Uli Hoeneß ist dafür bekannt, seinen Willen durchzusetzen. Das bewies er vor allem während seiner Zeit als Entscheidungsträger beim FC Bayern München in regelmäßigen Abständen - egal ob bei Transfers, der Zukunft auf der Trainerposition oder wenn es darum ging, in der Öffentlichkeit zum Rundumschlag auszuholen.
Wie hartnäckig Hoeneß sein kann, bekam auch Sören Lerby zu spüren, als es darum ging, für welches Team der Däne am 13. November 1985 auflaufen sollte. Was war passiert?
An jenem Tag stand sowohl für die Bayern als auch für die Nationalmannschaft Dänemarks ein wichtiges Spiel auf dem Programm. "Heutzutage unvorstellbar", erinnerte sich der einstige Mittelfeldspieler bei 11 Freunde zurück. Mit einem Punktgewinn gegen Irland würden sich die Skandinavier für die WM 1986 in Mexiko qualifizieren, für die Bayern stand das Achtelfinale im DFB-Pokal gegen Bochum an.
"Hoeneß hatte schließlich den verrückten Gedanken, ich solle einfach beide Partien spielen", führte Lerby aus. "Wir könnten doch nach dem Spiel mit dem Flieger aus Dublin direkt weiter nach Bochum jetten. Natürlich war das nur wegen der unterschiedlichen Anstoßzeiten und der Zeitverschiebung denkbar."
Länderspiel, Privatjet, DFB-Pokal: So lief der irre Hoeneß-Plan
Lerby gefiel der Plan, fühlte sich nach eigenen Aussagen "wirklich begehrt" und sah sich körperlich auf jeden Fall dazu in der Lage. Folglich wurde mit Nationaltrainer Sepp Piontek und FCB-Trainer Udo Lattek gesprochen und beide zeigten sich kompromissbereit.
Bei einem günstigen Spielstand sollte Lerby in Dublin sofort ausgewechselt werden - doch zur Halbzeit stand es nur 1:1. Er musste also noch weiterspielen. "Hoeneß stand an der Seitenlinie und schaute verzweifelt auf die Uhr", ließ Lerby die Ereignisse Revue passieren. "Jetzt zählte jede Minute."
Nach dem Seitenwechsel gingen die Dänen früh in Führung, in der 58. Minute fiel dann schließlich das 3:1 und der erste Teil des Arbeitstages war erledigt. "Ich sprintete in die Kabine und duschte so schnell wie wahrscheinlich nie wieder. Mit nassem Haar rannte ich aus dem Stadion und sprang in das Auto zum Uli, der Motor lief", so Lerby weiter.
Ein Motorrad der irischen Polizei eskortierte sie direkt auf das Rollfeld des Flughafens, es schien möglich, rechtzeitig für die Startformation vor Ort zu sein. Hoeneß und sein Schützling mussten in Düsseldorf landen, von dort ging es mit dem Auto nach Bochum.
"Wir rasten im Porsche auf der Autobahn Richtung Bochum, die Uhr tickte", erzählte er. Nahe des Stadions kamen sie dann in einen Stau. "Ich bin wahnsinnig geworden in der Karre." Lerby stieg aus dem Auto aus und rannte die letzten zwei Kilometer bis zum Stadion.
Als er dort ankam, stand die Mannschaft bereits im Spielertunnel, Lattek machte Lerby klar, dass er nun bis zur Halbzeit warten müsse auf seinen Einsatz. "In diesem Moment löste sich die ganze Anspannung, und ich war nur noch enttäuscht, das kann man sich wohl vorstellen", sagte der 67-fache Nationalspieler rückblickend. "Aber was soll's? Ich bin mit Bayern später Pokalsieger geworden, und ich war mit Dänemark in Mexiko. Und zwei Spiele an einem Tag, das machst du auch nur einmal im Leben."
Lerby, der bei Ajax seinen Durchbruch schaffte und von 1983 bis 1986 beim deutschen Rekordmeister spielte, holte mit den Münchnern noch weitere Titel. Schon 1984 gewann er den DFB-Pokal, zudem wurde er 1985 und 1986 Deutscher Meister. Anschließend verließ er den Klub in Richtung AS Monaco.