Die alte Floskel lautet: Des einen Freud, des anderen Leid. Dass Pedri von Toni Kroos mehr oder weniger unsanft aus dem EM-Turnier befördert wurde, öffnete die Tür für Dani Olmo. In den entscheidenden Spielen war der 26-Jährige nicht mehr nur ein "Super Sub", sondern zumeist der Achter oder auch Zehner des Europameisters. Dass Olmo ein unermüdlicher Läufer und Offensivmotor ist, war hinlänglich bekannt. Dass er jedoch auch ein kreativer Rückraumspieler sein kann, durfte er nun noch einmal in aller Deutlichkeit unterstreichen.
Interessenten an Olmo gab es bereits vor seinen Auftritten gegen Deutschland, Frankreich und England. Eine mögliche Ausstiegsklausel von 60 Millionen Euro soll sich aufgrund der langen EM-Teilnahme der Spanier wohl verlängert haben und nun bis zum 20. Juli gültig sein. Bayern München, Manchester City und nun sogar Atletico Madrid gelten als mögliche Abnehmer, wobei RB Leipzig gewiss nichts gegen einen Verbleib von Olmo hätte. Dieser war 2020 für 29 Millionen Euro von Dinamo Zagreb zu den Sachsen gewechselt.
Rein von der Kadersituation her wirkt City wie eine perfekte nächste Station für Olmo, denn die Rolle von Kevin De Bruyne als Achter-Zehner-Hybrid könnte der neue Europameister sehr gut ausfüllen. Auf dieser Position helfen ihm seine läuferischen Fähigkeiten, um etwa im Gegenpressing schnell die Lücken zuzulaufen und auch eine mögliche Recovery hinzulegen, sollte er mal überspielt werden. Hinzu käme die räumliche Flexibilität von Olmo, der sich sowohl halblinks als auch halbrechts aufhalten könnte, um beispielsweise für Phil Foden und dessen Distanzversuche ein wenig Platz zu schaffen.
Dani Olmo zum FC Bayern? Zusammenspiel mit Harry Kane wäre ein Knackpunkt
Bei den Bayern wiederum würde die Frage aufkommen, ob Vincent Kompany wirklich Jamal Musiala aus dem Zentrum ziehen möchte, um Olmo in der Mitte aufzubieten. Sowohl Musiala als auch Olmo können auf den Außen agieren, aber eigentlich tun sie dies, wenn überhaupt, als eingerückte Flügelangreifer. Man sieht beide hier und da von der Seitenlinie kommen, ihre größten Stärken liegen in den inneren Bahnen, denn sie sind keine derart durchbruchsstarken Eins-gegen-Eins-Spieler wie Nico Williams, Lamine Yamal oder Bukayo Saka, um noch eine kurze Referenz zum EM-Endspiel einfließen zu lassen.
Darüber hinaus würde sich die Frage stellen, wie das Zusammenspiel zwischen Olmo und Harry Kane aussehen würde. In der vergangenen Saison profitierte der Spanier von den Interaktionen mit Loïs Openda, der vielfach den Ball nach vorne trieb, um danach Ablagen zu spielen. Kane tut das eher seltener, möchte selbst gerne mal kurz gehen, damit er ins Spiel eingebunden ist. Das haben wir nicht zuletzt während der EM beobachten dürfen. Die Spielweisen von Olmo und Kane könnten unter Umständen ein wenig konträr laufen.
Die Bayern scheinen aber ohnehin mehr mit einer Verpflichtung von Xavi Simons zu liebäugeln, der etwas leichter als zweiter Flügelspieler integriert werden könnte. Dass die Bayern gerne eine Mischung aus einem breiten und einem etwas enger postierten Außenstürmer haben möchten, lässt sich aber so oder so ablesen. Das wirkt an sich stimmig, sollte man Alphonso Davies für die linke Seite behalten, während Michael Olise vorne rechts aufgeboten werden müsste.
Dani Olmo: Der Star in Leipzig
Im Fall von Olmo bestünde natürlich auch die Option, bei RB Leipzig zu verweilen. Nach seinem Wechsel im Winter 2020 hat er bei den Messestädtern seinen großen Durchbruch geschafft und auch die Chance erhalten, nach einigen Rückschlägen immer wieder in die Spur zu finden. Sein unnachgiebiger Stil und sein Ruf als Marathonmann führen zu Verschleiß- und Verletzungsrisiken, wenngleich das nicht unbedingt ein Faktor in den kommenden Jahren sein muss.
In Leipzig wäre Olmo, erst recht nach dem Abgang von Simons, der unangefochtene Star der Mannschaft. Jedoch bietet Leipzig und das System von Cheftrainer Marco Rose nicht mehr viel Entwicklungspotenzial für den 26-Jährigen. Den schnellen Gegenstoßfußball beherrscht Olmo mittlerweile nahezu perfekt. Während der EM hat er gezeigt, dass er auch in einem dominanten und zugleich auf lange Ballbesitzphasen ausgelegten System brillieren kann, selbst wenn er nicht wie ein klassischer Kreativspieler à la Pedri wirkt. Dafür kommt er eben einem De Bruyne mit der Mischung aus Explosivität, Raumgefühl und schneller Entscheidungsfindung sehr nahe.
Insofern könnte ihn ein Wechsel zu City erst recht auf die Stufe der ganz Großen der Achter und Zehner Europas hieven.