Harry Winks von Tottenham vor CL-Duell mit ManCity: Unsichtbare Macht

Spielt schon sein ganzes Leben lang für Tottenham: Shootingstar Harry Winks.
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In der vergangene Saison war Harry Winks einer der Shootingstars bei Tottenham, doch dann wurde ihm eine schwere Knöchelverletzung zum Verhängnis. Nach der langen Pause knüpfte er aber an die starken Leistungen an und ist mittlerweile kaum mehr zu ersetzen. Im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Manchester City (ab 21 Uhr im LIVETICKER) droht Winks jedoch auszufallen. Das wäre für die Lilywhites eine Hiobsbotschaft.

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Als Harry Winks "sechs oder sieben" Jahre alt war, pilgerte er mit Vater Gary zum ersten Mal zur White Hart Lane. Zumindest seiner Erinnerung nach war es das erste Mal, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon zwei Jahre in der Jugend der Lilywhites gespielt hatte. Das Erlebnis von damals hat sich dennoch eingebrannt in das Gedächtnis des mittlerweile 23-jährigen Mittelfeldspielers.

Er habe all die Gesänge im Stadion bis heute genau im Kopf, erzählte er dem Guardian, und habe damals nur eines gedacht: "Wow!" Besonders angetan hatte es Winks die Einlaufmusik. "Ich glaube die ist von Star Wars und ich liebe sie einfach", sagt er. Die Nackenhaare hätten sich ihm immer aufgestellt, wenn er mit seinem Vater auf der Tribüne stand.

Fan ist Winks immer geblieben, genauso wie er immer Spieler der Spurs war. Doch mittlerweile ist er weitaus mehr für die Spurs. Nämlich ein Mittelfeldmotor. Einer mit viel Übersicht, raumgreifenden Pässen, hervorragendem Spielverständnis und gutem Stellungsspiel. Einer, der seine Arbeit im Verborgenen verrichtet und nur selten als Vollstrecker auftritt.

Als "unsichtbare Macht" bezeichnete ihn der Guardian daher erst kürzlich und bediente sich damit - ob wissentlich oder zufällig - dem zentralen Thema jener Filmreihe, deren Lieder Winks so gerne hört. Auch dort ist diese ominöse Macht unsichtbar, durchfließt aber alles und jeden und verleiht guten Jedi-Meistern und bösen Sith-Lords unmenschliche Kräfte.

Glücksmomente: Danny Rose gratuliert Harry Winks zu seinem Siegtreffer in der Nachspielzeit gegen Fulham im Januar 2019.
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Glücksmomente: Danny Rose gratuliert Harry Winks zu seinem Siegtreffer in der Nachspielzeit gegen Fulham im Januar 2019.

Harry Winks wird zum Spurs-Shootingstar: Der englische Xavi

Nun ist es natürlich nicht so, dass Winks besonders hoch springen, Gegenstände mit einer Handbewegung wegschleudern oder gar Leute mit dem bloßen Griff ins Nichts würgen könnte. Doch die Macht der Spielkontrolle, dem Gefühl für das Spieltempo, ist offenbar stark in ihm.

Das sagt auch Mauricio Pochettino, wenngleich er sich natürlich anderer Vergleiche bedient. "Er hat perfekte Eigenschaften, um so zu werden wie Xavi oder Andres Iniesta", sagte der Spurs-Trainer im September des vergangenen Jahres. Dafür müsse er aber natürlich noch hart arbeiten. "Ich will ihn nicht zu sehr anpreisen, ansonsten steigt ihm das noch zu Kopf", sagte Pochettino.

Doch es fällt schwer zu glauben, dass der zentrale Mittelfeldspieler mit der besten Passquote aller Spurs-Spieler in dieser Saison (91,79 Prozent) abheben könnte. Zu sympathisch wirkt der schmächtige (68 Kilogramm) und mit 1,78 Metern nicht ganz so große Winks zuweilen in Interviews. So wie bei einem gemeinsamen Dreh mit Dele Alli und der UEFA im Dezember 2018 zum Beispiel.

Auch wenn sich die Frage nach der Bodenhaftung von Winks erst in den kommenden Jahren endgültig beantworten lässt, so ist er eines ganz sicher: nämlich zielstrebig und bestimmt. Denn im Sommer vor knapp drei Jahren stand Winks bei den Spurs an einem Scheideweg.

Winks und sein Startelf-Debüt für Tottenham: Brot und Butter

"Ich wollte einfach spielen", erinnert er sich. Bis dahin hatte er dazu bei den Profis kaum Gelegenheit bekommen und die Startelf war sowieso erstmal ganz aus dem Blickfeld verschwunden. Doch statt auf eine Leihe zu drängen, blieb er auf Anraten Pochettinos und sollte es nicht bereuen.

Am dritten Spieltag wurde er erstmals eingewechselt, am zwölften durfte er beginnen und erzielte direkt sein erstes Tor. Gegen West Ham United traf Winks zum zwischenzeitlichen Ausgleich per Abstauber. Ein "Bread-and-Butter"-Finish, wie Winks es formulierte - zu deutsch: ein Tor aus der Kategorie "Hundertprozenter".

Am nächsten Tag marschierte Winks dennoch in das Büro seines Trainers, erzählte Pochettino später, und sagte ihm: "Danke! Aber das ist nur der Anfang." Drei Monate und etliche Einsätze später verlängerte Winks seinen Vertrag bis 2022. Sogar sein Nationalmannschaftsdebüt gab er in dieser Zeit, in der es stetig bergauf für den Shootingstar zu gehen schien.

Doch dann kam kam dieser verhängnisvolle Nachmittag in Burnley, als sich Winks so schwer am Knöchel verletzte, dass er aufgrund der Gefahr eines Kreislaufzusammenbruchs sogar beatmet werden musste. Im Mai unterzog er sich einer Operation, die Weltmeisterschaft in Russland war da schon längst kein Thema mehr.

Harry Winks bei Tottenham: Sieggarant für die Zukunft

Doch davon hat Winks sich erholt. Besonders in Champions-League-Spielen ist er unter Pochettino kaum aus der Startelf wegzudenken. Da verlässt sich der Spurs-Trainer nämlich lieber auf Winks' Fähigkeiten im Aufbauspiel und bei der Lösung von Situationen mit Gegnerdruck als auf den physisch zwar stärkeren, aber im Passspiel wesentlich unsicheren Victor Wanyama.

Doch am Mittwoch, wenn die Lilywhites im Etihad Stadium gegen Manchester City antreten (ab 21 Uhr im LIVETICKER) und um den Einzug ins erste Champions-League-Halbfinale der Klubhistorie kämpfen, wird Pochettino ausgerechnet auf seinen Königsklassen-Motor möglicherweise verzichten müssen.

Eine Leistenverletzung setzt Winks seit Anfang März zu. In der Liga wird er seitdem geschont, aber in der Champions League muss er spielen. Das war im Hinspiel gegen die Citizens (1:0) und auch im Achtelfinalrückspiel gegen Borussia Dortmund (1:0) so. Mit ihm sieht Pochettino gerade in diesen Spielen eine größere Chance, zu gewinnen. Das bestätigen auch die Statistiken: Mit Winks und trotz seiner ausbaufähigen Zweikampfquote (44 Prozent) gehen die Spurs in fast 70 Prozent der Fälle als Sieger vom Platz. Ohne ihn sind es lediglich 57 Prozent.

Auch deshalb hat Tottenham Winks - zu diesem Zeitpunkt noch im Krankenstand - einen neuen Fünfjahresvertrag vorgelegt, den der Spurs-Fan- und Spieler prompt unterschrieb. Vielleicht, um noch ein paar Mal öfter die Klänge von "Duel at the Fates" beim Einlauf in das nagelneue Stadion zu hören. Dem Star-Wars-Lied, bei dem ihm sich immer die Nackenhaare aufgestellt hätten. Ganz sicher aber, weil die Spurs ihm damit zeigten, dass seine Macht über das Spiel nicht mehr ganz so unsichtbar ist.

Tottenham Hotspur: Statistik mit und ohne Harry Winks

Mit Harry WinksStatistikOhne Harry Winks
26Spiele7
18Siege4
0Unentschieden1
8Niederlagen2
52Tore12
2,0Tore pro Spiel1,7
27Gegentore7
1,0Gegentore pro Spiel1,0
69,7 ProzentSiegquote57,1 Prozent
2,1Punkte pro Spiel1,9

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