Karim Adeyemi kam nach seinem Traum-Debüt gegen Armenien nicht mehr aus dem Grinsen heraus.
"Ich bin immer noch geflasht", sagte der DFB-Newcomer. Von der Tatsache, mit so "tollen Spielern" wie seinem Idol Serge Gnabry auf dem Platz stehen zu dürfen. Und natürlich von seinem Tor zum 6:0-Endstand. Einem besonderen Tor - dem ersten unter dem neuen Bundestrainer Hansi Flick sowie dem ersten für die deutsche Nationalmannschaft durch einen Spieler, der in diesem Jahrtausend geboren ist.
Der Profi von Red Bull Salzburg darf sich mit 19 Jahren und 230 Tagen obendrein als jüngster Torschütze seit Mario Götze bezeichnen. Götze hatte im Jahr 2011 seinen ersten DFB-Treffer im Alter von 19 Jahren und 91 Tagen gegen Österreich erzielt.
DFB-Team: Flick schwärmt von "Vollstrecker" Adeyemi
"Karim hat gezeigt, was er auch in Salzburg zu Beginn dieser Runde gezeigt hat: Dass er im Strafraum ein guter Vollstrecker ist und sehr selbstbewusst agiert", lobte Flick den Neuling, der nach den ersten sechs Ligapsielen in Österreich bei sechs Toren steht. "Vor ihm liegt noch viel Arbeit, aber er macht seine Sache sehr gut - wie alle jungen Spieler."
Adeyemi ist nach Jamal Musiala und Florian Wirtz das nächste verheißungsvolle Offensivtalent, auf das sich der deutsche Fußball in naher und ferner Zukunft freuen darf. Die wichtigsten Ausbildungsjahre verbrachte der sowohl im Sturmzentrum als auch auf den Außenbahnen einsetzbare Linksfuß bei SpVgg Unterhaching, nachdem der FC Bayern ihn nach zwei Spielzeiten bei den E-Junioren weggeschickt hatte. Wie es dazu kam, verriet Adeyemi im April 2020 im Interview mit SPOX und Goal.
Adeyemi: FC Bayern? "Nicht mehr so gut verstanden"
"Beim FC Bayern hat man schnell gemerkt, dass es einen genauen Plan gibt", sagte er. "Wenn man als Spieler diesbezüglich aus der Reihe tanzte oder sich nicht an diesen Plan hielt, erfuhr man meistens eher wenig Unterstützung. Ich glaube nicht, dass der Verein auf Spieler setzt, die in der Offensive machen, was sie wollen."
Sportliche Gründe hätten letztlich nicht den Ausschlag für die Trennung gegeben. Adeyemi gab offen zu: "Es hat einfach nicht mehr gepasst mit Bayern. Wir haben uns nicht mehr so gut verstanden. Auch zwischen meinen Eltern und dem damaligen Sportdirektor war das Verhältnis nicht mehr so, wie es sein sollte." Groll gegen seinen Ex-Klub hege er allerdings nicht: "Das ist Schnee von gestern."
Unterhaching-Präsident: Adeyemi war "ein kleiner Lausbub"
Über den TSV Forstenried ging es nach Unterhaching, wo er bis zu seinem Wechsel nach Salzburg 2018 sechs Jahre verbringen und mit der Unterstützung von Präsident Manfred Schwabl auch menschlich reifen sollte. "Karim war ein kleiner Lausbub. Wir musste ihn ein wenig zurechtbiegen, was die Schule angig. Dass er dort pünktlich ankam, alles dabei hatte", erinnert sich Schwabl im Gespräch mit SPOX und Goal zurück. "Es geht halt nicht, wenn du deinen Zirkel vergisst und dann sagst, deine Lehrer seien ungerecht, wenn du den Test nicht mitschreiben kannst. Karim hat das von Zeit zu Zeit aber immer mehr verinnerlicht und sich sehr gut entwickelt."
Auch dank der Unterstützung von Mama Alexandra und Papa Abbey. Mit ihnen zog er damals ins Jugendhaus der SpVgg. Dort lernte er "kochen, waschen, putzen und all' die Dinge, die es braucht, um am Ende erfolgreich sein zu können", wie Alexandra der Bild verriet. Noch heute schaut er in seiner Freizeit häufig im eineinhalb Autostunden entfernten Unterhaching vorbei, seine Eltern arbeiten für den Verein.
Adeyemi-Wechsel? "Dann wird es im Frühjahr interessant"
Aus diesem Grund verfolgte auch der Haching-Boss die filmreife DFB-Premiere des Salzburger Profis von der Tribüne der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena aus. Nach dem Spiel lief Adeyemi freudig zu den Rängen, überreichte seinen Eltern zwei Trikots und unterhielt sich kurz mit Schwabl.
"Es war ein Gänsehaut-Moment, den Jungen im Deutschland-Trikot spielen zu sehen. Seine Entwicklung in letzter Zeit kommt einem kleinen Märchen gleich. Wir sind als gesamter Verein sehr stolz auf Karim", sagt Schwabl. Das Tor sei "natürlich die Krönung" gewesen. "Ich habe ihm danach gratuliert, aber auch gesagt: 'Bleib auf dem Boden, Junge!' Das ist so wichtig. Er ist erst am Anfang seiner Karriere."
Eine Karriere, die Adeyemi wohl nicht mehr allzu lange in Salzburg verbringen wird. Sein Vertrag läuft bis 2024. Es ist kein Geheimnis, dass bereits einige Bundesligisten auf Adeyemi aufmerksam geworden sind und seine Entwicklung beobachten - darunter auch sein Ex-Klub Bayern.
Was würde Schwabl, einst selbst Profi beim deutschen Rekordmeister, ihm raten? "Man sollte nie den übernächsten Schritt vor dem nächsten Schritt machen. Als Karim 16 war, wollten ihn einige große Vereine aus England. Da waren wir uns alle aber nicht so sicher, ob das funktioniert hätte. Also entschied er sich für Salzburg. Das ist genau die richtige Station, die Nähe zu seiner Heimat und seiner Familie tut ihm gut. Salzburg ist auch sicher kein Verein, der guten Spielern bei passenden Angeboten Steine in den Weg legt. Wenn Karim so weitermacht, würde ich sagen, wird es ab dem Frühjahr interessant. Nach oben hat er kein Limit."