Dino Toppmöller war ein "bisschen sprachlos", Gregor Kobel wollte "keine zwei Meinungen" gelten lassen und Pellegrino Matarazzo suchte "eine Erklärung". Kaum ist die Länderspielpause vorbei, sorgt die Masse der umstrittenen Schiedsrichter-Entscheidungen inklusive der großen Fragezeichen hinter dem Videobeweis-Einsatz schon wieder für heftige Diskussionen in der Bundesliga.
Der bekennende Videobeweis-Gegner Dietmar Hamann hat mittlerweile genug von der unendlichen Geschichte. "Mir werden viel zu viele Elfmeter gepfiffen mit dem VAR", wetterte des Ex-Nationalspieler im Sky-Studio: "Die Leute haben irgendwann genug. Das hat mit Fußball nichts mehr zu tun."
Tatsächlich ist offenbar auch Knut Kircher der Videobeweis-Inflation überdrüssig. Angesichts der immer wieder hitzig geführten Debatten gab der Schiedsrichter-Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu, dass der Video-Assistent in letzter Zeit "zu kleinteilig, zu detektivisch" gewesen sei - und stellte klar: "Im Graubereich hat der VAR nichts zu suchen."
Deshalb schlug Kircher eine vereinfachte Alternative vor und griff die alte Idee seines Ex-Kollegen Markus Merk auf. Der sogenannte Video-Support, bei dem Trainer mit einer "Challenge" die Überprüfung von strittigen Szenen durch die Unparteiischen fordern können, würde dabei den Video-Assistenten ersetzen.
VAR-Diskussion: Challenge als Lösung?
"Wir als Schiedsrichter sind allem gegenüber aufgeschlossen, was dem Fußball guttut", sagte Kircher der Sportschau: "Und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass der Video-Support dem Fußball guttut. Wir sind für das Thema offen, wenn die Vereine - egal welcher Liga - entscheiden, sie würden dieses oder andere Systeme gerne haben wollen."
Die Anzahl der verfügbaren "Challenges" ist dabei begrenzt, wie es in anderen Sportarten (Tennis oder American Football) gehandhabt wird. Zudem werden weniger Kameras benötigt. Das System wurde bereits bei der U20-WM der Frauen vom Weltverband FIFA getestet. Italien will den Video-Support in der Serie C, der dritthöchsten Spielklasse, ausprobieren.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) teilte auf Sportschau-Anfrage allerdings mit, dass sie sich derzeit nicht mit dem Video-Support beschäftige. Die Skepsis des Ligaverbands ist nachvollziehbar. Schließlich steht außer Frage, dass erzielte Tore auch zukünftig grundsätzlich überprüft werden.
Und da die Treffer-Überprüfung den mit Abstand größten Einzelposten darstellt, würde es kaum einen signifikanten Rückgang des Videobeweis-Einsatzes geben. "Nur" bei Strafstoß-Entscheidungen und Platzverweisen würde der Impuls für den VAR-Einsatz nicht mehr von den Unparteiischen kommen.
Klar ist auch, dass die Debatten um die Auslegung bei den jeweiligen Entscheidungen bleiben würden. Insofern wäre Toppmöller auch zukünftig immer mal wieder sprachlos - nur vielleicht nicht ganz so oft.