BVB - Thomas Meunier von Borussia Dortmund im Interview: "Das Profigeschäft erschien mir vollkommen unmöglich"

Thomas Meunier spielt seit Sommer 2020 beim BVB.
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Wie meinen Sie das?

Meunier: Es ist egal, ob ich für Sassuolo, Fulham oder Paris spiele - ich mache, was ich am meisten liebe und dafür muss ich mich nicht rechtfertigen. Okay, es war in dem Moment Marseille, aber es hätten auch St. Etienne, Lyon oder Lille sein können. Für mich war es dasselbe, es war mir egal, von wem die Choreo war. Mir ist auch Marseille egal, ich bin ja nicht einmal Franzose oder Pariser. Es war einfach eine wundervolle Choreo und das war's. Ich habe mich auch mit zwei Jungs von den Ultras unterhalten und ihnen gesagt: Es tut mir leid, aber ich werde mich nicht entschuldigen, denn das ergibt für mich keinen Sinn.

Was wäre nun, wenn Ihnen als BVB-Spieler etwas Ähnliches mit Schalke 04 passieren würde?

Meunier: Schalke macht nicht solche Choreos wie die Dortmunder Fans. Daher ist es ausgeschlossen, dass ich eine Choreo von Schalke liken werde.

Sie kamen im vergangenen Sommer nach Dortmund. Wann erreichte Sie die Anfrage und wieso haben Sie sich für den BVB entschieden?

Meunier: Das war im Januar 2020. Ich habe nach vier Jahren in Paris etwas gesucht, das mehr meiner Mentalität entspricht. Ich hätte zu Atletico, Juve, Tottenham oder Inter gehen können, aber ich wollte wie einst in Brügge in einer wirklich authentischen Fußballkultur spielen. Als ich erstmals mit Dortmund sprach, wurde dieser Aspekt sehr offensichtlich und mir sofort klar: Da möchte ich hin!

Ihre Frau soll anfangs nicht besonders begeistert davon gewesen sein.

Meunier: Sie fragte mich: Ist Dortmund eine große Stadt? Es ist ein großer Klub und verglichen mit Belgien auch eine große Stadt, aber natürlich nicht Paris, sagte ich. Aber Tottenham ist in London - da wäre es doch besser, dorthin zu gehen, erwiderte sie. Sie sah eben auch das Leben abseits des Fußballs. Das haben wir in Paris sehr genossen und daher suchten wir auch etwas Ähnliches. Ich habe dann gesagt: Sorry, aber ich kann mich nicht für Tottenham entscheiden, denn ich möchte nach Dortmund. Das war also ein kleines Problem zwischen uns, doch sie weiß auch, dass ich nur noch fünf oder sechs Jahre in meiner Karriere habe. Danach können wir die Zeit immer noch genießen.

Sie haben dann unter Lucien Favre gleich viel gespielt, zuletzt aber kaum noch. Es war gewiss nicht Ihre beste Saison. Auf Ihren Social-Media-Kanälen verwenden Sie stets den Hashtag #TÔTOUTARD, was übersetzt "früher oder später" heißt und bedeuten soll, dass alles zum richtigen Zeitpunkt kommt. Gilt das auch für Sie beim BVB?

Meunier: Das spiegelt meine Denkweise wider: Wenn du für das, was du möchtest, arbeitest, wirst du es auch bekommen. Diese Saison war keine gute von mir. Ich hatte nach Corona und ohne Zuschauer in den Stadien wirklich Schwierigkeiten, mich zu 100 Prozent auf den Fußball zu konzentrieren. Fußball war für mich manchmal langweilig. Ich denke, dass ich jetzt den Schalter umgelegt habe. Ich warte nun nur noch darauf, die EM zu spielen und die neue Saison mit dem neuen Trainerteam zu beginnen. Es geht jetzt nochmal von vorne los, als hätte ich gerade erst in Dortmund unterschrieben.

Als Sie nach Dortmund wechselten, hatten Sie aufgrund der Corona-Pause in Frankreich sieben Monate lang kein Spiel mehr bestritten. In den Partien für den BVB gelang Ihnen nicht viel. Medien und Fans gingen daher nicht gerade zimperlich mit Ihnen um. Wie nahe ist Ihnen das gegangen?

Meunier: Ich bin nicht viel auf Social Media unterwegs und folge auch niemandem. Das ging mir also nicht direkt nahe, aber ich brauche auch niemanden, der mir sagt, dass ich ein schlechtes oder gutes Spiel gemacht habe. Das bekomme ich schon selbst hin. Ich habe schon oft gesagt, dass ich natürlich nicht glücklich mit meiner Saison bin. Das war nicht der Thomas Meunier, den ich kenne - und das haben die Leute ebenfalls gesehen. Sie hatten daher jedes Recht, nicht glücklich mit meinen unterschiedlichen Leistungen zu sein. Ich habe auch mit dem Verein geredet. Man hat sich viel mehr von mir versprochen, ich von mir genauso. Ich kann Ihnen keine Antwort darauf geben, warum wir am Anfang nicht zusammengepasst haben. Es ist kompliziert zu erklären.

Nach der Verletzung von Mateu Morey gab es nur noch zwei Rechtsverteidiger im Kader, doch statt Ihnen spielte mit Lukasz Piszczek ein Spieler, der zuvor lange außen vor war.

Meunier: Das war zu diesem Zeitpunkt der Saison die Entscheidung des Trainers. Ich habe verstehen können, dass der Trainer mir nicht wirklich voll vertraut und er eine in Anführungszeichen sichere Bank wie Piszcu präferiert hat. Das war für mich kein Problem, weil ich immer noch positiv denke. Ich habe mich auch kein einziges Mal beschwert. Ich bin mir sicher, dass ich in der Zukunft deutlich besser sein werde.

Wie fällt Ihr Fazit den Verein betreffend aus?

Meunier: Wir haben zwar den Pokal gewonnen und uns für die Champions League qualifiziert, aber wir müssen trotzdem kritisch analysieren, dass es von jedem von uns keine großartige Saison war. Wir können viel besser sein, aber das müssen wir konstant zeigen, nicht nur in den großen Spielen oder wenn wir sprichwörtlich das Messer an der Kehle haben. Ich bin mir sicher, dass wir in der neuen Spielzeit individuell wie kollektiv große Dinge erreichen werden.

Sie sagten vorhin, dass Ihre Laufbahn nicht mehr ewig andauern wird. Zum Ende der Karriere wollen Sie unbedingt wieder als Stürmer spielen. Glauben Sie, dass Sie dafür den Profibereich wieder verlassen müssen?

Meunier: Das kann sein. Hauptsache, ich darf noch einmal Stürmer wie zu meinen guten alten Zeiten sein. Damals habe ich das Spiel bestimmt, habe gedribbelt und oft getroffen. Heute frage ich mich manchmal, wie meine Karriere wohl verlaufen wäre, wenn ich 2012 in Brügge unter Juan Carlos Garrido vor dem Europa-League-Spiel gegen Maritimo Funchal nicht zugestimmt hätte, dass er mich als Rechtsverteidiger aufstellt. Ich kann mich aber natürlich nicht beschweren. Ich hätte keine bessere Karriere haben können, auch wenn ich nun Rechtsverteidiger bin. (lacht)

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