Fünfmal hat der FC Barcelona nun gegen PSG in der Königsklasse gespielt. Die Bilanz ist die eines Angstgegners. Zwei Niederlagen und drei Unentschieden sind es, die die Katalanen bisher verbuchen müssen. Enrique hatte vor dem Spiel bereits gewarnt vor den spielstarken Franzosen. Die "Champions League gewinnen" könnten sie, auf einer Ebene mit der eigenen Mannschaft wäre das Team von Laurent Blanc.
Enrique sollte Recht behalten - auch wenn er es sich wohl anders gewünscht hätte. Am Ende reichten den Gastgeber ein Freistoß, ein Eckball und eine Flanke aus, um das zu tun, was bisher keine Mannschaft in dieser Saison geschafft hatte: Gegen den FC Barcelona zu treffen. 17:0 Tore sind es in der Liga, die Defensive rund um Neuzugang Jeremy Mathieu wirkt gefestigt, wenn auch nicht komplett fehlerfrei.
"Die Schuld liegt beim Trainer"
In Frankreich wurden jedoch alte Wunden wieder aufgerissen. Die Schwäche bei Standards und bei hohen Bällen, die teils kopflos agierenden Außenverteidiger, die ihre Nebenmänner ein ums andere Mal in Bedrängnis bringen. Es sind Tatsachen, über die sich nicht hinwegsehen lässt. "Es wurden individuelle Fehler gemacht, die wir jetzt analysieren müssen", bewertete Enrique die Patzer seiner Hintermannschaft gewohnt entspannt.
Marc-Andre ter Stegen will er keinen Vorwurf machen. Der Torwart wurde erneut Objekt der Torwartrotation in der Champions League und zeigte eine ausbaufähige Leistung. "Wenn du verlierst, liegt die Schuld immer beim Team und damit beim Trainer", schob Enrique anschließend an die Partie allen Vorwürfen gegenüber dem jungen Keeper einen Riegel vor.
Wirklich verantwortlich war der Deutsche ohnehin nur für einen Gegentreffer. Der 1,65 Meter große Marco Verratti erzielte nach einer Ecke die erneute Führung für PSG, ter Stegen sprang vorbei. Für die beiden anderen Gegentreffer muss Enrique tiefer forschen und auch in die Amtszeiten seiner Vorgänger blicken.
Außenverteidiger-Frage bleibt ungeklärt
Denn Barcelona plagen die gleichen Probleme, die sich schon im letzten Jahr unter Guardiola einstellten und von Tito Vilanova und Gerardo Martino nur bedingt ausgebessert wurden. Die Balance geht dem Team noch ab auf höchstem Niveau. Die Außenverteidiger Dani Alves und Jordi Alba müssen hoch stehen, um dem Spiel Breite zu geben, damit die vordere Dreierreihe enger am Tor spielen kann.
Dies funktioniert nur auf Kosten der Defensive. In Barcelona hat Alves einiges an Kredit verspielt, der Brasilianer läuft seiner besten Zeit schon lange hinterher, das Gleiche scheint auch bei Alba Gestalt anzunehmen. Dass mit Adriano, Martin Montoya und Douglas gleich dreimal nur mittelmäßiger Ersatz bereit steht, machte der Spanier vor dem Spiel selbst klar.
Erst stand Montoya nicht im Kader für das Spiel in Paris, ehe sich Neuzugang Douglas verletzte. Montoya rückte nach, nur um dann aus dem 18-Mann-Kader gestrichen zu werden. Letztlich saß nur Adriano als Ersatz-Außenverteidiger auf der Bank und wurde trotz massiver Probleme seiner beiden Konkurrenten nicht eingewechselt.
Schon im Vorfeld der Saison hatte Enrique experimentiert. Marc Bartra als Außenverteidiger war nicht die gewünschte Lösung, Flügelstürmer Pedro offenbarte, dass sein Trainer ihn ebenfalls nach der Rolle als Wing-Back gefragt hatte.
"Ein Spiel der Fehler"
Enrique spricht das Thema indirekt an, wenn er sagt: "Fußball ist ein Spiel der Fehler. Heute konnte PSG unsere Fehler zu ihrem Vorteil ausnutzen." Wie der Trainer das Problem lösen will, wird sich in den nächsten Spielen zeigen: "Diese Niederlage macht für uns alles schwerer, zeigt aber auch, wie schwer diese Gruppe wirklich ist."
Um noch Gruppenerster zu werden - und vor allem gegen Paris im Rückspiel zu punkten - muss nun eine Steigerung her. Auch wenn Barcelona das defensiv vielleicht schlechteste Spiel dieser Saison zeigte, wurde doch auch in den Spielen zuvor die eine oder andere Schwäche offengelegt. Letztlich entschieden die Fehler in Barcelonas Hintermannschaft ein Spiel auf höchstem Niveau.
Messi kaschiert Sorgenkind Pedro
Denn offensiv ist Barca unter Enrique weiterhin kaum zu stoppen. Lionel Messi egalisierte mit dem 500. Treffer in Barcas Europapokalgeschichte den nächsten Torrekord, Neymar hat sich in einem Jahr deutlich weiterentwickelt in Sachen Kaltschnäuzigkeit und Torinstinkt. Einziges Sorgenkind ist und bleibt Pedro. Dem Spanier, einst als eiskalter Finisher von Guardiola in die erste Mannschaft geholt, fällt inzwischen die Unterstützer-Rolle zu.
Eine Rolle, in der der Nationalspieler nicht aufgeht. Viel Laufarbeit und Sprints, so wirkt es, lassen Pedro im Spiel hektisch agieren und bringen ihn aus dem Rhythmus. Tore sind selten geworden für Barcelona, anders dagegen in der Nationalmannschaft, in der er oft als einziger echter Stürmer auf dem Platz seine Fähigkeiten besser ausspielen kann. Der schnelle Aufstieg von Munir El Haddadi und Sandro aus der Jugend ist ein ähnliches Zeichen, wie bei der Außenverteidiger-Diskussion: Enrique hat seine ideale Lösung noch nicht gefunden.
Der Kader des FC Barcelona