Ali Akman war die Aufregung anzumerken. Publikum ist für den 19 Jahre jungen Profi nichts Neues, mit Druck kommt er auch gut zurecht, dazu später mehr, aber eine Pressekonferenz - dazu noch in einer fremden Sprache - abhalten zu müssen, das ist neu im Repertoire des Neuzugangs von Eintracht Frankfurt.
Zwar heißt es aus Frankfurt, Akman mache schon erfreuliche Fortschritte im Erlernen der deutschen Sprache, aber für die offizielle Vorstellungsrunde stellte ihm der Klub dann doch lieber einen Dolmetscher zur Verfügung.
Allerdings stellte sich heraus, dass auch der Dolmetscher der Veranstaltung einen Dolmetscher hätte durchaus gut gebrauchen können. Akman gab oftmals sehr gute, detaillierte und strukturierte Antworten auf die Fragen der zahlreichen Pressevertreter. Überliefert wurden aber oft nur Bruchteile. Einige Aussagen fehlten komplett.
Als ein Reporter fragte, ob sich Akman trotz schmächtiger Statur eine Rolle als Mittelstürmer zutraue, erklärte der türkische U21-Nationalspieler ausführlich, warum er die Rolle spielen könne und eigentlich auch nur gerne spielen würde. Dabei führte er auch Beispiele wie Kun Agüero oder Lautaro Martinez an. Spieler, die in der Box gefährlich sind, aber ihrer Mannschaft auch im Aufbau helfen können. In der Übersetzung war davon nichts zu hören.
Als ein Reporter fragte, ob sich Akman einen sofortigen Durchbruch erhofft oder ob er offen für eine Leihe wäre, wurde ihm nur übersetzt, was er davon halten würde, wenn man ihn ausleihen würde. Zwar versuchte Akman in seiner Antwort zu verdeutlichen, dass er lieber bleiben würde und eine Leihe lediglich als "Option" bezeichnete, klang das in der deutschen Übersetzung fast wie eine Bewerbung für ein sofortiges Leihgeschäft.
Hätte Akman eine vernünftige Übersetzung bekommen, hätte man im Nachgang wohl das Bild eines schon sehr reifen, strukturierten und in seinen Gedanken sehr geordneten Youngster gezeichnet. Stattdessen wurden ihm plumpe und nie getätigte Aussagen wie "das Ding reinschieben" in den Mund gelegt.
Ali Akman bei Frankfurt: Ozan Kabak überzeugte ihn
Akman kann froh sein, dass er keine Hilfe benötigt, um sein ausgesprochen großes Talent zu präsentieren. Ein Talent, das ihm wohl in jedem Notizheft von Europas Topklubs einen Ehrenplatz verschaffte. Akman sagt selbst, dass "zahlreiche Klubs" Angebote machten und er freie Auswahl hatte.
Doch das Luxusproblem machte ihm das Leben schwer. "Ich dachte mir: 'Das ist die wichtigste Entscheidung deines Lebens. Mach jetzt keinen Fehler.' Ich habe viel überlegt, wohin ich gehen soll." Akman hatte lukrative Angebote aus England, Spanien, Italien, Frankreich und aus Deutschland.
Die Verantwortlichen der Eintracht können sich bei Ozan Kabak bedanken, dass die Wahl auf Frankfurt fiel. "Es war Ozan, der mich überzeugt hat, dass meine Wahl für Eintracht Frankfurt in diesem komplexen Entscheidungsprozess die richtige war. Wir haben viel mit ihm gesprochen. Nach ein paar Worten von ihm war ich mir schon sicher. Er sagte: 'Hier ist alles ganz anders. Du wirst es sehen, wenn du kommst. Mach dir keine Gedanken.'"
Klubs kaufen lieber fertige Spieler
Alles anders. Es ist ein prägender Ansatz für viele türkische Talente, denen in der Heimat noch viele Hürden im Weg stehen, eine Entwicklung zu nehmen, um auf das höchste Niveau zu kommen.
Kabak, der Akman von Frankfurt überzeugte, ist nicht einmal ein gutes Beispiel. Der Innenverteidiger von Schalke 04 war unter Fatih Terim auf Anhieb Stammspieler bei Galatasaray, wechselte dann nach einem halben Jahr zum VfB Stuttgart in die Bundesliga, landete über Schalke dann ein halbes Jahr beim FC Liverpool.
Die Spielzeit, die Kabak bei Galatasaray bekam, wird vielen anderen Talenten verwehrt, weil die Klubs viel lieber fertige Spieler kaufen. Ömer Faruk Beyaz (17), der bei Fenerbahce jahrelang das große Versprechen war, stand kurz vor dem Durchbruch in den Profikader. Doch Fenerbahce kaufte allein der in der vergangenen Saison sechs neue Spielmacher, darunter Mesut Özil. Dass Beyaz die Flucht zum VfB Stuttgart ergriff, ist nicht überraschend.
Ali Akman: In Bursa gilt er als Verräter
Auch Akman hatte einige Angebote aus der Süper Lig. Er war nicht nur jedem ein Begriff, weil er der Neffe von Ex-Nationalspieler Ayhan Akman (u.a. Besiktas und Galatasaray) ist, sondern auch, weil er Tore beinah nach Belieben machte.
Mit 17 Jahren hatte Akman schon 130 Tore in 143 Spielen erzielt. Die großen Klubs wollten ihn alle haben, doch Akman wusste, dass er schneller ausgetauscht werden kann, als es ihm lieb ist. Deswegen sagt er heute auch: "Ich war mir von Anfang an sicher, dass ich nicht in der Türkei bleiben will."
Es war auch eine Flucht von Bursaspor, seinem Stammverein. Die Familie kommt aus der Stadt, Akman ist ein Fan des Klubs. Doch dass er seinen Vertrag nicht verlängerte und somit dem Klub um eine Ablöse brachte, wird ihm übelgenommen. Lokale Medienvertreter bezeichneten ihn als "Verräter", die Fans tun es heute noch.
Dass das hochverschuldete Bursaspor unter teils katastrophalen Bedingungen den Spielbetrieb am Leben hält, dem Klub mehrmals der Strom abgestellt wurde und dies keine idealen Bedingungen für ein sogenanntes Wunderkind sind, verschweigen sie in Bursa.
Dann lieber nach Frankfurt, wo er "weiß, dass hier junge Spieler eine Chance bekommen". Und er sich vollkommen auf Fußball konzentrieren kann. Besonders beeindruckten ihn die Gespräche mit den inzwischen abgewanderten Frankfurt-Bossen Fredi Bobic und Adi Hütter.
"Mir war wichtig zu verstehen, wie ernst es die Klubs mit mir meinen. So wie die beiden mich behandelten, mir früh das Vertrauen vermittelten, mir zeigten, wie gut sie mich kennen - das war schon sehr besonders. Wenn dich ein Klub wie Frankfurt will, ist es schon etwas Besonderes."
Dass er nach den Querelen und der Vertragsauflösung in Bursa nun schon seit Januar in Frankfurt mittrainiert, ist ein Vorteil. Aber Akman sagte bei der Vorstellung in Frankfurt: "Ich bin kein Träumer, ich bin ein Realist. Ich weiß, dass ich noch viel tun muss - vor allem körperlich." Immerhin bekam der Dolmetscher diese Übersetzung einigermaßen gut hin.