SPOX: Herr Volland, Sie haben beim FC Thalhofen das Fußballspielen erlernt. Da wird momentan in der Kreisliga Allgäu gespielt. Wie sieht denn Ihr Kontakt nach Hause aus?
Kevin Volland: Das ist mein Heimatverein, mit dem ich natürlich sehr viele gute Erinnerungen verbinde. Immer wenn ich zu Hause bin und auch genügend Zeit habe, schaue ich auf dem Sportplatz vorbei und gucke mir einen Kick an. Es geht dort immer noch sehr familiär zu, jeder kennt jeden und es laufen eine Menge Kumpels von früher herum. Dazu spielt mein Bruder in der ersten Mannschaft und der Freund meiner Mutter ist der Abteilungsleiter. Ich versuche, alle zwei Wochen einmal dort zu sein und klappere dann alles ab.
SPOX: Unterstützen Sie den Verein auch so wie es etwa Lukas Podolski mit dem FC Bergheim 2000 tut?
Volland: Gewissermaßen ja. Thalhofen hat einen Bonus bekommen, weil ich es als Jugendspieler bis in die Bundesliga geschafft habe. Dazu spendiere ich hin und wieder Dinge wie beispielsweise neue Bälle oder andere Trainingsutensilien. Für ein Kevin-Volland-Stadion nach Poldis Vorbild reicht es aber noch nicht, dazu müssten die erst noch ein paar Mal aufsteigen (lacht).
SPOX: Beim Thema Aufstieg landet man direkt bei Ihrem Ex-Klub 1860 München. Sie sind dort 2010/2011 nach ein paar Spielen bei der zweiten Mannschaft gleich zu den Profis hochgezogen worden. Das macht ja nicht unbedingt jeder Trainer so. War dieses Schnellverfahren damals auch etwas der finanziellen Situation geschuldet?
Volland: Der 1992er-Jahrgang bei den Löwen war richtig stark, grundsätzlich ist die Jugendarbeit bei 1860 ja auch wirklich gut. Ich habe bei den Amateuren einen tollen Einstand erwischt und in zwei Spielen vier oder fünf Tore geschossen. Nebenbei durfte ich die Vorbereitung bei den Profis absolvieren, so dass es dann gar keine Sensation mehr war, als ich dauerhaft oben mitmachen sollte. Ab da ging das dann seinen gewohnten Gang. Ich habe ja zunächst noch selten gespielt und wurde ganz normal herangeführt. Das hatte also nicht viel mit der Finanzlage des Vereins zu tun.
SPOX: War dieser Weg im Nachhinein gesehen ausschließlich optimal oder hätten Sie sich vielleicht auch etwas mehr Anlaufzeit gewünscht?
Volland: Es ging auf jeden Fall ziemlich schnell. Ich fand das damals aber absolut in Ordnung, das erste halbe Jahr gab es ja auch nur Kurzeinsätze für mich. Das ganz kalte Wasser war das damals also nicht unbedingt (lacht). Ich habe mich dann zügig an die 2. Liga gewöhnt und stand in der Rückrunde bei fast allen Partien auf dem Feld. Deshalb gab es da auch nichts für mich zu meckern.
SPOX: Wie sah Ihre Ausbildung im Nachwuchsleistungszentrum der Löwen aus: Hat man Sie gleich im Sturm spezialisiert oder war es wie bei vielen anderen auch, dass es im Mittelfeld losging und Sie von dieser Basis aus spezialisiert wurden?
Volland: Ich habe in der U 16 bei 1860 noch im linken Mittelfeld gespielt. Als wir dann in den Folgejahren in der Jugend-Bundesliga spielten, bin ich in den Sturm gerückt und habe zusammen mit meinem Kumpel Markus Ziereis vorne drin gekickt. Da war ich nicht der klassische Angreifer, sondern habe mehr um ihn herum gespielt. So fing das an.
SPOX: Mittlerweile sind Sie nicht mehr dem klassischen Stürmertypus zuzuordnen, sondern vielmehr ein variabler und defensivstarker Außenspieler mit allen Freiheiten nach vorne. Ist das jetzt, wo solche Spielertypen gefragt sind, genau die richtige Zeit für einen wie Sie?
Volland: Seit ich professionell Fußball spiele, kann ich auch auf unterschiedlichen Positionen im Angriff auflaufen. Sei es ganz vorne drin, hinter der Spitze oder auf den Außenbahnen. Ich fühle mich derzeit auf der rechten Seite sehr wohl, das war vor der Saison eigentlich noch nicht der Fall. Markus Gisdol hat mich da aber behutsam hingeführt und nach und nach mein Aufgabengebiet vergrößert. Unter dem Strich ist diese Flexibilität mittlerweile natürlich schon ein gutes Argument.
SPOX: Hinzu kommt Ihre Mannschaftsdienlichkeit. Normalweise ist ein Stürmer eher egoman veranlagt.
Volland: Es liegt wohl einfach in meinem Naturell, dass ich mich relativ leicht für meine Mannschaft zerreißen kann. Das kenne ich auch von früher gar nicht anders. Wenn ein Mitspieler besser steht, obwohl auch ich schießen könnte, dann spiele ich ab - das habe ich irgendwie als Grundsatz verinnerlicht. Und für Assistgeber gibt es ja auch schon eigene Tabellen (lacht). Ich habe aber andererseits auch gemerkt, dass es Situationen geben kann, in denen man egoistischer sein sollte. Vor allem in der Bundesliga finde ich da derzeit einen ganz ordentlichen Mix.
SPOX: Sie haben in den letzten Monaten noch einmal einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Wie weit sehen Sie sich derzeit?
Volland: Ich bin 21 Jahre alt, stecke also noch voll in der Entwicklung. Alles andere wäre auch eine Katastrophe, ich habe ja den Anspruch, noch viel besser zu werden. Natürlich habe ich registriert, dass es bergauf ging. Nur muss ich jetzt eben nicht nur die Leistungen bestätigen, sondern nebenbei auch die Schwächen ausmerzen sowie die Stärken weiter verbessern. Das ist sozusagen der aktuelle Stand.
SPOX: Ist Markus Gisdol in Bezug auf Ihre Entwicklung nach dem Chaos in Hoffenheim der ideale Trainer für Sie?
Volland: Die Art und Weise, wie wir spielen wollen, passt sehr gut zu mir. Er ist auf jeden Fall ein Glücksgriff für den Verein. Er hat viel dazu beigetragen, dass einige Dinge innerhalb des Klubs im Sinne einer höheren Effizienz umstrukturiert wurden. Das Mannschaftsklima ist ein ganz anderes als noch zu Großteilen der letzten Saison. Die Vorbereitungsphase hat uns sehr gut getan, wir kommen wunderbar miteinander aus. Ich fühle mich in unserem Gebilde wirklich wohl.
SPOX: Hoffenheim stellt die jüngste Mannschaft der Bundesliga, Gisdol hat das zuletzt brachgelegene Potential wieder aktivieren können. Halten Sie den Einzug ins europäische Geschäft für realistisch?
Volland: Das ist nicht unser Thema. Schauen Sie sich an, wo wir herkommen. Wir haben im Vorjahr auf den letzten Drücker noch die Kurve gekriegt. Daher kann das Ziel nur lauten, diese Saison einfach besser abzuschneiden als letztes Jahr. Ob darüber hinaus etwas geht, kann ich hier und heute nicht beurteilen. Es liegt aber einzig an uns.
SPOX: Zum "uns" gehören eigentlich auch die Spieler, die bis vor kurzem in der nun aufgelösten Trainingsgruppe 2 trainierten. Gab es eigentlich einen regelmäßigen Austausch mit den Kollegen?
Volland: Die Trainingsgruppe 2 war komplett weg vom Rest des Kaders und hat im Dietmar-Hopp-Stadion trainiert. Durch die Distanz zum Trainingszentrum in Zuzenhausen hatten wir fast gar keinen Kontakt. Man ist sich nur selten über den Weg gelaufen. Auf privater Ebene war das eine andere Geschichte, das waren immerhin unsere Mannschaftskameraden.
SPOX: Am Dienstag bestreitet die U 21 in Kassel das vierte EM-Qualifikationsmatch gegen die Färöer. Bislang wurden unter Horst Hrubesch alle Spiele gewonnen. Worin bestehen die Unterschiede zwischen dem neuen Coach und seinem Vorgänger Rainer Adrion?
Volland: Man kann immer Unterschiede zwischen einzelnen Trainern feststellen. Es ist aber wohl nur selten so, dass sich die Trainer gravierend voneinander unterscheiden. Horst Hrubesch fordert viel ein, kann uns auch aufgrund seiner großen Erfahrung viele kleine Tipps mit auf den Weg geben. Es macht richtig Spaß, die Truppe ist ein cooler Haufen.
SPOX: Den Sie nun als Kapitän aufs Feld führen. Welche Ansage haben Sie von Hrubesch bezüglich des neuen Amts mit auf den Weg bekommen?
Volland: Ich bin dazu aufgerufen, regelmäßig Kommandos zu geben und auch Dinge zu regeln, die das Innere der Mannschaft betreffen. Ich gehöre jetzt zu den erfahrensten Spielern, daher wird das schon auch auf natürliche Art und Weise von mir gefordert. Vor ein paar Monaten war ich noch einer der Jüngsten, die mit zur EM reisen durften. Die Erwartungshaltung ist deutlich gestiegen, das ist aber auch in Ordnung so.
SPOX: War Ihnen klar, dass Sie diese Rolle ohne Anlaufschwierigkeiten ausfüllen können?
Volland: Ich war bereits einmal in der U 19 bei 1860 Kapitän, aber es ist auf diesem Niveau jetzt schon etwas Neues für mich. Bis vor kurzem waren diese Dinge ja noch nicht mein Job. Ich hoffe daher, dass ich da mit der Zeit ganz klassisch reinwachsen werde. Von heute auf morgen geht das nicht.
SPOX: Apropos morgen: Es sind noch neun Monate bis zur WM 2014. Gladbachs Max Kruse hat es schon fast auf den WM-Zug geschafft. Haben Sie für sich persönlich noch vage Hoffnungen?
Volland: Ich antworte da jetzt so, wie ich die Frage in den letzten Wochen immer beantwortet habe: Ich will mich weiterentwickeln und habe dazu nun auch eine wichtige Rolle innerhalb der U 21 angenommen. Wir haben ganz klare Ziele. Das sind die EM 2015 und Olympia - die möchte ich eindeutig mit dieser Mannschaft spielen. Das sind absolut geile Events, bei denen ich unbedingt dabei sein möchte. Es ist einfach schwer, seriös in die Zukunft zu gucken. Ich will mich nicht aus dem Fenster lehnen, sondern hoffe vielmehr, dass ich den aktuellen Schwung auch in die nächsten Wochen und Monate mitnehmen kann.
Kevin Volland im Steckbrief