Die deutsche Elf kam nur mühsam ins Turnier. In den ersten beiden Partien offenbarte die DFB-Auswahl doch die eine oder andere ungeahnte Schwäche. Beim abschließenden Gruppenspiel gegen Frankreich wechselte Bundestrainerin Silvia Neid ihre Stammelf schließlich auf vier Positionen. Das deutsche "B-Team" überzeugte und zeigte die bislang beste Vorstellung bei dieser WM.
Nun trifft Deutschland in der K.o.-Phase auf Japan. Die große Frage: Mit welcher Elf versucht Neid es dieses Mal? Und haben die Reservisten ihre Chance genutzt? Allerdings ist nicht um alle Positionen ein Konkurrenzkampf entbrannt. Im Tor ist Nadine Angerer unumstritten, in der Viererkette sind Babett Peter (links), Saskia Bartusiak und Annike Krahn (beide innen) gesetzt und in der Offensive führt an Kerstin Garefrekes (rechts) und Celia Okoyino da Mbabi (zentral) kein Weg vorbei.
SPOX blickt auf fünf Positionen, über die nach dem Frankreich-Spiel diskutiert wird.
Viererkette rechts: Linda Bresonik vs. Bianca Schmidt
Bresonik zählt zu den besten Fußballerinnen in der Mannschaft - allein sie zeigt es bislang viel zu selten. Die Duisburgerin konzentrierte sich in den ersten beiden Spielen fast nur auf die Defensive, ihre Vorstöße sind an einer Hand abzuzählen. Teilweise wirkte Bresonik nicht immer voll bei der Sache. Allerdings: Als Führungsfigur und lautstarke Antreiberin, ist sie auch aus ihrer defensiven Rolle heraus wichtig. Bianca Schmidt, Bresoniks Herausforderin, ist ein ganz anderer Typ - eher ruhig und schüchtern. Die 21-Jährige machte gegen Frankreich ihre Sache ordentlich und ließ defensiv nichts anbrennen. Offensiv kamen allerdings auch von ihr kaum Akzente.
Prognose: Bresonik spielt gegen Japan. Die Magen-Darm-Erkrankung ist ausgestanden, Bresonik wieder komplett fit. Neid wird auf ihre Erfahrung nicht verzichten.
Defensives Mittelfeld I: Kim Kulig vs. Lena Goeßling
Kulig ist der Shootingstar im deutschen Team. Die 20-Jährige schaffte den Sprung vom Nachwuchsbereich in die A-Mannschaft scheinbar mühelos und eroberte sich in der Vorbereitung einen Stammplatz. In den Testspielen traf Kulig regelmäßig, bei der WM soll sie allerdings in erster Linie Simone Laudehr absichern. Gegen Frankreich saß die künftige Frankfurterin nur auf der Bank, um keine Gelbsperre zu riskieren. Das weiß auch Lena Goeßling, die deshalb keinerlei Ansprüche stellt. "Ich habe mich richtig gefreut, das erste WM-Spiel meiner Karriere gemacht zu haben. Über mehr mache ich mir jetzt keine Gedanken", sagte die 25-Jährige gegenüber SPOX. Ihr Vorteil: Goeßling gilt auch in der Innenverteidigung als erste Ersatzkandidatin.
Prognose: An Kulig führt kein Weg vorbei. Daran wird sich auch im weiteren Turnierverlauf nichts ändern.
Defensives Mittelfeld II: Simone Laudehr vs. Ariane Hingst
Die Antreiberin auf dem Platz gegen die Antreiberin außerhalb des Platzes. Hingst ist neben Birgit Prinz die Spielerin im Kader mit der meisten Länderspiel-Erfahrung und genießt ein enorm hohes Standing innerhalb der Mannschaft und auch bei Neid. Vor dem Auftaktspiel gab die Frankfurterin die Einpeitscherin in der Kabine. Für ihren Einsatz gegen Frankreich bekam Hingst ein ausdrückliches Lob von der Bundestrainerin. Dennoch ist die 31-Jährige hinter Kulig/Laudehr und Goeßling nur noch dritte Wahl im defensiven Mittelfeld. Die Nummer eins ist dort eindeutig Simone Laudehr. Die 24-Jährige glänzt als laufstarker und torgefährlicher Motor des deutschen Spiels und ist insgesamt bislang die auffälligste Deutsche des Turniers.
Prognose: Solange Laudehr laufen kann, spielt sie auch. Die Duisburgerin ist für die DFB-Auswahl unverzichtbar.
Off. Mittelfeld, links: Melanie Behringer vs. Lira Bajramaj
Sie sollte zum Star der WM werden - und saß zum Turnierstart nur auf der Bank. Zum einen, weil Lira Bajramaj "die Leichtigkeit des Seins" verloren hatte, wie es Neid ausdrückte. Zum anderen aber auch, und das wurde zuletzt häufig vergessen, weil sich Melanie Behringer in der Vorbereitung einfach aufdrängte. Die Frankfurterin überzeugt durch Beidfüßigkeit, Schussstärke, Übersicht und Zuverlässigkeit - auch bei dieser WM. Wegen einer Bänderdehnung durfte gegen Frankreich allerdings Bajramaj ran. Und sie belebte das deutsche Offensivspiel spürbar. "Eine aufsteigende Tendenz", bescheinigte ihr die Bundestrainerin sogleich. Gelegentlich verzettelte sich die 23-Jährige zwar in Einzelaktionen, ihre leichtfüßige Spielweise brachte allerdings das gewisse Etwas ins deutsche Spiel.
Prognose: Chance erhalten, Chance genutzt. Neid lässt Bajramaj auch gegen Japan ran, weil sie mit ihrer quirligen Art besser zu den Japanerinnen passt. Geht der Aufwärtstrend weiter, könnte es für Behringer schwer werden, noch mal ins Team zu kommen.
Sturm: Birgit Prinz vs. Inka Grings vs. Alexandra Popp
Dass Prinz nicht gern im Fokus der Öffentlichkeit steht, ist hinlänglich bekannt. Seit dem WM-Auftakt wird allerdings täglich über die 33-Jährige diskutiert. Als krönender Abschluss ihrer Karriere gedacht, ist diese WM für Prinz bislang ein Alptraum. Ein mäßiger und ein ganz schwacher Auftritt veranlassten sie sogar, freiwillig auf einen Startelfeinsatz gegen Frankreich zu verzichten.In der aktuellen Verfassung wäre die Kapitänin allerdings auch keine große Hilfe fürs Team. Prinz erklärte zwar am Donnerstag, "bereit für einen Einsatz in der Startelf" zu sein, doch sie glaubt selbst nicht an einen Platz im Team. Ihre Chance genutzt hat dagegen Inka Grings. Die 32-Jährige strotzte gegen Frankreich vor Spielfreude, war brandgefährlich, traf doppelt und strahlte viel positive Energie aus. Ganz anders als Prinz zuletzt. Gegen Frankreich bekam in der Schlussphase sogar Alexandra Popp den Vorzug vor Prinz. Ihre starken Testspielleistungen (fünf Treffer) konnte die 20-Jährige allerdings noch nicht bestätigen. Feuer bringt Popp jedoch immer ins Spiel.
Prognose: Grings ist die neue Nummer eins im Sturm. Prinz wird sich strecken müssen, um überhaupt noch mal eine Chance zu erhalten bei dieser WM. Denn: Popp ist der bessere Joker.
Der Spielplan zur Frauen-WM 2011