Luis Enrique ist eigentlich kein Mensch, der seine Emotionen offen präsentiert. Ganz selten geht es jedoch doch durch mit dem Asturier. Während der Pleite in Turin fluchte er, schrie er und kommandierte phasenweise wie wild an der Seitenlinie Spieler vor und zurück.
Eigentlich nicht seine Art. Das bewies die Marca am Morgen danach und lieferte einen Zusammenschnitt des Ärgers von Enrique im Laufe des nächsten Debakels in einem K.o.-Spiel der Champions League. Als "monumental" wird der Ärger des Trainers dort beworben.
Verflogen war der monumentale Ärger auch einige Zeit nach dem Spiel noch nicht. Enrique, sonst bekannt für detaillierte und kaum greifbare Analysen direkt nach Abpfiff, hatte sichtlich Wut im Bauch, als er durch die Mixed Zone des Juventus Stadium stapfte. "Es kam mir vor wie der dritte Teil von Paris gegen Barca", fluchte er.
Enrique nimmt Spieler in Verantwortung
In einer selten dagewesenen Schimpftirade verlor er kurz seinen sonst stets verfolgten roten Faden: Die Spieler waren es nicht, alles die Schuld des Trainers. Dieses Mal griff der Automatismus jedoch nicht: "Die Intensität muss besser sein. In der Champions League gegen einen Rivalen wie Juventus Turin darf man nicht so auftreten."
0:3. Das klingt hart und ist hart. Eine erneute Aufholjagd wie gegen Paris scheint unwahrscheinlich gegen dieses abgezockte und so erfahrene Juventus. "Das ist sehr ernst und sehr traurig. In der ersten Hälfte waren wir wirkungslos. In der zweiten immer noch nicht auf der Höhe. Das ist ein sehr harter Moment", gab Enrique an.
Barcelona vergab seine Chancen ungewohnt leichtfertig, während Juventus mit klarer Spielanlage immer wieder in den gefährlichen Rückraum kommen und von dort abschließen konnte. Nach Expected Goals hätte die Blaugrana das Spiel gar gewinnen müssen - 0.92 zu 1.28.
Erst Malaga, dann Juventus
Doch was helfen derartige Statistiken, wenn am Ende ein 0:3 steht? Nicht viel. "Völlig egal, ob ich das Ergebnis als gerecht ansehe oder nicht...", begann Enrique einen seiner Erklärungsversuche. Heute, so Enrique, wolle er nicht von einer Remontada sprechen, daran hätte er keinen Spaß.
Die Ausdrucksweise zeigt, dass er derzeit ohnehin nicht viel Spaß hat. Neben dem 0:3 steht auch das 0:2 gegen Malaga vom Wochenende. Enrique schonte und beging zum wiederholten Male einen entscheidenden Fehler. Er unterschätzte ein Mittelfeldteam aus der heimischen Liga.
Nach dem Unentschieden Real Madrids gegen Atletico Madrid war der Weg frei, mit den Königlichen vorerst punktgleich zu ziehen, doch ohne Gerard Pique, Andres Iniesta, Ivan Rakitic oder Sergi Roberto blieb sein Team wirkungslos. Das Schonen wurde nicht belohnt.
Zu viele kleine Probleme
Innerhalb von wenigen Tagen könnten Barcelona so zwei Titel durch die Hände geglitten sein. Obendrein kommt die Sperre für Neymar, der den Clasico verpassen wird. "Das Urteil überrascht mich nicht", lieferte Enrique neues Feuer im Tenor, der Ligaverband würde die Königlichen bevorzugen.
Momentan exisitieren zu viele Ungereimtheiten bei den Katalanen. Aus dem 3-4-3 wurde zur Pause gegen Juventus ein 4-3-3. Gegen die Turiner verweigerte sich Enrique einem zweiten oder gar dritten Wechsel. Er brachte schlicht Andre Gomes, der von den mitgereisten Barca-Fans mit Pfiffen empfangen wurde.
Ein eigentlicher Leistungsträger wie Jordi Alba ist aufgrund einer Systemumstellung, die sich eigentlich auf die Schwachstelle auf der gegenüberliegenden rechten Seite bezog, ohne Zutragen auf die Bank verbannt worden. Ungereimtheiten, die für ein Ausscheiden im Viertelfinale sprechen. Aber schon vor der Remontada 1.0 sagt man gerne: Wer, wenn nicht Barcelona?
Juventus - Barcelona: Die Statistik zum Spiel