Für 5,95 Euro wird im Fanshop des FC Bayern die sogenannte "Rasenmischung Arena" angeboten. Laut Produktbeschreibung handelt es sich dabei um 50 Gramm Saatgut für etwa drei Quadratmeter Rasenfläche. Böse Zungen könnten sagen: Ideal für die Begrünung von Kartoffeläckern, als Unterlage zum Fußballspielen jedoch eher ungeeignet.
In vielerlei Hinsicht waren sich Verantwortungsträger, Trainer und Spieler beim FC Bayern in den vergangenen Monaten uneins. Wenn es aber um die Qualität des Rasens in der Allianz Arena ging, wurde einstimmig geschimpft.
"Nicht gerade gesundheitsfördernd" nannte ihn Ex-Trainer Julian Nagelsmann bereits im November, ehe er im Januar nachlegte: "Der Platz ist nicht leicht zu bespielen. Wir rutschen die ganze Zeit aus." Nach dem Champions-League-Aus gegen Manchester City im April klagten Trainer Thomas Tuchel ("nicht der nötige Rahmen") und Präsident Herbert Hainer ("absolut unbefriedigend") unisono über den Rasen.
Im Vorfeld von Erling Haalands Führungstreffer war Dayot Upamecano ausgerutscht. Leon Goretzka stellte später die durchaus gewagte These auf, dass der FC Bayern auf einem ordentlichen Rasen "zwei Tore mehr gemacht und eines weniger kassiert" hätte. Somit wäre das Spiel in die Verlängerung gegangen, der FC Bayern vielleicht sogar ins Halbfinale aufgestiegen.
Kritik gab es aber nicht nur aus den eigenen Reihen, sondern auch von Gästen wie den NFL-Profis der Tampa Bay Buccaneers und Seattle Seahawks, die im November ein Spiel in der Allianz Arena austrugen. "Die NFL lässt uns zehn Stunden fliegen, damit wir auf so einem beschissenen Feld spielen. Das ist einfach verrückt", klagte Bruce Irvin von den Seahawks. Gegenspieler Mike Evans sagte lapidar: "Der Rasen in Deutschland war der schlechteste, auf dem ich je gespielt habe."
FC Bayern: Neuer Greenkeeper, neuer Rasen
Nach dem NFL-Spiel ließ der FC Bayern den Rasen austauschen, die Kosten in Höhe von 200.000 Euro übernahmen übrigens die US-Amerikaner. An der Qualität änderte das aber nichts, wie sich in der Rückrunde herausstellen sollte. Deshalb greifen die Münchner nun radikal durch. Mit Peter Sauer kam zum 1. Mai ein neuer Greenkeeper vom VfL Wolfsburg. Außerdem wird ein neuer Hybridrasen ausgelegt, dabei handelt es sich um eine Mischform aus echten Grashalmen und Kunstfasern.
"Wir waren mit der Rasenqualität nicht zufrieden in der letzten Saison. Daher haben wir reagiert und werden im Sommer einen Hybridrasen verlegen", sagte der Geschäftsführer der Allianz Arena, Jürgen Muth, in einer Pressemitteilung im Juni. "Er vereint die Vorteile eines Naturrasens mit der Qualität eines Hybridrasens. Er wird noch ebener werden und ist dadurch sehr gut zu bespielen. Die Investition wird sich lohnen."
Der reine Naturrasen kam bei der Teampräsentation am Sonntag letztmals zum Einsatz, aktuell wird er abgetragen und durch den neuen Hybridrasen ersetzt. Das Testspiel gegen die AS Monaco am 7. August steigt deshalb im Sportpark Unterhaching, das neue Geläuf soll erstmals beim Supercup am 12. August gegen RB Leipzig genutzt werden. Damit sich die Spieler an den Hybridrasen gewöhnen können, wurde ein Produkt derselben Bauart auch am Trainingsgelände an der Säbener Straße verlegt.
FC Bayern: Pep Guardiola bestand einst auf einen Hybridrasen
Neu ist diese Idee beim FC Bayern übrigens nicht. Auf Betreiben von Ex-Trainer Pep Guardiola - der mit seinem neuen Klub City kürzlich vom schlechten Naturrasen profitiert haben soll - spielten die Münchner in der Allianz Arena bereits zwischen 2014 und 2016 auf einem Hybridrasen. Etwa eine Million Euro kostete die Anschaffung damals, lohnen sollte sie sich nicht. Kurz nach Guardiolas Abschied wurde das Experiment aufgrund eines Pilzbefalls abgebrochen.
"Ich bin schon lange beim FC Bayern, aber so etwas wie den Platz zuletzt habe ich noch nie gesehen", klagte Franck Ribéry. Der Geschäftsführer des damaligen Herstellers Desso Sports Systems Marc Vercammen wies jegliche Schuld von sich - und schob sie insgeheim an die zuständigen Greenkeeper weiter. "Es sieht schlimm aus, aber am Wetter oder an den vielen Spielen liegt das sicher nicht", sagte er damals der Süddeutschen Zeitung. Die Probleme seien eher auf eine mangelhafte Pflege zurückzuführen gewesen.
Peter Sauer steht für guten Rasen und kreative Ideen
Warum diesmal alles besser wird? "Der Unterschied liegt im System", sagt Arena-Geschäftsführer Muth. "Es ist ein Teppich, auf dem bereits Kunststofffasern stehen. Dazwischen wird Naturgras angesät. Dass der Rasen als Rollrasen kommt, vereinfacht das Prozedere enorm. Das alte System war getaftet, das heißt: Mit einer überdimensionalen Nähmaschine eingebracht. Als sich die Rasenqualität dann zunehmend verschlechterte, konnten wir nicht reagieren. Das würde im Fall der Fälle diesmal anders laufen. Wir können den Rasen wie jeden anderen austauschen."
Zuständig für die artgerechte Pflege des neuen Produkts aus Mailand ist mit Greenkeeper Peter Sauer ein ausgewiesener Experte. Nach einer Ausbildung in den USA und ersten Bundesliga-Erfahrungen bei der TSG Hoffenheim wechselte der gebürtige Heidelberger 2015 nach Wolfsburg, wo er seitdem mehrmals den Titel "Pitch of the Year" gewann.
Darüber hinaus war der 50-Jährige nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine der Initiator des in den Rasen eingearbeiteten Peace-Zeichens im Mittelkreis, das seitdem weltweit Nachahmer fand.
FC Bayern München: Die wichtigsten Termine der Vorbereitung des FCB
Datum | Ereignis |
15. - 20. Juli 2023 | Trainingslager am Tegernsee |
18. Juli 2023 | Testspiel gegen FC Rottach-Egern (27:0) |
23. Juli 2023 | Teampräsentation in der Allianz Arena |
24. Juli - 3. August 2023 | "Audi Summer Tour" in Japan und Singapur |
26. Juli 2023 | Testspiel gegen Manchester City in Tokio, Japan |
29. Juli 2023 | Testspiel gegen Kawasaki Frontale in Tokio, Japan |
2. August 2023 | Testspiel gegen den FC Liverpool in Singapur |
7. August 2023 | Testspiel gegen AS Monaco in Unterhaching |
12. August 2023 | Super Cup gegen RB Leipzig in München |
18.-20. August 2023 | Start der Bundesliga-Saison 2023/24 |