EM

Enttäuschendes Italien steht im Viertelfinale

Von Bastian Strobl / Fabian Huwe
Antonio Cassano (r.) besorgte per Kopfball die Führung der Italiener
© Getty

Italien hat als Gruppenzweiter das EM-Viertelfinale erreicht. Beim 2:0-Erfolg über die bereits vor der Partie ausgeschiedenen Iren konnte die Squadra Azzurra jedoch erneut nicht vollends überzeugen.

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Vor 37.000 Zuschauern in Posen sorgte Antonio Cassano in der ersten Hälfte für die italienische Führung (35.). Kurz vor dem Ende erzielte Mario Balotelli den 2:0-Endstand (90.), schien danach jedoch seinem Frust über die Nicht-Nominierung für die Startelf freien Lauf zu lassen und musste von Mitspielern zurückgehalten werden.

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Mit fünf Punkten beendet der Weltmeister von 2006 die Gruppe C auf Platz zwei und ist damit ein möglicher Halbfinalgegner für die deutsche Mannschaft. Jedoch muss Italien um Giorgio Chiellini, der nach Knieproblemen ausgewechselt werden musste, bangen.

Reaktionen:

Cesare Prandelli (Trainer Italien): "Wir haben mit allen Kräften diesen Sieg gewollt. Wir haben begriffen, dass wir nicht nur Technik und Qualität, sondern auch das Herz einsetzen müssen. Wir müssen im Viertelfinale so spielen, wie wir es heute getan haben."

Giovanni Trapattoni (Trainer Irland): "Italien war uns natürlich technisch überlegen. Es gibt viele Aspekte, in denen wir uns noch verbessern müssen. Ich habe noch zwei weitere Jahre Vertrag. Wir werden die nächste Saison mit einer Mannschaft beginnen, die wesentlich jünger ist."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Prandelli verändert seine Elf nicht nur auf vier Positionen, sondern stellt auch in der Abwehr auf eine Viererkette um. Für Bonjucci, Maggio, Giacherini und den angeschlagenen Balotelli bleibt nur die Bank. Dafür beginnen Abate, Barzagli, Balzaretti und Di Natale. Damit bleibt von der Defensive aus dem Spiel gegen Kroatien nur Chiellini übrig.

Irland spielt mit der Elf, die gegen Spanien mit 0:4 untergegangen ist. Mit einer Ausnahme: Statt Cox stürmt wie im ersten Gruppenspiel Doyle. Als Kapitän wird ausnahmsweise Duff das Team aufs Feld führen, der gegen Italien sein 100. Länderspiel bestreitet.

31.: Balzaretti dringt über rechts in den Strafraum und zieht flach zurück auf Di Natale. Der dreht sich um die eigene Achse und zieht ab. Der Ball trifft den Arm von Dunne. Knifflige Szene, Glück für Irland.

34.: Di Natale rennt nach einem Pirlo-Pass auf und davon, umspielt Given und schießt aus spitzem Winkel. St. Ledger kann gerade noch retten. Einen Nachschuss von Cassano lenkt Given neben den Pfosten.

35., 1:0, Cassano: Pirlo bringt eine Ecke von links perfekt in die Mitte. Cassano steigt zum Kopfball hoch und bugsiert den Ball in bester Uwe-Seeler-Manier hinter die Linie.

50.: Balzaretti spielt einen Doppelpass mit Cassano und geht zur Grundlinie, lässt dort einen Gegener aussteigen und spielt wieder auf Cassano. Der Angreifer zieht ab, aber Dunne blockt den Schuss.

55.: Das Privatduell zwischen Given und Italiens Stürmer geht weiter. Cassano schickt Di Natale in die Tiefe, aber wieder ist der irische Keeper zur Stelle.

79.: Andrews zimmert einen 23-Meter-Freistoß auf das Tor. Buffon ist gerade noch unten und entschärft die Situation.

89., Gelb-Rote Karte Andrews: Andrews sieht völlig unnötig seine zweite Gelbe Karte und fliegt vom Platz. Das war zwar ein Foul, aber da muss man einfach mal Fingerspitzengefühl beweisen.

90., 2:0, Balotelli: Pirlo bringt eine Ecke von rechts und Balotelli erzielt im Fallen per Seitfallzieher das 2:0.

Fazit: Italien fährt gegen harmlose Iren einen im Endeffekt verdienten Sieg ein, bleibt aber erneut vieles schuldig.

Der Star des Spiels: Federico Balzaretti. Mickrige acht Länderspiele hatte der Linksverteidiger bislang auf dem Konto. Das mit Abstand Beste machte er nun gegen Irland. Balzaretti machte seine Seite in der Defensive dicht und setzte immer wieder zu gefährlichen Flügelläufen an. Nur ein Assist blieb ihm trotz starker Vorlagen auf Cassano und Di Natale verwehrt.

Der Flop des Spiels: John O'Shea. Der ehemalige Red Devil ließ sich von Balzaretti oft düpieren und war fast immer zweiter Sieger. Offensiv nicht existent, ungelenk in seinen Abwehraktionen - O'Shea erwischte einen Abend zum Vergessen.

Der Schiedsrichter: Cüneyt Cakir. Der Türke, der bei der Partie Ukraine gegen Schweden vollends überzeugen konnte, hatte einen schweren Stand. Viele knifflige Situationen, die 35-Jährige nicht immer richtig beurteilte und gegen Ende zu kleinlich pfiff. Beim Handspiel von Dunne entschied er fälschlicherweise nicht auf Elfmeter.

Die Trainer:

Cesare Prandelli: Der Italiener beorderte De Rossi, der in den ersten beiden Partien einen verkappten Libero spielte, wieder ins Mittelfeld. Die Hoffnung: Das Trio um den Römer, Pirlo und Motta sollte das Mittelfeld mit einem Mix aus Kampf und Spielkultur dominieren, unterstützt von den Außenverteidigern, die sich häufig nach vorne schoben. Im Sturm setzte Prandelli gegen die hochgewachsenen Iren auf das quirlige Duo Cassano und Di Natale.

Giovanni Trapattoni: Das Motto des Maestro war klar: Die Null muss stehen. Trap baute ein Bollwerk aus zwei Viererketten auf. Die beiden Stürmer sollten dabei vor allem Spielgestalter Pirlo unter Druck setzen, um die Italiener am Spielaufbau zu hindern. Nach vorne war alles auf Konter über McGeady, Dunn und Keane ausgerichtet.

Das fiel auf:

 

  • Italiens Plan schien in den ersten Minuten aufzugehen. Gerade Abate und Balzaretti schalteten sich in der Anfangszeit häufig ins Angriffsspiel ein und banden damit ihre Gegenspieler in der irischen Hälfte. Während Di Natale vor allem die Sturmmitte beackerte, wich Cassano immer wieder auf die Flügel aus und zog damit die irische Abwehrreihe auseinander.
  • Nach zehn Minuten stellte sich Irland viel besser auf den Gegner ein. Die Vierer-Mittelfeldreihe verschob schneller und störte die Italiener nun bereits bei Ballannahme. Die Folge: Italien fabrizierte viele Fehlpässe und musste häufig den Rückwärtsgang einschalten. Zudem hatte der Weltmeister von 2006 einige Probleme mit dem Schuhwerk und verlor auf dem nassen Untergrund mehrmals den Halt.
  • Bei Ballgewinn schaltete Irland schnell um, agierte im letzten Angriffsviertel jedoch selbst bei Überzahl zu hastig und vergab damit einige gute Möglichkeiten.
  • Erst als Pirlo und Motta ab Mitte der ersten Hälfte mehr Zugriff fanden, ordnete sich das italienische Spiel wieder. Die springende Idee fehlte jedoch weiterhin. Sinnbildlich dazu war die Führung, die nach einer Ecke fiel. Aus dem Spiel heraus blieb Italien weitestgehend ungefährlich, hatte jedoch mit einem nicht gegebenen Handspiel im irischen Strafraum Pech.
  • Nach dem Seitenwechsel blieb das Mittelfeld in italienischer Hand. Auch deswegen, weil es De Rossi häufig in die Mitte zog und er damit für eine Überzahl in der Zentrale sorgte. Den freien Raum auf links nutze Balzaretti für seine Vorstöße.
  • Italien verpasste es jedoch in der letzten halben Stunde, mit einem weiteren Tor für die Vorentscheidung zu sorgen. Zum Glück für die Squadra blieb Irland nach vorne lange Zeit harmlos. Zahlreiche hohe Bälle in den Strafraum waren nicht von Erfolg gekrönt.

 

Italien - Irland: Daten zum Spiel

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