EM

Nur neun Spieler auf Sardinien beim Training

SID
Mit Köpfchen: Per Mertesacker (l.) und Tim Wiese spielen sich im Training die Bälle zu
© Getty

Die Folterwerkzeuge sind extra ausgerichtet in einem luftigen Zelt mit Blick auf das herrliche Meer in den Farben Türkis und Smaragd. Wenn die Minigruppe der deutschen Nationalspieler sich auf den topmodernen Standfahrrädern oder den superteuren Kraftgeräten quält, soll sie wenigstens die Ansicht der karibikähnlichen Costa Smeralda, eine der schönsten Küsten Europas, genießen.

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"Wir haben es toll angetroffen, es sind perfekte Bedingungen", sagte Oliver Bierhoff. Aber der Teammanager gab zu, dass der erste Abschnitt der EM-Vorbereitung auf Sardinien intern auf der Kippe stand. "Wir haben uns natürlich auch Gedanken darüber gemacht, ob das Trainingslager noch sinnvoll ist", sagte Bierhoff.

Doch der DFB hielt fest am Trainingscamp in Porto Cervo, dem Sommer-Treffpunkt des italienischen Jetsets, fest. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre im herrlichen gelegenen Golf-Hotel Romazzino bei den Nationalspielern, die Frauen und Freundinnen, Kind und Kegel mitnehmen durften, Yoga und alle möglichen Freizeitspäße werden angeboten.

Aber das Hotel mit seinen 78 Zimmern ist mehr als halb leer. Es ist wie bei einer öden Party, wo dreiviertel der Gäste nicht gekommen sind.

Sechs Trainer betreuen neun Spieler im Training

Im Training wird trotz des harmlosen Titels Regeneration hart gearbeitet. Dennoch ist die ganze Geschichte ohne Verschulden des DFB zu einer Farce geworden, die akribische Planung ins Leere gelaufen. Beim Training im Stadion Andrea Corda in Abbiadori kümmerten sich am Sonntag um neun Spieler sechs Trainer.

Löw-Assistent Hansi Flick war nach dem Training am Sonntag dennoch zufrieden, aber sein Chef hatte am Vorabend 2.000 Kilometer entfernt etwas anderes empfunden. Das Pokalfinale zwischen Dortmund und den Bayern endete für den Bundestrainer miserabel.

Aus überparteilicher Sicht durfte sich Löw natürlich keinen Sieg der Münchner wünschen, doch ein solches Debakel, wie es die Bayern mit ihm als Augenzeugen in Berlin erlebten, konnte er gar nicht gebrauchen. Die acht Nationalspieler des FC Bayern wurden beim 2:5 vorgeführt, bei Dortmund standen zwei (Götze, Sven Bender) seiner fünf EM-Kandidaten nicht in der Startelf.

Es war ein denkbar schlechtes Vorzeichen für die EM, das nur durch einen Sieg der Münchner im Champions-League-Finale gegen Chelsea zu korrigieren ist. Vier Wochen vor dem EM-Start hat Löw eine Abwehr, in sich die meisten der vorgesehenen Stammkräfte in schwacher Form zeigten. Die Chancen von Per Mertesacker steigen, trotz langer Verletzungspause der EM-Stammelf anzugehören.

Umschulen vom Breitwandfußball

"Die Bayern werden zwei, drei Tage brauchen, bis sie so einen Frust irgendwie weggesteckt haben. Ich denke schon, dass sie schon die Mentalität haben, so eine Niederlage wegzustecken", sagte Löw, doch es wirkte wie Zweckoptimismus. Der Bayern-Block von Löw, der selbst am Sonntag auf Sardinien eintraf, praktiziert im Verein ein völlig anderes Spiel.

Die Münchner vom Breitwandfußball wieder umzuschulen auf den schnellen DFB-Fußball erfordert wohl ein längeren Prozess, nur Zeit steht Löw dafür kaum zur Verfügung. Bei den Bayern um eine frühere Abstellung als den 25. Mai zu bitten, hat er aufgegeben. "Ob wir die Spieler zwei oder drei Tage früher bekommen, spielt jetzt auch keine Rolle mehr", sagte Löw.

Zur demoralisierenden Niederlage und der Schrumpf-Vorbereitung kamen auch noch die Auseinandersetzungen am Schluss des Pokalfinales zwischen dem Dortmunder Mats Hummels und Bayern-Chef Bastian Schweinsteiger, die in ihrer Heftigkeit überraschte und in die sich auch Toni Kroos und Holger Badstuber einmischten. Der Konflikt könnte die bisherige Harmonie im DFB-Team durchaus beeinträchtigt.

"Wir haben es bisher immer geschafft, dass die Spieler bei uns ihren Fokus auf ihre gemeinsamen Aufgaben richten", sagte Flick. Er und Löw mussten erkennen, dass nur einer der Nationalspieler in Berlin in Topform auftrumpfte: Mats Hummels. Immerhin wurde keiner der EM-Kandidaten in Berlin verletzt, aber auf Sardinien - dem Start einer Reise in Ungewisse - fehlten am Sonntag Benedikt Höwedes (Wadenproblem) und Lukas Podolski (Oberschenkel) im Training.

Der EM-Spielplan

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