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Löw lehnt EM-Boykott gegen Ukraine ab

SID
Joachim Löw bei der Bekanntgabe des deutschen EM-Kaders
© Getty

Bundestrainer Joachim Löw hat noch vor der Bekanntgabe seines vorläufigen Aufgebots die Regierung im EM-Gastgeberland Ukraine zu einem menschenwürdigen Umgang mit Julia Timoschenko aufgerufen.

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"Natürlich bin ich der tiefsten Überzeugung, dass die Menschenrechte eines unser höchsten Güter sind. Mit denen identifiziere ich mich ebenso wie mit Werten wie Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, dem Schutz von Minderheiten und natürlich auch mit einem humanitären Umgang mit Frau Timoschenko", sagte der Chefcoach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Montag in Rastatt.

Dort gab Löw die Namen der 27 Spieler bekannt, die mit in die Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft auf Sardinien und in Südfrankreich reisen.

Voran stellte der 52-Jährige aber seine Sichtweise zu den Haftbedingungen der ehemaligen ukrainischen Ministerpräsidentin Timoschenko, die in einem Gefängnis in Charkiw einsitzt. Sie klagte über gewalttätige Übergriffe und die schlechte medizinische Versorgung. Mittlerweile haben sich Ärzte der Charite ihrem Rückenleiden annehmen dürfen.

Kein EM-Boykott

Einen Boykott des Gastgeberlandes neben Polen will Löw aber nicht. "Einen Boykott halte ich nicht für sinnvoll", sagte Löw. Vielmehr könne dieses Turnier einen Prozess in Gang setzen. "Es ist vielleicht eine gute Möglichkeit, durch diese Weltöffentlichkeit die Dinge auch einmal diskutiert werden und möglicherweise auch in etwas Positives gelenkt werden", meinte er.

Mit den Spielern werde man dieses Thema natürlich auch diskutieren. Sie seien eine Generation "aufgeschlossener" Menschen, die ihre "Augen nicht verschließen". Kapitän Philipp Lahm hat als einer der ersten deutschen Spieler öffentlich den Umgang mit Timoschenko scharf kritisiert.

"Meine Ansichten zu demokratischen Grundrechten, zu Menschenrechten, zu Fragen wie persönlicher Freiheit oder Pressefreiheit finde ich in der derzeitigen politischen Situation in der Ukraine nicht wieder", sagte der 28-Jährige im Interview des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". "Wenn ich sehe, wie das Regime Julia Timoschenko behandelt, dann hat das nichts mit meinen Vorstellungen von Demokratie zu tun."

DFB-Team spielt in Charkiw und Lwiw

Lahm forderte Michael Platini als Präsidenten der Europäischen Fußball-Union (UEFA) auf, dazu Stellung zu beziehen. Er sei "gespannt, was er zu sagen hat", sagte Lahm und fügte an: "Der Fußball ist zu groß geworden, um davon unbehelligt zu bleiben. Als ich die ersten Berichte über Timoschenkos angegriffene Gesundheit las, ahnte ich, in welche Richtung es geht."

Joachim Löw betonte in Rastatt aber auch, dass man sich generell auf das Sportliche konzentrieren wolle. "Wir werden nicht als Weltpolizei in die Ukraine reisen", sagte Löw.

In Charkiw hat die deutsche Mannschaft das zweite Gruppenspiel am 13. Juni gegen die Niederlande. Wenige Kilometer vom Metalist-Stadion entfernt ist das Gefängnis, in dem Timoschenko ihre Haftstrafe verbüßt. Die anderen beiden Gruppenspiele bestreitet Löws Team im ukrainischen Lwiw, am 9. Juni gegen Portugal und 17. Juni gegen Dänemark.

Der Spielplan der EM 2012

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