Frage: Herr Podolski, wie stehen die Chancen auf den EM-Titel im Sommer?
Lukas Podolski: Ich denke, wir sind jetzt dran. Wir haben 2008 im Finale und 2010 im Halbfinale gegen Spanien verloren. 2012 ist es, denke ich, so weit. Wir haben die Qualifikation souverän gemeistert und sind bereit. Alle Zeichen stehen auf Titel.
Frage: Wie schätzen Sie die Vorrundengruppe der deutschen Mannschaft ein?
Podolski: Es ist ja keine Frage, dass wir die stärkste Gruppe erwischt haben. Aber wir haben in den Spielen seit der WM gezeigt, dass wir es auch mit den großen Mannschaften aufnehmen können. Wir brauchen uns vor keinem zu verstecken und werden souverän ins Viertelfinale einziehen. Auch wenn es schwierig wird. Beim ersten Spiel gegen Portugal müssen wir topfit sein, da zählen dann Quali oder irgendwelche Freundschaftsspiele nicht mehr.
Frage: Inwieweit wird die EM in ihrem Heimatland etwas ganz Besonderes für Sie?
Podolski: Ich habe noch eine große Familie und sehr viele Freunde dort. Leider müssen wir unsere Gruppenspiele in der Ukraine austragen. Aber ich gehe davon aus, dass wir weiterkommen und dann auch Spiele in Polen folgen werden.
Frage: Bekommen Sie derzeit etwas von der Vorfreude und Atmosphäre in Polen im Hinblick auf das Turnier mit?
Podolski: Mit Deutschland 2006 kann man es nicht vergleichen. Polen ist schon etwas hinterher. Die Infrastruktur und die Autobahnen werden erst nach und nach fertig. Ich hoffe, dass sie alles noch fertig bekommen. Die Stadien sehen weltklasse aus. Ich hoffe, das Turnier gibt dem Land und dem Fußball dort einen richtigen Schub - so dass letztlich auch die Vereine davon profitieren. Ich bin froh, dass es mit meinem Heimatland so weit nach vorne geht.
Frage: Stimmt es, dass Sie die sportärztliche Untersuchung mit dem FC Arsenal bereits absolviert haben?
Podolski: Hat das jemand gesehen? Gibt's von der Untersuchung Fotos? Ich kann das nicht zu einhundert Prozent bestätigen. Wie ich bereits nach dem Spiel gegen Hertha gesagt habe: Jede Zeitung, jeder TV-Sender wartet auf eine Meldung. In England gab es neulich das Foto, auf dem ich meinen Trainer würge. Da stand dann, ich hätte ihn attackiert... Wenn es etwas zu vermelden gibt, melde ich mich selbst zu Wort.
Frage: Sie sind einer der beliebtesten deutschen Profis, selbst Fans, die dem 1. FC Köln nicht so nahe stehen, mögen Sie. Wie erklären Sie sich Ihre große Beliebtheit?
Podolski: Das weiß ich nicht. Ich versuche immer ich zu sein und mich nicht zu verstellen. Es gibt immer Leute, die das mögen und andere wiederum nicht. Ich bin ein kleiner Junge aus Bergheim, spiele jetzt beim 1. FC Köln - vielleicht bald woanders - und beim DFB. Man muss froh sein über das, was man erreicht hat. Ich kann mich da nicht beschweren.
Frage: Am Samstag spielt der FC in Hannover, Sie sind wohl nicht mit dabei.
Podolski: Ich muss am Freitag wieder im Anzug nach Frankfurt. Ich lasse mich vom Gericht überraschen, wir sehen dann ja, was passiert. Der Verein und ich versuchen alles, wir hoffen auf einen Freispruch am Freitag.
Frage: Empfinden Sie das Urteil als unfair?
Podolski: Nein. Der Schiedsrichter hat etwas wahrgenommen und so entschieden. Das muss man erstmal so hinnehmen. Ich kann im Moment nicht viel machen. Schiedsrichter sind auch nur Menschen, die machen auch Fehler. Hier ist einer passiert, aber das kommt schon mal vor.
Frage: Wie hat die Mannschaft eigentlich die Tatsache aufgenommen, dass Köln jetzt ohne Präsidenten und ohne Sportdirektor da steht?
Podolski: Natürlich gibt es immer Unruhe, wenn so etwas passiert. Aber ich persönlich versuche immer alles für den Verein zu geben und da interessiert es mich nicht, ob der oder der auf der Tribüne sitzt und die Daumen drückt. Ich will alles für die Fans und die Stadt geben und hoffe, dass der Verein alles dafür tun wird, einen starken Präsidenten zu holen und einen Sportdirektor, der gut mit dem Trainer arbeiten und alles für den Klub tun wird.
Frage: Was ist eigentlich Ihr ganz persönliches "kölsche Jeföhl" und können Sie sich vorstellen, später auch wieder nach Köln zurückzukehren?
Podolski: Ich bin ja noch hier, also müssen wir nicht darüber sprechen, ob ich irgendwann zurückkomme. Jeder weiß, dass ich Köln liebe und in meinem Herzen habe. Köln ist und wird immer mein Verein bleiben, egal was passiert. Ich habe noch ein Ziel mit dem FC, das ist noch nicht vorbei.
Frage: Wie sehen Sie Philipp Lahm links in der Viererkette der Nationalmannschaft?
Podolski: Ich bin froh, dass er wieder links spielt. Das liegt mir mehr, weil ich mit ihm sehr gut zusammenspielen kann.
Frage: Haben Ihre Kollegen der Kampagne "Team Hyundai" eigentlich Respekt vor Deutschland?
Podolski: Der Respekt ist sicherlich da. Die wissen um unsere Stärke.
Frage: In den letzten beiden Spielen gegen Spanien war Deutschland ziemlich eindeutig unterlegen. Hat Deutschland jetzt aufgeholt?
Podolski: Der Unterschied ist nicht mehr so groß. Wir sind als Mannschaft gefestigter, wir haben Spaß und einen guten Mannschaftsgeist. Wir brauchen uns keine Gedanken darüber zu machen, dass wir in der Vorrunde ausscheiden könnten. Das Ziel muss der Titel sein.
Frage: Wie groß schätzen Sie den Imageschaden ein, den eine Gruppe Kölner Fans, die Gladbachs Bus angegriffen haben sollen, dem Verein damit zugefügt haben?
Podolski: Diese Aktion ist nicht zu tolerieren. Ich kann nur dazu etwas sagen, was ich über die Medien erfahren habe. Aber unsere Fans in Köln sind fantastisch. Wenn man sieht, wie sie uns gegen Berlin nach vorne gepeitscht haben und was für eine Stimmung da geherrscht hat - das hat man in Deutschland so gar nicht. Trotz aller Vorfälle, die passiert sind, sollte man nicht alle Kölner Fans in einen Hut werfen. Dass man einige Problemfälle hat, ist bekannt. Da muss der Verein etwas unternehmen und das wird er auch tun. Aber jetzt zu sagen, die Kölner Fans sind alles Problemfans, ist für mich übertrieben.
Frage: Wo liegen Ihre persönlichen Stärken und wo Ihre Schwächen?
Podolski: Die Frage hasse ich am meisten von allen. Ich mag es nicht, über mich zu sprechen. Klar gibt es stärkere Spiele und dann sagen die Leute: ‚Der ist geil.' Und nach einem schwächeren: ‚Der kann nix.' Jeder kann sich selbst eine Meinung darüber bilden, ob er mein Spiel mag oder nicht.
Frage: Hat sich Ihre Aufgabenstellung auf der Position im linken Mittelfeld in den letzten Jahren eigentlich verändert?
Podolski: Wir trainieren und spielen unser System jetzt schon seit einigen Jahren. Da weiß jeder um seine Aufgabe, ich kenne meine Aufgaben auf meiner Position. Wichtig ist, dass wir fit sind und Spaß haben auf dem Platz. Dann kann man seine Leistung auch abrufen.
Der Spielplan der EM 2012 im Überblick