übersetzungsfehler vorliegen müssen. Was er sagte: "Ich fühle mich gut, seit im Februar zurück gekommen bin. Ich freue mich, dass ich wieder Fußball für Manchester City spielen kann". Was er meinte: "Golf ist auf Dauer einfach zu langweilig. Dann schon lieber 'ne Runde Kicken." Was er noch sagte: "Mein Verhältnis zum Trainer ist absolut in Ordnung. Er war sehr gut zu mir und und es gab absolut keine Probleme."Was er noch meinte: " Ich wollte dem Depp auf die Fresse schlagen, aber der Klügere gibt nach, hat mein Berater Kia gesagt. Und die Krönung: "Ich bin zu City gekommen, weil ich an das Projekt und den Traum glaube. Ich teile die Vision von Scheich Mansour, möchte ihm das Vertrauen zurück zahlen und so lange bleiben, bis das Projekt erfolgreich wird." Übersetzt: "Kia sagt, kein Klub ist so blöd und zahlt mir 15,5 Millionen Euro im Jahr. Eine Riesenscheiße. Was soll man machen?"

Dalglish für Anfänger: Hattrick-Hero Luis Suarez war der Star beim 3: 0 in Norwich. Sein dritter Treffer, ein 50-Meter-Lupfer über Keeper John Ruddy, dürfte das Tor des Jahres werden. "Ich wollte ihn schon zusammenscheißen, als er aufs Tor schoss, aber dann habe ich gesehen, was passierte", sagte Kollege Steven Gerrard begeistert. Liverpool-Trainer Kenny Dalglish war dagegen in der anschließenden Pressekonferenz weniger gut gelaunt. Zuerst weigerte sich der Schotte, überhaupt auf Fragen nach dem Uruguayer zu antworten, dann knurrte er ein karges "Ich weiß nur, dass er gut gespielt hat" hervor. Unter der Woche war Dalglish weitaus gesprächiger gewesen, besonders seine Einlassung zum Champions-League-Finale waren hoch interessant. "Es ist total unfair, dass Bayern einen Heimvorteil hat", sagte der Dalglish, der 1984 mit FC Liverpool den AS Rom in dessen eigenem Olympiastadion besiegte. "Es ist ein gewaltiger Vorteil für Bayern. Ob dieser Vorteil für oder gegen Bayern spricht, bleibt aber abzuwarten." Ja, das kann man so sagen. Wenn man komplett gaga ist.

Serie A

von Oliver Birkner

Lazio verpfiffen: Schluss ist, wenn der Schiri abpfeift, nicht wenn es von der Tribüne trillert. Das wissen nun auch die Spieler von Lazio. Beim Duell in Udine kam einem Genie auf den Rängen in der 94. Minute die Idee, drei Mal in seine Pfeife aus dem Kaugummi-Automaten zu blasen. Lazio-Keeper Federico Marchetti sank erschöpft zu Boden, seine Kollegen rauften sich die Haare, die Kicker von Udinese rissen die Arme hoch - Referee Mauro Bergonzi deutete allerdings an, dass die Partie mitnichten zu Ende sei. Der aufmerksame Roberto Pereyra ließ sich das nicht zwei Mal sagen, schließlich hatte der Argentinier in seiner jungen Profi-Karriere noch nie getroffen. So lief er ungestört die rechte Seite runter und knallte die Kugel zum 2:0-Endstand ins leere Tor. In der Folge kam es zu Szenen, die einem Spaghetti-Western alle Ehre gemacht hätten. Keeper Marchetti schubste den Schiri über den Rasen, Verteidiger Andre Dias nahm es mit der Ersatzbank des Gastgebers auf und sah die Rote Karte, es bildete sich ein buntes Knäuel aus Funktionären und Spielern, Lazios-Sportdirektor Igli Tare wollte schlichten, wurde jedoch vom Cocktail aus Fäusten und Flüchen eingesogen, Lazios Pressechef betrieb PR und mischte ebenfalls eifrig mit, oben auf der Ehrentribüne tauschte der römische Presidente Claudio Lotito polternd Herzlichkeiten mit den Nebenleuten aus. Freilich besagt das Reglement, der Referee müsse unterbrechen, falls ein Pfiff aus dem Publikum ins Spiel eingreift - dennoch ein vollkommen überzogenes Tohuwabohu, da Lazio völlig verdient 0:1 hinten lag, Udine den Ball besaß und noch zehn Sekunden zu spielen waren. Einzige Stimme der Vernunft war mal wieder Udine-Trainer Francesco Guidolin: "Aus Fairness hätten wir kein Tor schießen dürfen, sondern den Ball in den eigenen Reihen halten müssen."

Reden wir nicht drüber: Lazio entschied sich aus Protest übrigens sofort zum Presse-Boykott - eine wahrlich erholsame Maßnahme, wenn man sich die Poesien des Wochenendes so anhörte. "Jede Partie fängt bei 0:0 an und muss gespielt werden", sagte Florenz-Coach Delio Rossi vor dem Trip nach Bergamo. Aha. Fabrizio Miccoli forderte: "In Neapel müssen wir am Mittwoch unser Spiel spielen und wie Palermo auftreten." Das bietet sich an, da er und seine Kollegen schließlich für Palermo kicken. Als Sahnehäubchen kündigte "Sky" schließlich großspurig ein Gespräch mit Juves Mirko Vucinic an, laut Sender "ein Profi, der nie Banalitäten von sich gibt". Hören wir mal rein. "Ob ich Borriello während seiner Torflaute Tipps gegeben habe? Nein, ich habe ihm nichts gesagt." - "Meine Vorlage zu seinem ersten Juve-Treffer? Reden wir nicht drüber." - "Unsere Titelchancen? Dazu kann ich nichts sagen, wir müssen noch drei Partien austragen." Und am besten wie Juve spielen.

Ibra knackt Van Basten: Milan hingegen spielte nach Wochen der Lethargie beim 4:1 in Siena mal wieder wie Milan. Auch dank Antonio Cassano, der zum ersten Mal nach sechs Monaten wieder in der Startelf auflief, und sein erstes Tor seit dem 15. Oktober schoss. Bleibt zu vermuten, dass der AC ohne die Herzprobleme von "Fantantonio" wohl einige Pünktchen mehr auf der Habenseite besäße. Cassano sei ohnehin sein Lieblings-Sturmpartner betont Zlatan Ibrahimovic ständig. Der Schwede kommt mittlerweile auf 33 Pflichtspieltore und überholte damit Marco Van Basten (32 in der Saison 1988/89) - in den letzten drei Auftritten könnte Ibra sogar noch Andriy Shevchenko (34, 2000/01) überbieten und Milans All-Time-Record von Gunnar Nordahl knacken (38, 1950/51).

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Özil, der königliche Seekarpfen: Ein guter Torwart dirigiert seine Vorderleute, justiert die Abwehr und gibt Anweisungen. Iker Casillas ist darin ein wahrer Meister - und um seinen Befehlen den nötigen Nachhall zu geben, würzt er sie mit individuellen Spitznamen. Besonders gut erwischt hat es dabei Mesut Özil: "Besugo" ruft der spanische Nationaltorwart seinen Teamkollegen - zu deutsch "Seekarpfen", oder umgangssprachlich "Trottel". Vor allem ersteres erscheint gar nicht so unrealistisch. Schon einmal berichtete "Marca", dass Özil bei den Teamkollegen den Spitznamen "Nemo" weg hat - nach dem gleichnamigen Clownfisch im Animationsfilm "Findet Nemo".

Ein unangenehmer Gast: Der FC Barcelona hat eine grausame Woche hinter sich: Erst die Niederlage im Clasico zu Hause, dann das Aus gegen den FC Chelsea in der Champions League und die Ankündigung Pep Guardiolas, dass für ihn nach dieser Saison Schluss ist. Da war das 7:0 bei Rayo Vallecano Balsam für die Seele. Die Truppe spielte sich für den scheidenden Cheftrainer in einen Rausch. Nur einer hatte keine Lust auf übertriebene Mätzchen. Als Dani Alves und Thiago Alcantara nach dem 5:0 einen auschoreographierten Tanz vorführten, der selbst Dieter Bohlen wieder gute Quoten bringen würde, eilte Puyol im Stile eines Türstehers heran und löste die Spaßveranstaltung mit griesgrämiger Miene auf. Zu Recht, denn auch Rayo-Trainer Jose Ramon Sandoval war nicht sonderlich amüsiert: "Sie nehmen sich in deinem Haus die Marmelade und pinkeln dir ins Gesicht." Und dann setzte er zu einem harten Wirkungstreffer an: "Ich verstehe nicht, warum Alves und Thiago nicht getanzt haben, als Torres im Camp Nou getroffen hat." In your face!

Meisterkrönung beim Erzfeind? Dieses Wochenende konnte der FC Barcelona die endgültige Entscheidung im Titelkampf noch vertagen, doch schon am Mittwoch könnte Real Madrid auch rechnerisch alles klar machen. Und es wäre eine ganz besondere Meisterfeier: Denn die Königlichen spielen ausgerechnet im San Mames von Athletic Bilbao, dem baskischen Erzrivalen. Und dort kann man sich nichts Schlimmeres vorstellen, als den verhassten Klub des Zentralregimes im eigenen Stadion triumphieren zu sehen - zumal ein königlicher Titelgewinn in Bilbao eine Premiere wäre. Dagegen wären selbst Barcas oben beschriebene Auswärtsgepflogenheiten Peanuts. Nun hat es der frischgebackene Europa-League-Finalist in der Hand, den Kelch an den FC Granada weiterzureichen, wo Real am Samstag aufspielt.

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