Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Serie A
von Oliver Birkner
Trockenes Blut dank Cavani: Am heutigen Montag könnte es für die Neapolitaner eng werden. Eigentlich steht am 19. September traditionell das Wunder des Stadtpatrons San Gennaro auf dem Programm. Dabei verflüssigt sich traditionell sein getrocknetes Blut, das in zwei Ampullen im Dom aufbewahrt wird. Bleibt es hingegen trocken, stehen der Stadt harte Zeiten bevor. Laut Napoli-Präsident Aurelio Di Laurentiis ist Gennaro allerdings zu schlapp für flüssige Kraftakte: "Er hat sein Wunder ja schon am Sonntagabend im Stadion vollbracht." Dort schlug ein mitreißendes Neapel Milan 3:1 - dreifacher Torschütze: Edinson Cavani. Der letzte Spieler, der Milan in der Serie A drei Tore einschenkte, war Gabriel Batistuta vor 13 Jahren. Wie Batigol knipst ja auch Matador Cavani am Fließband, was Neapels Erzbischof Crescenzio Sepe kürzlich zur Prophezeiung verleitete: "Cavani schießt in diesem Jahr 150 Tore." Dafür schenkten ihm die Tifosi den Sprech-Chor: "Einen Kardinal, es gibt nur einen Kardinal!" Beistand von oben und Napoli, das scheint zu passen. Nach dem ersten Scudetto 1987 jauchzte Diego Maradona: "Jetzt weiß ich, dass Gott gerecht ist." Edelfan Sepe verriet, er bete seit Monaten jeden Tag zum Herrn für die Meisterschaft 2012. Aktuell muss er sich allerdings erst einmal um flüssiges Blut kümmern. Falls das schiefgeht, steht der nächste alljährliche Wundertermin am 16. Dezember an. Das wird auf alle Fälle hinhauen, dann hat Gennaro nämlich Fußballwunderfrei - Napoli trifft kurz zuvor bloß auf Novara.
Auf Elch-Jagd zur Entspannung: Trotz der Niederlage spielte Milan zumindest in Hälfte eins beachtlich. Nach einem herrlichen Kopfballtor von Alberto Aquilani verpasste der Neuzugang nur knapp einen zweiten Treffer. Ein Hand-Elfmeter blieb den Rossoneri ebenfalls verwehrt. Dem AC fehlten zudem einige wichtige Spieler, wie Zlatan Ibrahimovic oder Kevin-Prince Boateng. Der verletzte Schwede war in Neapel nicht anwesend, da er sich nach eigenen Angaben mental aufladen musste. Manch einer würde da vielleicht meditieren, ein gutes Buch lesen oder in einer Wellness-Oase relaxen. Ibra jedoch jettete in die Heimat und frönte seinem Hobby, der Elch-Jagd. Nun sollte er mental wieder auf der Höhe sein - im Gegensatz zu den schwedischen Elchen. Boatengs Verletzung wiederum bleibt ein Mysterium. Kollege Urby Emanuelson twitterte kürzlich: "Die Fans müssen Kevin nahestehen, er hat sich eine Rippe gebrochen." 24 Stunden später sagte Coach Max Allegri: "Boateng hat eine Zerrung." Vielleicht sollte sich Boateng zur Sicherheit noch einmal von einem diplomierten Mediziner untersuchen lassen.
Kameras in den Unterhosen: Verstimmt reagierte "Sky" am Samstag, als Cagliari-Boss Massimo Cellino seinen Spielern ein Interview-Verbot erteilte. "Es wird mir langsam zuviel", schnaubte der Patron. "Überall sind Kameras, demnächst wohl auch in den Unterhosen der Spieler." Das wäre freilich unterhaltsamer als die aktuellen Gimmicks. Vor Anpfiff schwenken Kameras durch die Umkleidekabinen, wo sich die Kicker - große Überraschung! - Trikots anziehen. Besonders spannend auch die Blitzinterviews auf dem Feld kurz nach Pausenpfiff. Dort steigt stets der Jahrmarkt der Banalitäten - "Wir müssen so weitermachen" - "Das muss besser werden" - "Wir müssen aufpassen" - oder wie am Samstag zur Pause in Mailand: "Es hätte schlechter, aber auch besser laufen können." Was zum Teufel sollen die Profis in der Halbzeit auch Weltbewegendes von sich geben? Gar keine schlechte Idee also, die Blitzinterviews mit Kameras in den Unterhosen zu ersetzen.
Premier League
von Raphael Honigstein
Über Goldfische und Luxuslimousinen: Undankbarkeit ist bekanntlich der Welten Lohn, auch in der vierten englischen Liga, wo das Geld besonders knapp ist. Plymouth-Argyle-Trainer Peter Reid zahlte an der Südwestküste zuletzt die Stromrechnung aus eigener Tasche und versteigerte sogar seine Silbermedaille aus dem Pokalfinale von 1986, um Geld für Mitarbeiter aufzutreiben, die wie er schon mehrere Monate ohne Gehalt auskommen mussten. Plymouth-Präsident Peter Ridsdale, der einst schon Leeds United zu Grunde richtete - unter anderem gab er zuviel Geld für Goldfische und Luxuslimousinen aus - reagierte wie ein echter Gentleman: er setzte Reid am Sonntagabend vor die Tür.
Tony und die Fettnäpfchen: Tony Pulis hatte ebenfalls keine gute Woche. Am Donnerstag überraschte er die Journalisten in Kiew vor dem Europa-League-Spiel gegen Dynamo (1:1) mit der Frage, ob die Ukraine denn überhaupt noch in Europa liege. Das kam vor Ort naturgemäß nicht so gut an. Am Sonntag setzte es dann eine 0:4-Klatsche beim FC Sunderland. Pulis wetterte danach gegen die These, dass die Niederlage etwas mit den Reisestrapazen zu tun gehabt haben könnte. "Nein, überhaupt nicht", sagte der Waliser. "Wenn man sieht, was in Wales passiert, wo die Kumpel ein ganzes Jahr schuften müssen, aber weniger als meine Jungs im Jahr verdienen, können wir nicht über First-Class-Flüge klagen". Das mag richtig sein, irritierte angesichts des schweren Minenunglücks (vier Tote) im Herzogtum aber doch ein wenig. Pulis überstrapazierte den Vergleich so stark, dass es schon wieder zynisch wirkte; ganz abgesehen hätte man von den Hoch&Weit-Spezialisten eigentlich schon erwarten können, mit langen Flügen gut zurecht zu kommen.
Die Sache mit dem richtigen Empfänger: Nach der Email-Affäre, über die Manchester-City-Geschäftsführer Gary Cook stolperte und diversen Tweets, die von der Football Association bestraft wurden, hat es nun auch einen Reporter erwischt. Sam Matterface, Kommentator von "Talksport", schickte seiner Freundin, der bei "Sky Sports News" beschäftigten Natalie Sawyer, unter der Woche eine poetische Liebesbotschaft: "xxx mIss you sexy lady with the most gorgeous face in the world and the sexiest boobies I have ever seen! so hot xx". Leider drückte Matterface anstatt DM (für "Direct Message", eine persönliche Nachricht) den Tweet-Knopf, so dass seine 31.000 Follower Zeugen dieser Wallungen wurden. Nun ja, das kann im Überschwang der Gefühle schon mal passieren. Viel schlimmer wäre es ja gewesen, wenn Matterface aus Versehen öffentlich über die boobies einer Sawyer-Kollegin geschwärmt hätte.
Primera Division
von Paula Villamarin Temperan
20 Schützenfeste: Zum Glück gibt es in Barcelona und Madrid schon seit Jahrzehnten elektronische Anzeigetafeln - die Stadion-Mitarbeiter würden sonst öfters ins Schwitzen geraten. Barca bewies jedenfalls beim 8:0 gegen Osasuna einmal mehr, dass die Blaugrana und Real zuhause mindestens zwei Klassen besser sind als der Rest der Liga. Die erkennt das auch neidlos an. "Unsere Tabelle geht wie für alle anderen erst ab Platz drei los", sagt beispielsweise Atleticos Jose Antonio Reyes. Klar, hin und wieder gibt es einen Auswärts-Ausrutscher - wie Real prompt bei Levante unter Beweis stellte - aber insgesamt ist die Liga längst zur Two-Team-Show verkommen. Real (11-mal) und Barcelona (9-mal) haben seit 2007 immerhin in 20 Liga-Spielen sechs Tore oder mehr erzielt. Und Sergio Busquets meinte nach Barcas Schützenfest am Samstag sogar dreist: "Wir haben gut gespielt, aber noch lange nicht perfekt." Ist also nur eine Frage der Zeit, bis es mal zweistellig ausgeht. Vielleicht sollte man aber auch mal über die Anregung von Osasunas Ruben nachdenken. Der meinte nach dem 0:8: "Barcelona sollte wie beim Golf mit Handicap spielen."
Betis muckt auf: Wobei: Guckt man sich die Tabelle nach drei Spielen an, sieht das alles gar nicht so eindeutig aus. Von der Spitze grüßt mit Valencia ein Verein, der im Sommer seinen besten Spieler (Mata) abgeben musste, und mit Real Betis ein Aufsteiger, der eigentlich gar nichts im oberen Drittel verloren hat. Dazu sind Leichtgewichte wie UD Levante und Rayo Vallecano immer noch ungeschlagen. Aufsteiger Betis, der mit Keeper Casto einen echten Hexer im Tor stehen hat, wittert jedenfalls Morgenluft. "Wenn Mourinho sagt, dass es Real vornehmlich um Konstanz geht, und Guardiola sagt, dass sie diese Saison nicht auf Titel schauen, dann überlassen sie die Meisterschaft ja vielleicht jemand anderen. Wir würden jedenfalls nicht Nein sagen", meinte Trainer Pepe Mel nicht ganz ohne Ironie, blickte dabei aber irritierend ernst drein. Betis' Reifeprüfung folgt übrigens am 16. Oktober, da geht's dann ins Bernabeu. Mal sehen, ob Mel dann immer noch kesse Sprüche reißt...
Falcao schnurrt: Schon beim zweiten Liga-Einsatz ging derweil der Knoten von Atletico-Stürmer Falcao auf, der seinem Treffer in der Europa-League gegen Celtic gleich einen Dreierpack im Heimspiel gegen Santander folgen ließ. "Der Tiger ist los", schrieb die "Marca" am Tag danach über Falcao, dessen Spitzname "el Tigre" lautet. "Er ist ein guter Knipser, sehr talentiert und geschickt. Wir müssen ihm nur oft genug den Ball in den Raum spielen, dann wird er viele Tore schießen", lobte Trainer Gregorio Manzano den Hunger des Raubtieres. Seine Prognose: "Das war erst der Anfang von Falcaos langer Erfolgsgeschichte bei Atletico". Der Tiger selbst präsentierte sich allerdings nach dem Spiel äußerst handzahm und fraß dem TV-Mann mit seinen großen, braunen Kulleraugen beinahe aus der Hand. "Ich freue mich natürlich über die drei Treffer", schnurrte Falcao glücklich, "meine Teamkollegen haben meine Tore aber auch wirklich super vorbereitet."