Im Interview mit SPOX und GOAL spricht der heute 40-Jährige, der einst Kapitän der deutschen U18-Nationalelf war, über seine Zeit bei den BVB-Profis.
Thorwart erzählt von einem gescheiterten Trikottausch mit Liverpool-Legende Steven Gerrard, erinnert sich an sein Sekunden-Debüt für die Borussia und erklärt, weshalb er heute nichts mehr mit dem Fußball zu tun hat.
Herr Thorwart, Sie sind 1992 im Alter von zehn Jahren in die D-Jugend von Borussia Dortmund gewechselt und haben dort die Nachwuchsteams durchlaufen. In der zweiten Mannschaft des BVB, die damals in der Regionalliga und somit der dritthöchsten Spielklasse kickte, wurden Sie später ein etablierter Spieler. Wie erinnern Sie sich an den Winter 2000, als Sie erstmals bei drei Bundesligaspielen im Kader der Profis standen?
Florian Thorwart: Das war bei einem Heimspiel gegen Kaiserslautern und auswärts in Stuttgart und Rostock. Die Profis hatten zu dem Zeitpunkt mit unheimlich vielen Verletzungen zu kämpfen. Ein paar jüngere Spieler wie Timo Achenbach oder Florian Kringe wurden daher in den Kader berufen. Es war für uns natürlich sehr cool, da einmal hineinzuschnuppern. Das kam ehrlich gesagt auch ziemlich schnell und überraschend.
Wie oft hatten Sie zuvor bei den Profis trainiert?
Thorwart: Ganz genau weiß ich das nicht mehr. Es hat aber auf jeden Fall nicht sehr lange gedauert, bis ich nach dem ersten Profitraining das erste Mal auf der Bank saß. Es war aber eher unrealistisch, dass ich in diesen Partien bereits eingewechselt werde.
Ein Jahr später, im Oktober 2001, kamen die nächsten beiden Plätze im Kader dazu: in der Champions League zu Hause gegen Dynamo Kiew und auswärts beim FC Liverpool. Wie war's?
Thorwart: Das war noch einmal ein ganz anderes Gefühl. Die Atmosphäre in Liverpool war ziemlich krass. Da ging mir schon der Stift, ob man noch eingewechselt wird oder nicht. Ich weiß noch, wie ich nach dem Spiel zu Steven Gerrard ging und ihn fragte, ob wir das Trikot tauschen können. Ich fand ihn als Spieler einfach immer super. Er sagte, das dürfe er nicht. Wie ich jedoch später in der Kabine sah, hat er es doch getauscht - mit einem bekannteren unserer Spieler. Ich weiß aber nicht mehr, mit wem. Da war ihm wohl ein junger Einwechselspieler nicht gut genug. (lacht)
Trainer des BVB war Matthias Sammer. Wie sah Ihr Kontakt zu ihm aus?
Thorwart: Er war ein Trainer, der viel reflektiert hat und fast vor jedem Training noch eine kleine Sitzung abhielt. Er gab eher grundsätzlich viel Feedback, nicht nur explizit für die jungen Spieler. Er hat mich aber auch ein paar Mal zur Seite genommen und mir Tipps gegeben.
Zur Seite genommen wurden Sie auch bei Ihrem Bundesligadebüt bei einem 1:0-Heimsieg gegen den TSV 1860 München, als Sie Sekunden vor Schluss für Tomas Rosicky eingewechselt wurden. Wie erinnern Sie sich an den Ablauf?
Thorwart: Es war klar, dass es zeitlich knapp wird und nur noch einer von uns eingewechselt werden kann. Wir haben uns mit ein paar Leuten aufgewärmt. Matthias Sammer hat niemanden konkret zur Bank gewunken, sondern wir sind einfach alle dorthin gegangen. Er hat dann erneut auf uns gedeutet und nur gesagt: Zieh' dich aus. Einen Namen nannte er nicht, es wurde keiner speziell angesprochen. Ich ergriff daher die Chance, weil ich gerne eingewechselt werden wollte. (lacht) Ich tat so, als wäre ich gemeint und zog mir den Pulli aus. Das hat dann geklappt, ich durfte rein. Ich war unheimlich aufgeregt.
Sammer hat Ihnen noch ein paar Worte mit auf den Weg gegeben. Was hat er gesagt?
Thorwart: Da ging es nur um meine generelle Aufgabe und die grobe Marschrichtung. Ich sollte direkt in die Defensive gehen und nicht für Tomas Rosicky den Spielmacher geben.
Sie liefen schließlich aufs Feld und wenige Sekunden später ertönte der Abpfiff. Waren Sie überrascht, dass so schnell Schluss war?
Thorwart: Ja. Ich dachte, das geht vielleicht noch so eine Minute. Roman Weidenfeller - der in dieser Partie übrigens sein Debüt für den BVB gab - machte aber einen Abschlag, der Ball war noch nicht wieder auf dem Boden aufgekommen, und der Schiedsrichter pfiff direkt ab. Das fand ich dann schon etwas seltsam.
Was passierte im Anschluss?
Thorwart: Michael Zorc hat mir zum Debüt gratuliert, der hatte das auf dem Schirm. Ansonsten ist dieser Mini-Einsatz wenig verwunderlich eher untergegangen.
Wie erging es Ihnen: Konnten Sie sich freuen?
Thorwart: Klar, schließlich bekam ich eine Einsatzprämie über 1666 Euro. (lacht) Spaß beiseite: Trösten musste mich natürlich niemand, aber ein bisschen geärgert habe ich mich auf jeden Fall. Es war zwar ein Bundesligaeinsatz, aber irgendwie auch doch nicht. Es wäre schon nett gewesen, wenn ich zumindest ansatzweise in eine Richtung hätte laufen müssen.