Vor 56.934 Zuschauern im ausverkauften Warschauer Nationalstadion erzielte Arkadiusz Milik die polnische Führung (51.). Sebastian Mila machte in der 88. Minute dann den ersten polnischen Erfolg über Deutschland im 19. Aufeinandertreffen klar.
Deutschland rannte im Anschluss an und kam zu mehreren Torabschlüssen - der eingewechselte Lukas Podolski scheiterte beispielsweise an der Latte -, der Ausgleich gelang dem DFB-Team aber nicht mehr.
Deutschland steht damit nur noch auf Platz vier der Gruppe D mit drei Zählern nach zwei Partien - hinter Polen, Schottland und dem kommenden Gegner Irland, die beide Spiele gewonnen haben.
Statistik am Rande: Das Durchschnittsalter der Deutschen betrug 24 Jahre und 125 Tage - jünger war die Mannschaft in einem Pflichtspiel nur einmal: Exakt auf den Tag genau vor drei Jahren beim 3:1 gegen Belgien (24 Jahre und 48 Tage).
Reaktionen:
Joachim Löw (Bundestrainer): "Wir sind natürlich enttäuscht. Eigentlich kann man der Mannschaft keinen Vorwurf machen, vielleicht einen: Wir sind mit den Chancen zu fahrlässig umgegangen. Die Spielanlage war in Ordnung, wir haben viele Möglichkeiten kreiert und ja fast auf ein Tor gespielt. Polen macht dann mit dem ersten Schuss aufs Tor das 1:0. Wir müssen jetzt mit Blick auf Dienstag gegen Irland schauen, dass wir jetzt eine gute Reaktion zeigen und Kräfte sammeln."
Manuel Neuer (Kapitän): "Die Niederlage war vermeidbar. Wir haben kein schlechtes Spiel gemacht. Wenn wir in Führung gehen, gewinnen wir auch. Beim ersten Gegentor komme ich zu spät, mein Fehler."
Mats Hummels: "Wir haben kein Tor gemacht. Das ist bei der Anzahl der Chancen ein Witz. Dann kann so ein Spiel schon mal kippen."
Karim Bellarabi: "Wir hatten uns vorgenommen, drei Punkte zu holen. Leider hat es nicht gereicht. Jetzt müssen wir am Dienstag gegen Irland gewinnen."
Thomas Müller: "Wir werden nicht innerhalb einer halben Stunde einschlafen und müssen das Spiel erst einmal verarbeiten."
Lukasz Piszczek (Polen): "Wir haben das erste Mal gegen Deutschland gewonnen und sind überglücklich. Man hat im Stadion gesehen, wieviel das den Menschen im Land bedeutet. Wir haben Geschichte geschrieben. Wir haben auf unsere Konterchancen gewartet, und das hat gut funktioniert, auch wenn wir etwas Glück gehabt haben. Den Unterschied hat gemacht, dass wir unsere Chancen genutzt haben."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Bei den Polen gibt es zwei Änderungen gegenüber dem 7:0 gegen Gibraltar: Für Olkowski spielt Piszczek, dazu wird Klich durch Jodlowiec, den einzigen Ekstraklasa-Spieler der Startelf, ersetzt.
Bundestrainer Löw verändert nach dem Schottland-Spiel seine Elf auf drei Positionen: Bellarabi - Debütant Nummer 73 unter Löw - feiert direkt sein Debüt, rechts hinten verteidigt Rüdiger. Hummels ist wieder zurück. Diese Drei ersetzen Höwedes, Reus und Rudy.
10.: Müller wird vertikal angespielt und hält aus 20 Metern einfach mal flach drauf. Szczesny hält sicher, aber immerhin mal ein erster Torschuss.
18.: Kroos-Freistoß vom rechten Strafraumeck. Hummels hat sich am langen Pfosten gut freigelaufen, wird aber entscheidend noch am Kopfball behindert.
31.: Zweite Ecke für die Deutschen, Kroos tritt von rechts an. Rybus wehrt die Flanke zunächst ab, der Ball gelangt nochmal in den Strafraum, Müller steht aber nach Boateng-Schussversuch im Abseits.
38.: Götze flankt kurz vor dem Strafraum von rechts Richtung linker Pfosten. Dort steht Bellarabi frei, der mit links nur knapp am rechten Pfosten vorbeischießt.
39.: Schürrle schickt mit einem Flachpass von der Mittellinie aus Müller nach vorne. Der Torjäger dribbelt in den Strafraum, muss jedoch leicht nach links ausweichen und trifft aus zehn Metern nur das Außennetz.
44.: Kroos setzt Bellarabi im Strafraum ein. Der Debütant stoppt ab, lässt seinen Gegenspieler ins Leere laufen und hält drauf. Szczesny hält die Kugel aber sicher.
51., 1:0, Milik: Konter der Polen. Piszczek flankt von rechts an den Fünfmeterraum. Neuer segelt am Ball vorbei, Boateng kommt nicht ins Kopfballduell gegen Milik. Der nickt dann ein.
53.: Bellarabi steckt in den Strafraum zu Götze durch. Der schüttelt vier Gegenspieler ab und schießt aus spitzem Winkel. Szczesny ist rechtzeitig unten.
55.: Schürrle zieht von der rechten Seite nach innen und schießt dann mit links auf lange Eck. Szczesny fliegt und pariert.
63.: Deutschland verlagert am Strafraum auf links zum freistehenden Durm, der jedoch Szczesny harmlos in die Arme schießt.
67.: Müller und Götze spielen Bellarabi im Strafraum frei. Aus acht Metern halblinker Position kommt aber nur ein harmloser Flachschuss dabei heraus. Szczesny hält.
73.: Kroos flankt eine Ecke von rechts hoch in den Strafraum, Hummels kommt aus sechs Metern bedrängt zum Kopfball, der Ball fliegt knapp neben das Tor.
79.: Bellarabi zieht wuchtig aus 18 Metern ab. Szczesny wehrt erneut stark ab.
81.: Latte! Podolski hämmert eine Direktabnahme aus zehn Metern halblinker Position an die Latte. Zuvor flankte Boateng aus dem Halbfeld zu Götze in den Strafraum, der per Kopf auf Podolski zurücklegte.
88., 2:0, Mila: Durm lässt sich im Duell mit Lewandowski abkochen, fordert Foul, während der Pole weiterspielt und auf den eingewechselten Mila in die Mitte passt. Der Joker schießt aus acht Metern ins linke Eck - die Polen rasten vor Freude aus.
Fazit: Deutschland scheitert an seiner schwachen Chancenverwertung, die Polen verteidigen und kontern sich leidenschaftlich zum historischen Erfolg gegen das Nachbarland.
Der Star des Spiels: Wojciech Szczesny. Technik ist nicht unbedingt seine Stärke, dafür aber bärenstark zwischen den Pfosten. Musste zwar keine absoluten Glanzparaden auspacken, fischte aber jede Flanke herunter und war auf der Linie herausragend.
Der Flop des Spiels: Erik Durm. Hätte freistehend für den Ausgleich sorgen müssen, war offensiv ansonsten keine Unterstützung. Defensiv zwar mit solidem Beginn, aber sehr zurückhaltend. Schwach sein Zweikampfverhalten vor dem 0:2.
Der Schiedsrichter: Pedro Proenca (Portugal) leitete die Begegnung sicher und lag mit seiner Linie richtig. Die persönlichen Strafen waren korrekt, ebenso wie beim Duell zwischen Lewandowski und Rüdiger nicht auf Foul und Strafstoß für Polen zu entscheiden (16.).
Das fiel auf:
- Polen konnte die ersten 25 Minuten ausgeglichen gestalten, gewann in der Anfangsphase auch etwas mehr Zweikämpfe. Die Partie da noch relativ unruhig und zerfahren. Deutschland suchte den Zugang zum Spiel, das Vertikalspiel fiel zu unbeständig aus.
- Die DFB-Elf kam danach immer besser ins Spiel und erarbeitete sich ein klares Übergewicht. Aufgrund der schwachen Umschaltbewegung in die Defensive entblößten die Polen teils große Räume für Konter. Diese spielten die Deutschen aber nicht immer klug und vor allem auch zu unpräzise aus.
- Offensiv hatten die Gastgeber nur wenig zu bieten. Zwar rückten die Polen ordentlich nach, doch den beiden Stürmern fehlte es letztlich an Unterstützung von den Flügeln.
- Umso überraschender kam die herausgekonterte Führung, die die Intensität der Partie veränderte. Deutschland antwortete mit einigen wütenden Angriffen, die häufig von Götze eingeleitet wurden. Mehr als Einzelaktionen sprangen dann aber nicht dabei heraus.
- Mit der Führung im Rücken beschränkten sich die laufstarken Weißen Adler darauf, vielbeinig zu verteidigen. Da Deutschland nun höher stand, ergaben sich nach Ballgewinn auch einige Kontersituationen und damit Raum- sowie Zeitgewinne.
- An Kampfgeist, Einstellung und Moral mangelte es dem deutschen Team nicht, man erspielte sich reihenweise Abschlusssituationen. Strukturiert in den Rücken der Abwehr kam man aber zu selten - und wenn, dann scheiterte man am überragenden Szczesny.
Polen -Deutschland: Daten zum Spiel