Timo Werner weiß, was ihn erwartet. "Ich freue mich auf Stuttgart", sagte der Nationalstürmer vor der Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte am Montag zum WM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen, "auch wenn da irgendwelche Pfiffe kommen, das ist mir relativ egal. Ich spiele mein Spiel."
Und das tut das einstige Stuttgarter "Wunderkind" inzwischen so erfolgreich, dass er im Team des Weltmeisters zum Stürmer Nummer eins aufgestiegen ist. Bundestrainer Joachim Löw wollte sich zwar auch nach dem 2:1 (1:0) gegen Tschechien nicht auf eine Hierarchie im Sturm festlegen. Das musste er aber gar nicht: Dass er dort auf das Confed-Cup-Duo aus Spitze Werner und Wusler Lars Stindl setzte, sprach Bände.
Vor Werners erstem Auftritt in Stuttgart als Profi von RB Leipzig appellierte Löw außerdem noch einmal eindringlich an die Fans in der ausverkauften Stuttgarter Mercedes-Benz Arena, die "oberpeinlichen" Pöbeleien gegen seinen Stürmer Nummer eins tunlichst zu unterlassen. "Das ist nicht fair, schon gar nicht mehr lustig", sagte Löw. Werner spiele "mit größter Freude und Leidenschaft für Deutschland", deshalb erwarte er, Löw, einen "fairen Umgang".
Werner zahlt Vertrauen zurück
Werner zahlte das Vertrauen bereits in Prag mit dem wichtigen Führungstreffer zurück (4.). Löw lobte, der 21-Jährige, bei der Mini-WM wie Finaltorschütze Stindl dreimal erfolgreich, habe sich als einziger Offensiver an seine taktische Marschroute gehalten. Dass die Mannschaft in der zweiten Halbzeit Probleme hatte, habe auch daran gelegen, dass aus der Angriffsreihe "alle entgegenkamen - bis auf Timo Werner, der als Einziger in die Tiefe ging".
Genau das ist die Qualität, die Werner anderen Kandidaten wie Mario Gomez oder dem diesmal nicht berufenen Sandro Wagner voraus hat, die als klassische Brechertypen eher über ihre Körperlichkeit kommen. Teammanager Oliver Bierhoff betonte gleichwohl, Löw habe "Vertrauen in alle Stürmer. Wir haben verschiedene Varianten und Kombinationen. Wichtig ist nur immer, dass die Paare zusammenpassen."
Wie Werner musste auch Gomez über Jahre mit Anfeindungen leben, es hat ihn demütiger gemacht. Er sei "nicht enttäuscht, überhaupt nicht", sagte er über seine neue Reservistenrolle. Dennoch sei er "immer gerne bei der Nationalmannschaft, egal, ob ich spiele oder nicht. Wenn ich gebraucht werde, bin ich da, wenn nicht, dann nicht."
Wird er in Stuttgart gebraucht? "Mario macht einen guten Eindruck, ist körperlich in einer guten Verfassung", sagte Löw, "er hat seine Qualitäten, die die wir schätzen." Eine Einsatzgarantie wollte er dem ehemaligen Stuttgarter allerdings nicht geben. Auch Gomez meinte, "die (anderen) haben es gut gemacht".
Vor allem Werner. "Stammplätze", sagte der jedoch, "gibt es noch lange nicht, vor allem nicht für mich. Ich muss noch darum, kämpfen."
Das aber hat er längst gelernt. Der Fußball, hat er der Süddeutschen Zeitung gesagt, sei "eine Neidgesellschaft". Und nicht jeder gönnt einem jungen Kerl von RB Leipzig den Status als Deutschlands Stürmer Nummer eins.