Dabei ist diese Erkenntnis im Team der Portugiesen nicht neu. Doch nach den ersten beiden durchwachsenen Auftritten von Cristiano Ronaldo bei dieser Europameisterschaft war heftige Kritik auf den Star von Real Madrid eingeprasselt. Ronaldo antwortete den vielen Nörglern mit einem überragenden Auftritt beim 2:1-Erfolg gegen die Niederlande, als er beide Treffer erzielte.
Die portugiesische Sportzeitung "O Jogo" äußerte in einem Kommentar gar die Hoffnung, dass nicht alle die Antwort Ronaldos verstanden hätten und durch weitere Kritik möglicherweise einen weiteren Galaauftritt des Linksaußen provozieren würden.
Trotzdem: Die Zweifel an Ronaldo haben Spuren in der Seleccao hinterlassen. Verärgert war die Mannschaft, als ihr Leader nach zwei glanzlosen Auftritten derart niedergeschrieben wurde.
Doch das Problem von Ronaldo ist eben, dass er die Latte ziemlich hoch gelegt hat. 60 Pflichtspieltore erzielte der Mann in der abgelaufenen Saison für Real Madrid. In Portugal hoffen sie nicht, dass er Spiele allein entscheidet, sie erwarten es ein Stück weit von ihm.
Queiroz: Alle reden nur über Ronaldo
Von daher soll auch in erster Linie Ronaldo höchstselbst verhindern, dass es den Portugiesen geht wie vor 16 Jahren bei der Europameisterschaft in England. Damals unterlag Portugal dem späteren Finalisten Tschechien im Viertelfinale 0:1. Dass es bei einer Mannschaftssportart mit elf Spielern problematisch sein könnte, Wohl und Wehe von einem Spieler abhängig zu machen, thematisierte kurz vor dem Spiel gegen Tschechien der frühere portugiesische Nationaltrainer Carlos Queiroz.
"Wenn das Ergebnis nicht stimmt, reden wir nicht über die Seleccao, sondern nur über Ronaldo. Das ist kein Spiel eins gegen eins, es ist eine Mannschaftssportart", mahnte Queiroz, der in diesen Tagen als Hauptkritiker der portugiesischen Nationalmannschaft auftritt.
Tschechen setzen Gebre Selassie dagegen
Bei den Tschechen, die noch um den Einsatz ihres angeschlagenen Regisseurs Tomas Rosicky bangen, gibt es keine zwei Meinungen, wessen Wirkungskreise möglichst eingeengt werden müssen. "Ronaldo ist so gefährlich, weil er aus jeder Position mit links und mit rechts schießen kann", sagt Torhüter Petr Cech.
"Außerdem darfst du ihm überhaupt keinen Platz geben, weil er so außergewöhnlich schnell ist." Und auch Innenverteidiger Tomas Sivok schwärmt von dem "komplexen Spieler" Ronaldo: "Es ist schwierig auf das vorbereitet zu sein, wozu er in der Lage ist."
Die kniffligste Aufgabe dürfte deshalb am Donnerstag im Warschauer Nationalstadion Theodor Gebre Selassie zu bewältigen haben. Der Rechtsverteidiger, der angeblich vor einem Wechsel zum Bundesligisten Werder Bremen steht, wird voraussichtlich der direkte Gegenspieler Ronaldos sein. Sivok kündigte aber schon einmal an: "Theo wird unsere Hilfe benötigen."
Cristiano Ronaldo im Steckbrief