Als die Granden des FC Bayern im Sommer Julian Nagelsmann als neuen Trainer verpflichteten, taten sie das auch mit dem Ziel, die jahrelang eher stiefmütterlich behandelte Förderung eigener Talente zu intensivieren.
Eine Haltung, für die nicht exklusiv die wirtschaftlich heikle Corona-Krise verantwortlich war. Das Beispiel Jamal Musiala zeigte Hasan Salihamidzic und Co. auf, dass es nicht immer kostspielige Verpflichtungen "fertiger" Stars braucht. Musiala, auch wenn er bis zu seinem 16. Lebensjahr in England ausgebildet wurde, war der erste Spieler, der den Sprung aus dem 2017 eröffneten Bayern-Campus an die Säbener Straße schaffte und sich dort etablierte.
Wer hat das Zeug, eine ähnlich erfolgreiche Entwicklung wie das 18-jährige Ausnahmetalent hinzulegen? Einer der bislang wenigen Gewinner unter Nagelsmann ist Malik Tillman. Wie Defensiv-Allrounder Josip Stanisic wurde zuletzt auch der vielseitige Stürmer mit einem Profivertrag ausgestattet.
Nagelsmann über Tilmann: "Sehr guter mitspielender Stürmer"
Bis 2024 ist das Arbeitspapier des gebürtigen Nürnbergers gültig. Ein Vertrauensvotum, "das beweist, dass wir an seine Chance glauben, sich hier durchsetzen zu können", sagt Holger Seitz, Sportlicher Leiter am FCB-Campus, zu SPOX und Goal.
Tillman holt sich ob der Konkurrenz im Angriff mit Robert Lewandowski und Eric Maxim Choupo-Moting zwar überwiegend Spielpraxis bei der U23 in der Regionalliga, trainiert aber regelmäßig unter der Regie von Nagelsmann. In seinem ersten Profispiel gegen den Bremer SV im August steuerte er auch ein Tor zum 12:0-Sieg bei.
"Malik ist ein sehr, sehr guter mitspielender Stürmer. Er hat die Gabe, Räume zu erkennen und kann Tore erzielen", lobt Nagelsmann. Dabei agierte Tillman, der 2015 mit seinem älteren Bruder Timothy aus der Talentschmiede von Greuther Fürth nach München gekommen war, lange Zeit als Mittelfeldspieler.
FC Bayern: Malik Tillman eiferte Paul Pogba nach
"Ich spiele schon lieber Achter oder Zehner als Mittelstürmer. Tore schießen kann ich von dort auch. Und ich habe das Spielfeld vor mir, kann meine Kreativität ausnutzen", sagte er 2019 in einem Interview mit der Bild und bezeichnete Paul Pogba als sein Vorbild: "Ich mag Pogba gern, sein Spielstil ähnelt meinem, wenn ich Zehner oder Achter spiele. Was er macht, finde ich richtig stark."
Ex-Torjäger Miroslav Klose setzte ihn damals in seiner Funktion als Trainer der U17 aber wegen personeller Probleme vermehrt weiter vorne ein. Ein Schachzug, der sich auszahlte. In 90 Einsätzen für die U17, die U19 und die Amateure erzielte er 38 Tore und bereitete weitere 24 vor.
"Malik ist technisch und physisch stark und durch sein Durchsetzungsvermögen in Eins-gegen-Eins-Situationen auch sehr torgefährlich", sagt Seitz. "Er hat einen guten Zug zum Tor und erkennt offene Räume, in die er hineinstarten kann. Er behält die Ruhe und Übersicht beim Torabschluss."
Tillman erstmals zur deutschen U21 eingeladen
Zudem komme ihm in puncto Defensivverhalten seine starke Physis zugute. "Er ist sehr robust in den Zweikämpfen und schaltet nach Ballgewinn schnell um", lobt Seitz.
Kein Wunder, dass Tillman für die Länderspielpause im Oktober erstmals in den Kader der deutschen U21-Nationalmannschaft berufen wurde. Beim FCB sind sich aber alle einig, dass der Nachwuchsspieler mit US-amerikanischen Wurzeln noch Zeit benötigt, um sich bei den Profis zu etablieren - nicht nur, weil er vergangene Saison fast sechs Monate wegen eines Kreuzbandrisses außen vor war.
Nagelsmann beschreibt ihn als "sehr ruhigen" und "introvertierten" Typen, der manchmal "noch mehr aus sich herauskommen und in Anführungszeichen ein Drecksack" sein müsse.
Seitz über Tillman: "Auf einem sehr guten Weg"
Tillman sei aktuell zwar "auf einem sehr guten Weg", urteilt Seitz, sagt aber auch: "Für ihn gilt es jetzt, täglich weiter hart an sich zu arbeiten, bei den Amateuren mit guten Leistungen und Toren auf sich aufmerksam zu machen und auf seine Chance im Profikader zu lauern."
Wie schnell es wieder nach unten gehen kann, weiß der 19-Jährige nur zu gut. Seinem Bruder Timothy (22) wurde einst eine Riesenkarriere prophezeit, zwischenzeitlich zeigten auch der FC Barcelona und Real Madrid Interesse an ihm. Heute spielt er - auch wegen diverser Verletzungen - in der Heimat bei Greuther Fürth.