An seinem 70. Geburtstag war Christoph Daum noch von einer vollständigen Genesung überzeugt.
"Ein Arzt in den USA hat zu mir gesagt: Unser Ziel ist es, Sie krebsfrei zu machen - wenn du so einen Ausspruch hörst, bleibt nur krebsfrei hängen", sagte der frühere Meistertrainer im Oktober, als er mit 200 geladenen Gästen und Journalisten groß feierte: "Wenn die Ärzte daran glauben und so optimistisch sind, dann kannst du einfach nicht unter diesem Level bleiben, sondern musst noch einen oben draufsetzen."
Zehn Monate später hat eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Bundesliga-Geschichte ihren letzten Kampf verloren. Daum verstarb an den Folgen seiner schweren Lungenkrebserkrankung, wie die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Sonntagmorgen mitteilte. Seit dem Herbst 2022 hatte er gekämpft und anderen betroffenen Menschen Mut gemacht.
Am 24. Oktober hatte Daum seinen 70. Geburtstag anlässlich der Premiere des Sky-Dokumentarfilms "DAUM - TRIUMPHE & SKANDALE" groß gefeiert.
"Ich weiß, dass ich vielen Gästen und Freunden sehr, sehr viel zu verdanken habe", sagte er damals. Seine Karriere "wäre ohne das Mitwirken vieler Menschen" möglicherweise anders verlaufen.
Christoph Daum: "Das nennt man Leben"
Wenige Menschen haben so viel Leben in sieben Jahrzehnte gepackt wie Daum. Er wurde verehrt wie ein Heiliger. Einerseits. Und es gab die langen dunklen Phasen, andererseits: den Kokain-Skandal, die folgenden öffentlichen Anfeindungen, den Kampf gegen den Krebs.
Kämpfen, nicht aufgeben, gehörte bei Daum immer dazu. "Ich versuche, zu leben und den Krebs nicht mein Leben und Verhalten dominieren zu lassen", sagte er und gab dann noch den wohl wichtigsten Rat seines Lebens weiter: "Ich kann allen nur zurufen: Geht zur Krebsvorsorge."
Langweilig wurde es nie mit ihm. "Christoph Daum war immer und ist immer einer aus dem Volk, für das Volk", sagte Daum. Er stehe "zu den Dingen, die ich gemacht habe. Klar, einige hätte ich gerne ausgelassen, aber sie gehören zu meiner Vita dazu. Das nennt man Leben", sagt er in der Sky-Doku.
Matthias Sammer über Christoph Daum: "Ein Visionär"
Daum, der als Spieler nie über die Oberliga hinauskam, begann seine Trainerkarriere Mitte der 80er beim 1. FC Köln, wurde mit gerade 32 Jahren Chefcoach und schnell zum Bayern-Jäger Nummer eins.
Er prägte legendäre Meisterschaftsfinals wie 1992 mit dem VfB Stuttgart oder 2000 im Drama um die verspielte Meisterschaft von Bayer Leverkusen in Unterhaching.
Für berühmte Weggefährten wie Matthias Sammer ("Daum war ein Visionär") oder Rudi Völler ("Er hat Spieler besser gemacht") war er eine Inspiration.
Uli Hoeneß über Christoph Daum: "Macht mich sehr betroffen"
Als häufig betitelter "Lautsprecher der Liga" provozierte Daum mit aufsehenerregenden TV-Auftritten, ließ seine Spieler über Glasscherben laufen und befand sich stets im Dauerstreit mit Uli Hoeneß, der im berühmt-berüchtigten Sportstudio-Duell 1989 gipfelte.
Mit dem Ehrenpräsidenten von Bayern München versöhnte sich Daum im Rahmen der Doku bei einem persönlichen Treffen am Tegernsee. "Ich habe mir sicherlich nicht nur Freunde gemacht. Heute kann ich sagen, ich habe mit allen meinen Frieden geschlossen - auch mit Uli Hoeneß", sagte Daum.
"Christoph Daum ist sein ganzes Leben keinem Disput aus dem Weg gegangen, aber wir beide haben vor langer Zeit unseren Frieden gemacht, und die Nachricht von seinem Tod macht auch mich sehr betroffen", sagte Hoeneß am Sonntag in einer Pressemitteilung.
Daum habe "tapfer gegen seine Krankheit gekämpft und dabei mit seinem offenen Umgang mit dem Thema auch vielen betroffenen Menschen Mut gemacht. Den letzten Kampf konnte er am Ende nicht gewinnen, aber der deutsche Fußball wird ihn als einen Menschen in Erinnerung behalten, der immer alles gegeben hat - für seine Vereine, seine Mannschaften und weit darüber hinaus", so Hoeneß weiter.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere - kurz vor der Erfüllung seines Traums, Bundestrainer zu werden - stürzte Daum im Oktober 2000 über die Kokain-Affäre und die folgenschwere Haarprobe.
Der Satz "Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe" wurde zum Kulturgut der deutschen Fußballgeschichte, es folgte einer der größten Sportskandale. "Der größte Fehler" seines Lebens, so sagt Daum, verfolgte ihn lange.