Seit Mai 2011 ist in Paris nichts mehr, wie es einmal war. Damals war Paris Saint-Germain nicht nur sportlich (keine Meisterschaft seit 1994), sondern vor allem finanziell angeschlagen und suchte händeringend nach Investoren, welche den Schuldenberg würden tilgen können.
Diese fanden sich im Konglomerat QSI (Qatar Sport Investment), das für 70 Prozent der Anteile damals die verhältnismäßig geringe Summe von 30 Millionen löhnen musste. Ein Jahr später erwarb QSI auch noch die restlichen 30 Prozent. Da bestanden kaum noch Zweifel, dass die Gruppe um Präsident Nasser Al-Khelaifi es ernst meinte.
Denn schon im Sommer 2011 hatte der zuvor klamme Verein unter anderem 42 Millionen Euro für Javier Pastore (der bis dahin teuerste Ligue-1-Transfer überhaupt), 11,5 Millionen für Thiago Motta und elf weitere Millionen für Kevin Gameiro locker gemacht. Insgesamt investierte der Klub in dieser Saison 106,1 Millionen - bei Einnahmen von 9,4 Millionen Euro durch eigene Transfererlöse.
Kritik durch Rummenigge
In der Liga reichte es trotzdem nur zu Platz zwei. Also ging die Einkaufstour weiter: Einen Sommer später folgten zum Beispiel Thiago Silva (42 Millionen), Lucas (40), Ezequiel Lavezzi (knapp 29) und natürlich Zlatan Ibrahimovic, der zwar "nur" 21 Millionen kostete, dafür aber angeblich 15 Millionen Euro im Jahr einstreicht - eine Zahl, die bei Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge zu folgender Reaktion führte: "Wenn ich das Gehalt von Ibrahimovic sehe, wird mir schlecht."
Präsident Al-Khelaifi konterte den Münchner damals: "Wenn Herrn Rummenigge schlecht wird, kann er zum Doktor gehen? Ibrahimovic ist der beste Stürmer der Welt. Die Leute müssen verstehen, dass es uns hier nicht um Geld geht, sondern um unser Projekt. Und dafür brauchen wir Stars wie Ibrahimovic."
Es sollte nicht das einzige Mal bleiben, dass sich Rummenigge über das Transfergebaren der Pariser echauffieren sollte. Als eiserner Verfechter des Financial Fair Play zweifelte er schon mehrfach daran, dass bei PSG alles mit rechten Dingen zugehe: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Paris das Financial Fair Play einhält", so Rummenigge. Auch Arsene Wengers Bezeichnung "Das Manchester City Frankreichs" war mit Sicherheit nicht als Lob gemeint.
Das FFP ad absurdum geführt?
In der Tat sind die nackten Zahlen seit der QSI-Übernahme schwindelerregend einseitig. Rund 360 Millionen Euro an gezahlten Ablösesummen stehen beispielsweise nur etwa 20,5 Millionen an Einnahmen gegenüber, die Topverdiener in Frankreich stehen abgesehen von Radamel Falcao (AS Monaco) ohnehin alle in Paris unter Vertrag.
Das FFP soll ab der nächsten Saison europaweit durchgesetzt werden, allerdings hat sich PSG schon jetzt darauf vorbereitet: Anstatt das Geld wie am Anfang selbst in den Verein zu pumpen, hat man Ende 2013 eben einen neuen Sponsorendeal mit der Qatar Tourism Authority geschlossen, der im Jahr sage und schreibe 200 Millionen Euro in die Kassen spülen soll.
Damit wurde Paris effektiv zum ersten Verein, der von einem Staat gesponsert wird. Indem man den Klub zum "Botschafter Katars" erklärt hat, hofft man, an den Auflagen des Financial Fair Play vorbeizukommen, auch wenn eine abschließende Prüfung durch die UEFA noch aussteht. Zur Verdeutlichung: Paris nimmt dadurch mit Trikotwerbung etwa die achtfache Summe von Real Madrid ein.
Spaltung der Anhängerschaft
Es liegt in der Natur der Sache, dass der Klub mit seinen "Machenschaften" nicht überall auf Gegenliebe stößt. Zumal Al-Khelaifi die Rolle des bösen Wolfs auf dem Transfermarkt offenbar gern annimmt. Als kürzlich Gerüchte aufkamen, Manchester City sei an PSG-Spieler Blaise Matuidi interessiert, drohte er offen: "Falls sie einen unserer Spieler anfassen, gehen wir gegen sie vor. Dann werden wir ihre Spieler kontaktieren."
Auch die eigenen Fans sind gespalten. Da gibt es diejenigen, die im Sommer die erste Meisterschaft seit 19 Jahren bejubelten und die froh sind, dass Weltklassespieler wie Ibrahimovic oder Edinson Cavani (mit 65 Millionen Euro Ablöse mittlerweile der teuerste Ligue-1-Spieler) für ihren Verein auflaufen. Die durchschnittliche Auslastung des Prinzenparks ist seit der Übernahme die höchste der Liga, in dieser Saison sind es 99 Prozent.
Es gibt aber auch die alteingesessenen Fans, die Heimspiele im Parc des Princes mit der Parole "Der Park ist tot!" boykottieren oder die den QTA-Deal mit der Umdichtung des Vereinsslogans kommentierten: Aus "Paris est magique" wurde kurzerhand "Paris, c'est tragique." Die Änderung des Logos sorgte auch nicht eben für mehr Verständnis bei der traditionellen Anhängerschaft.
Auch die Kritik der Konkurrenz ist nicht schwer zu verstehen. Einen "Wer hat den längsten?"-Wettbewerb kann man in finanzieller Hinsicht nicht gewinnen und möglicherweise traf Al-Khelaifi durchaus einen wunden Punkt, als er kürzlich auf die Kritik reagierte: "Sind die Leute neidisch? Haben sie Angst? Ich brauche eine klare Ansage, um zu sehen, was sie genau wollen."
Man City überflügelt
Angst ist ein gutes Stichwort. Denn bei aller berechtigter oder unberechtigter Kritik haben die Pariser seit der QSI-Übernahme sportlich extrem viel richtig gemacht und drängen mit Macht in Richtung Weltspitze. Nach der Vizemeisterschaft im ersten Jahr reichte es 2013 bereits zur französischen Meisterschaft, auch in dieser Saison besetzt PSG wieder die Pole Position.
Auch in der Champions League war man im letzten Jahr bereits kurz davor, den FC Barcelona rauszuwerfen und scheiterte nach zwei Unentschieden (2:2 und 1:1) nur an der Auswärtstorregelung. 2013/14 wurde die Gruppenphase abermals dominiert, gegen Bayer Leverkusen soll nun der nächste Schritt Richtung Champions-League-Gewinn gemacht werden.
Mit den Erfolgen auf europäischer Bühne hat man Manchester City in gewisser Hinsicht schon überflügelt, obwohl deren "Projekt" bereits seit 2009 läuft. Daran war der mittlerweile zurückgetretene "Super-Manager" Leonardo entscheidend beteiligt. Anstatt "nur" Namen zu kaufen, achtete der nämlich von Anfang an auf Ausgewogenheit und stärkte systematisch alle Mannschaftsteile.
Eine absolut logische, von reichen Klubs aber doch häufig übersehene Marschroute. So hatte ManCity etwa in den ersten Jahren mit neuen Besitzern stets genug Offensivkräfte für sechs Mannschaften, vernachlässigte aber die Defensive. Daher kann man auch das Argument, dass es mit unbegrenzten finanziellen Mitteln ja keine Kunst sei, eine erfolgreiche Truppe auf die Beine zu stellen, nur bedingt gelten lassen.
Leonardo gab ebenfalls Unsummen aus - im Gegensatz zu einigen Kollegen warf er seine Scheine aber nicht wahllos durch die Gegend. Anders ist nicht zu erklären, dass PSG schon nach so kurzer Zeit zum Kreis der Champions-League-Favoriten gezählt werden muss.
Anerkennung von Völler
Paris konnte bisher interne Streitereien weitestgehend vermeiden, auch wenn der derzeit verletzte Cavani mit seiner Rolle als Flügelstürmer angeblich nicht wirklich zufrieden ist. Hier gebührt das Lob Trainer Laurent Blanc und wohl vor allem seinem Vorgänger Carlo Ancelotti: Bei so vielen Egos im Team die Balance zu wahren, erfordert hohe diplomatische Fähigkeiten.
Den nächsten Gegner in der Champions League hat PSG zumindest schon überzeugt. "Die Pariser gehören zu den Favoriten auf den Titel. Sie sind eine der fünf besten Mannschaften Europas", sagte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler über Blancs Truppe.
Wenn Paris Saint-Germain seinen Weg dermaßen zielstrebig und ohne Rücksicht auf Verluste fortsetzt, scheint auch Völlers Prognose nicht unrealistisch, dass die Katar-Botschafter die Bayern "in diesem Jahr, vor allem aber auf lange Sicht entthronen können." Und es wird Al-Khelaifi nicht im geringsten interessieren, was Karl-Heinz Rummenigge, Arsene Wenger oder sonst wer davon halten.
Paris Saint-Germain im Überlick