Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.
Serie A
Von Oliver Birkner
Stilbruch in Mailand: Die Inter-Fans hätten die 0:1-Niederlage im Derby wohl ein bisschen leichter ertragen, wenn nicht gerade Zlatan Ibrahimovic für den Treffer gesorgt hätte. Man kann "Ibracadabra" die lukrativen Wechsel ja nicht unbedingt vorwerfen, da sie mittlerweile zum Alltags-Geschäft gehören. In Sachen Stilfragen wird der Schwede allerdings keine Preise mehr einheimsen. Jahrelang Idol der Inter-Kurve provozierte Ibra den Abschied über seinen Berater. Der palaverte 2009 so lange von "akuten Bauchschmerzen" seines Klienten, bis die Tifosi ihren Stürmer mit Pfiffen belohnten, die Ibrahimovic mit obszönen Gesten gegen seine eigene Kurve beantwortete. Dann ging er zu Barcelona, wo die Bauchschmerzen kürzlich wiederkehrten. Um das Unwohlsein in Katalonien kümmerte sich wieder flugs Hobby-Doktor und Berater Mino Raiola, wegen seiner Kellner-Vergangenheit im Restaurant des Papas "der Pizzabäcker" genannt. Er enthüllte vor einigen Tagen: "Ich sagte den Barca-Verantwortlichen: Wollt ihr wirklich, dass Zlatan bei Guardiola bleibt? Dann ruft schon mal einen Notarztwagen!" Ibra wurde zu Milan ausgelagert. En passant strich sich der Fifa-lizenzierte Filou die handelsüblichen zehn Prozent Provision der beiden Deals ein - knapp über zehn Millionen Euro. Süffisant kommentierte ein Transparent der Inter-Kurve am Sonntag: "Ibra, nach einem Jahr Bauchschmerzen hast du jetzt endlich das Klo gefunden!" Und dort will der 29-Jährige nach eigenen Angaben nun "für immer bleiben".
Gebt uns John Wayne zurück: In Genua gehen die Solidaritätsaktionen für Antonio Cassano weiter. Er wurde nach einer unterirdischen Verbal-Attacke gegen seinen Präsidenten vor fünf Partien suspendiert, in denen Sampdoria nur ein Sieg gelang. "Samp ohne die Nummer 99 ist wie ein Western ohne John Wayne" schrieben die Tifosi beim enttäuschenden 0:0 gegen Chievo am Sonntag. "Peace please!" Patron Riccardo Garrone bleibt jedoch hart - Cassano wurde bereits von der Website und aus dem Samp-Kalender 2011 entfernt, seine Artikel aus dem Fanshop abgezogen. Über die Vertragsauflösung richtet in den kommenden Wochen das Schiedsgericht der Liga.
Simple Erziehung: Und noch ein kleiner Tipp, wie man seine Kinder zum rechten Vereinsglauben erziehen kann, eingereicht von Schauspieler und Roma-Anhänger Claudio Amendola. "Mein Kleiner war fasziniert von Lazios Hellblau, das konnte ich nicht ertragen. So versteckte ich eines Tages alle seine Spielsachen, und als er heulend im Zimmer stand sagte ich: Die haben die Laziali geklaut. Später stellte ich alles wieder an seinen Platz und erzählte: Die Romanisti haben deine Sachen wieder zurück gebracht. Seither feuert er die Roma an, und ich kann ruhig schlafen." Pädagogik kann so einfach sein.
Premier League
Von Raphael Honigstein
Der Fluch des Schicksals: Kleinere Sünden bestraft der liebe (Fußball-)Gott bekanntlich sofort, so war es auch am Sonntag. Chelsea hatte völlig überraschend den allseits beliebten Hütchenaufsteller - pardon: Assistenten - Ray Wilkins unter der Woche entlassen; angeblich war dem armen Mann sein Schicksal in der Halbzeitpause eines Reservespiels mitgeteilt worden. Auf dem Fuße folgte eine der überraschendsten Niederlagen der Saison: der Meister ging zu Hause gegen Sunderland mit 0:3 baden. "Mit Ray hat das nichts zu tun", sagte Carlo Ancelotti, "uns fehlte heute die Einstellung, die richtige Mentalität und der Kampfeswille". Mit Lampard, Essien und Terry fehlten zudem drei Leistungsträger, aber viele Chelsea-Fans wollten die Schmach unbedingt an Wilkins festmachen. "Wenn man Leute schlecht behandelt, bekommt man die Quittung", sagte ein Anrufer in der "606"-Radio-Sendung der "BBC" stellvertretend. Vielleicht kann Eigentümer Roman Abramowitsch den sympathischen Glatzkopf anderweitig verwenden. Ein vor der Saison gefeuerter Sicherheitschef des Vereins fand bei dem Russen schnell eine neue Stelle.
So wie einst Morgan Freeman: "Bald sind wir nicht mehr in Abstiegsnot", sagte West-Ham-Trainer Avram Grant vor dem "Must-Win"-Match gegen Aufsteiger Blackpool. Der Optmismus war unberechtigt: Die Hammers spielten schon wieder nur Unentschieden und liegen nach dem 0:0 gegen Ian Holloways Truppe weiter abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Dem "Guardian" fiel angesichts Grants gebetsmühlenartiger Durchhalteparolen ("Wir haben zwar nicht gegen die drei Aufsteiger gewonnen, aber wir waren in allen Spielen besser") Red, der von Morgan Freeman gespielte Knacki aus "The Shawshank Redemption" ein: "Zuerst hasst du es, dann gewöhnst du dich daran, dann bist du davon abhängig - du bist institutionalisiert", sagt Red einem Kollegen in dem Film. Grant habe es sich wie jener Gefangene im Tabellenkerker gemütlich gemacht, fand das Blatt. Mal sehen, ob das auch die Eigentümer des Londoner Vereins erkennen. Wenn es so weiter geht, wird Grant persönlich bald wirklich nicht mehr in Abstiegsnot, dafür arbeitslos sein.
Mancini ist nicht Heynckes: Du spielst gegen einen absolut schlagbaren Gegner, es steht 0:0, das Spiel ist fast aus. Was machst du? Roberto Mancini hielt es wie Jupp Heynckes (Lars Bender für Patrick Helmes gegen St. Pauli) und wechselte für Stürmer Carlos Tevez einen zentralen Mittelfeldspieler (Gareth Barry) ein. Leider funktionierte der Trick nicht so gut, City spielte wie im Derby gegen United am Mittwoch nur Unentschieden. Die Fans buhten gnadenlos. Mancini, der mittlerweile in weiten Teilen der englischen Presse als "zu italienischer" Trainer verspottet wird, konterte: "Alle Fans sind so. Sie denken, wenn man vier Stürmer bringt, schießt man vier Tore. Soll ich vielleicht zehn Stürmer bringen? Der Fußball funktioniert nicht so." Da hat er natürlich Recht. Ein Trost für die City-Fans ist das nicht unbedingt. Sie hatten nach Investitionen von 150 Millionen Euro allein in diesem Sommer von mehr als der identischen Bilanz des Vorjahres geträumt. Mancini hat wie Vorgänger Mark Hughes nach 13 Spielen 25 Punkte auf dem Konto, aber eine schlechtere Tordifferenz.
Primera Division
Von Paula Villamarin Temperan
Gott sei Dank geht es dem Jungen gut: Vor nicht mal drei Wochen spielten sich in der Liga Adelante dramatische Szenen ab: Miguel Garcia vom UD Salamanca erlitt im Spiel gegen Real Betis einen Herz- und Atemstillstand. Am Sonntag schockte ein erneuter Zwischenfall die spanischen Fußballfans. Zu Beginn der zweiten Halbzeit in der Partie zwischen Hercules CF und Real Sociedad brach ein Balljunge am Spielfeldrand zusammen. Einige Minuten lang lag der Jugendliche mit geschlossenen Augen reglos am Boden, bis er von den Sanitätern aus dem Rico Perez getragen wurde. Weil der Junge seit Jahren unter Asthma-Problemen leidet, vermutete man zunächst einen Atemstillstand wie bei Garcia. Doch die Ärzte im Krankenhaus bestätigten, dass der Junge in Folge eines Kreislaufzusammenbruchs zu Boden gefallen war. Der Balljunge hatte am Sonntagmorgen noch für die Hercules-Jugend gespielt und habe danach nichts gegessen, sodass sein Blutdruck im Keller war. Das Wichtigste: Dem Jungen geht es wieder gut - und ganz Fußball-Spanien atmet auf.
Zahlenspiele: Jubiläen, wohin der Spanier schaut. In dieser Woche spielten Zahlen eine große Rolle in der Primera Division. Barca-Urgestein Carlos Puyol bestritt sein 500. Pflichtspiel für die Katalanen und schloss zu einem elitären Kreis auf. Vor ihm in der ewigen Bestenliste stehen nur noch Teamkollege Xavi (541) und Rekordhalter Migueli (549). Das sind fast schon so viele Pflichtspiele wie Athletic Bilbao Siege gefeiert hat. Das 800. Spiel seit dem Ligastart 1928 krönten die Basken mit einem Sieg. Siegtorschütze? Fernando Llorente, wer sonst? Sonst trifft in Spanien anscheinend nur noch Lionel Messi. 65 Spiele machte La Pulga in diesem Jahr, 66 Tore erzielte er. Teuflisch gut. Brutal gut. Nicht ganz so gut lief es in dieser Saison für Diego Forlan. Jetzt brach der Uru aber den Bann und traf nach zwölf Spielen wieder. Es war sein 91. Treffer für Atletico, das sind zwei mehr als Fernando Torres für Atletico erzielt hat. Bleibt nur noch eine Sache: In seinem ersten Spiel an der Seitenlinie des FC Malaga holte Coach Manuel Pellegrini seinen ersten Sieg. Endergebnis: 1:0.
Mou kann's auch von der Tribüne: 29 Punkte in elf Spieltagen - Real Madrid hat einen tollen Saisonstart hingelegt. Das klingt nicht nur rekordverdächtig, es ist es auch. Jose Mourinho hat damit nämlich das erfolgreichste Trainer-Debüt in der Geschichte der Liga gefeiert und einen gewissen Pep Guardiola als Rekordhalter abgelöst. Doch die große Party im El Molinon blieb für den Portugiesen aus - schließlich war er gar nicht wirklich dabei. Mourinho war vor der Partie gegen Sporting Gijon vom spanischen Verband für zwei Begegnungen gesperrt worden, nachdem eine fragwürdige Gelbe Karte im Pokalspiel gegen Real Murcia den 47-Jährigen zur Weißglut getrieben hatte. Erfolgreich war er trotzdem. Ganz heimlich, still und leise und mit drei Punkten im Schlepptau verließ der neue Start-Rekordhalter die Tribüne.