197,5 Millionen Euro hat der FC Bayern München zusammengerechnet für seine vier Innenverteidiger Matthijs de Ligt, Min-Jae Kim, Dayot Upamecano und Benjamin Pavard an Ablösesummen ausgegeben - und damit deutlich mehr als etliche Nationen im Jahr 2022 für ihre Landesverteidigung. NATO-Mitglied Montenegro kommt beispielsweise nicht einmal auf die Hälfte dieser Summe.
Stand jetzt hat Trainer Thomas Tuchel in der Innenverteidigung ein ziemliches Luxusproblem. Als vermeintliche A-Lösung gelten der letztjährige Abwehrchef de Ligt und der 50 Millionen Euro teure Neuzugang Kim von der SSC Neapel. Doch in der Vorbereitung sammelte überraschenderweise vor allem Pavard Pluspunkte.
Nach der abgelaufenen Saison teilte der 26-jährige Franzose den Verantwortlichen mit, dass er seinen 2024 auslaufenden Vertrag nicht verlängern will. Bereits zuvor hatte Pavard in der Öffentlichkeit mehrmals erstaunlich offen mit einem Abschied kokettiert.
Um ihn im kommenden Jahr nicht ablösefrei zu verlieren, strebt der FC Bayern einen sofortigen Verkauf an. Gesprächsbereitschaft bestünde ab einem Angebot in Höhe von 30 Millionen Euro. Als mögliche Abnehmer werden Manchester City und Juventus Turin gehandelt, doch übereinstimmenden Berichten zufolge trudelte bisher keine Offerte für Pavard ein. Ändert sich daran bis Ende August nichts und verweigert Pavard weiterhin eine Verlängerung, hat der FC Bayern keine Handhabe.
FC Bayern: Benjamin Pavard begann in jedem Testspiel
Unbeeindruckt von allen Gerüchten vertraut Tuchel weiterhin auf Pavard. Als einziger der vier Innenverteidiger stand er in allen vier Testspielen in der Startelf und zeigte dabei gute Leistungen. Dreimal im Zentrum, beim 4:3 gegen den FC Liverpool zuletzt auf seiner ungeliebten rechten Abwehrseite. Die ersten beiden Spiele verpassten Kim (noch nicht unter Vertrag) und de Ligt (verletzt) zwar, aber auch danach bot Tuchel niemals beide zusammen auf.
Das ist durchaus ein beachtlicher Fingerzeig des Trainers, der in der Vorbereitung nach eigener Aussage auf das Einspielen einer klaren Startelf setzt. "Wir haben nicht viele Spiele, um uns vorzubereiten. Wir wollen Abläufe in unser Spiel bekommen, einen Teamspirit", erklärte Tuchel. "Grundsätzlich ist es schon so, dass ich so schnell wie möglich eine Elf finden will."
"Sehr verlässlich" sei Pavard laut Tuchel: "Er zeigt die Konstanz, die man sich auf diesem Top-Level wünscht." De Ligt lobte: "Benji ist sehr zuverlässig, für einen Trainer sehr wertvoll. Solche Spieler brauchst du." Abgesehen von Pavard standen sechs weitere Spieler bei allen vier Testspielen in der Startelf: Alphonso Davies, Joshua Kimmich, Konrad Laimer, Jamal Musiala, Serge Gnabry und Leroy Sané.
Thomas Tuchel äußert sich zu Benjamin Pavard
Trotz Tuchels Vertrauensbeweis und obwohl ihn der Trainer als Innenverteidiger sieht und auch vorrangig einsetzt, habe sich laut SportBild bisher nichts an Pavards Wechsel-Wunsch geändert. Wovon Tuchel selbst aber nichts wissen will. "Er hat bislang noch kein Zeichen gegeben, dass er uns verlassen will. Die Geschichte ist für mich nicht so klar, wie sie erzählt wird", sagte der Trainer im Vorfeld des Liverpool-Spiels. "Wir haben klar kommuniziert, dass wir ihn wie einen Spieler mit einem Zehnjahresvertrag behandeln. Es gibt keinen Grund, ihn unter Druck zu setzen."
Sollte Pavard tatsächlich bleiben, erscheint die angestrebte Verpflichtung von Kyle Walker unterdessen durchaus fragwürdig. Der FC Bayern soll sich mit dem 33-jährigen Rechtsverteidiger schon einig sein, die Verhandlungen mit seinem aktuellen Klub Manchester City (Vertrag bis 2024) gestalten sich jedoch schwierig. Walker wäre kein Transfer für die Zukunft, sondern für die Gegenwart. Bei einem Pavard-Verbleib bieten sich Tuchel mit der aktuellen Besetzung aber auch ohne Walker zahlreiche (ausreichend) Optionen.
FC Bayern: Thomas Tuchels Optionen in der Abwehr
Sofern Pavard entgegen seines Wunsches in der von Tuchel präferierten Viererkette als Rechtsverteidiger auflaufen muss, würde sich bei eigenem Ballbesitz situativ eine Dreierkette bilden. Pavard würde einrücken und absichern. Der nominelle Linksverteidiger Alphonso Davies oder sein aktuell verletzter Ersatz Raphael Guerreiro könnten ihre Stärken im Offensivspiel ausleben.
Agiert Pavard in einer Viererkette im Abwehrzentrum, stehen mit Noussair Mazraoui sowie dem verlässlichen Eigengewächs Josip Stanisic zwei weitere Rechtsverteidiger (sowie ein Bouna Sarr) zur Verfügung. Dann gäbe es in der Innenverteidigung aber nur mehr einen Platz für de Ligt, Kim oder Upamecano. Die geringsten Einsatzchancen hätte dann wohl Upamecano.
Zumindest denkbar wäre es, Upamecano deshalb für eine andere Baustelle in Erwägung zu ziehen, sollte Tuchels Wunsch nach einem dortigen Neuzugang nicht erfüllt werden. Der Trainer giert bekanntlich (anders als Joshua Kimmich) nach einem defensivstarken, robusten Sechser. Die Klub-Führung sieht darin aber offenbar keine Priorität, kümmert sich lieber um die Transfers von Harry Kane und Walker sowie die komplizierte Keeper-Situation.
Mit seinen Fähigkeiten im Aufbauspiel und seiner Physis verfügt Upamecano über das Anforderungsprofil für diese Position. Sein Hang zu leichtsinnigen Fehlern wäre dort gleichzeitig weniger problematisch. Tatsächlich spielte Upamecano während seiner Zeit bei RB Salzburg einst auch als defensiver Part einer Doppelsechs - oftmals an der Seite eines gewissen Konrad Laimer.
FC Bayern München: Die wichtigsten Termine der Vorbereitung des FCB
Datum | Ereignis |
15. - 20. Juli 2023 | Trainingslager am Tegernsee |
18. Juli 2023 | Testspiel gegen FC Rottach-Egern (27:0) |
23. Juli 2023 | Teampräsentation in der Allianz Arena |
24. Juli - 3. August 2023 | "Audi Summer Tour" in Japan und Singapur |
26. Juli 2023 | Testspiel gegen Manchester City in Tokio, Japan (1:2) |
29. Juli 2023 | Testspiel gegen Kawasaki Frontale in Tokio, Japan (1:0) |
2. August 2023 | Testspiel gegen den FC Liverpool in Singapur (4:3) |
7. August 2023 | Testspiel gegen AS Monaco in Unterhaching |
12. August 2023 | Super Cup gegen RB Leipzig in München |
18.-20. August 2023 | Start der Bundesliga-Saison 2023/24 |