BVB - Lukasz Piszczek und seine Situation bei Borussia Dortmund: Drangehängt und abgehängt

Lukasz Piszczek, BVB
© IMAGO / Poolfoto

Lukasz Piszczek wird am Samstag zum letzten Mal in seiner Karriere in der Bundesliga gegen den FC Bayern München antreten (18.30 Uhr im LIVETICKER). Zum Einsatz kommen wird der langjährige BVB-Profi aber wohl nicht - wie so oft in seiner elften, der finalen Saison für Borussia Dortmund.

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Blickt man als neutraler Beobachter mit etwas verklärender Nostalgie auf die Sache, kann man sie gewiss traurig nennen. Nun, bald sechs Jahre nach Jürgen Klopps Abschied, stehen noch immer zwei Spieler im Kader von Borussia Dortmund, die zu den Protagonisten der großen Erfolge zu Beginn des Jahrzehnts gehörten. Marcel Schmelzer und Lukasz Piszczek sind mittlerweile jedoch zu Nebendarstellern verkommen, deren Zeit beim BVB geräuschlos gen Ende trudelt.

Bei Schmelzer ist dies schon seit über zwei Jahren der Fall und hat seit vergangenem Sommer vor allem mit einer öffentlich nicht genauer definierten Knieverletzung zu tun, die sich schwer nach einem Knorpelschaden anhört. Der ehemalige Kapitän wird wohl in dieser, gewiss aber in der neuen Spielzeit nicht mehr zur Mannschaft gehören.

Das gilt auch für Piszczek, der seine Karriere als Profi beenden wird. Dass der Pole allerdings dermaßen außen vor ist und in dieser Saison bislang auf lediglich 449 Spielminuten kommt, war so nicht abzusehen. Erst Recht nicht, nachdem er das Ende seiner Laufbahn nach hinten schob und seinen Vertrag noch einmal um ein weiteres Jahr verlängerte - inklusive reichlicher wie berechtigter Lobeshymnen.

"Lukasz Piszczek ist absoluter Führungsspieler in unserem Team, außerdem ist er auch körperlich in einer Top-Verfassung. Daher war es folgerichtig, den Vertrag mit ihm um ein weiteres Jahr zu verlängern", sagte Sportdirektor Michael Zorc damals. Auch Lucien Favre, der nicht für Elogen auf seine Spieler bekannt ist, nannte Piszczek einen "außergewöhnlich intelligenten Fußballspieler" und befand, es sei "schon etwas Fantastisches", den Defensivmann im Team zu haben.

BVB-Urgestein Piszczek: "Ich habe mit mehr Spielen gerechnet"

Diese warmen Worte hatte sich der unermüdliche Vorzeigeprofi Piszczek in den Jahren seit seinem Wechsel 2010 von Hertha BSC zum BVB erarbeitet, doch sie waren auch mit seinen Leistungen in der Vorsaison verbunden. 2019/20 kam der heute 35-Jährige noch auf 38 Pflichtspiele (ein Tor, vier Vorlagen), 32 davon in der Startelf. 2731 Minuten riss er ab, vom 22. bis 34. Spieltag führte er die Borussia als Kapitän aufs Feld und verpasste in diesen 13 Bundesligapartien nur 46 Minuten.

Dass es in seiner finalen, der elften Saison in Dortmund etwas weniger würde in Sachen Spielanteilen, dürfte auch Piszczek klar gewesen sein. Der BVB hatte Thomas Meunier verpflichtet, zusammen mit Mateu Morey bildet der Belgier das Duo der Zukunft auf der Position des Rechtsverteidigers. Da Ersterer jedoch gerade zu Saisonstart stark schwächelte und der Spanier verletzt ausfiel, hätte man Piszczek schon mehr Partien zugetraut.

Größere Chancen bestünden für ihn heutzutage als Mitglied einer Dreierkette, doch obwohl die Favre in zwölf der 19 Pflichtspiele bis zu seiner Entlassung spielen ließ, kam er nur zu Kurzeinsätzen. "Ich habe mit mehr Spielen gerechnet", sagte Piszczek schon vor Wochen gegenüber polnischen Medien. "Ich würde gerne in jedem Spiel spielen, aber ich weiß, wie groß die Konkurrenz in der Mannschaft ist und welchen Status ich darin habe. Ich weiß, wo ich stehe. Die Minuten könnten sicherlich mehr sein, aber andererseits habe ich es geschafft, in der Champions League ein Tor zu schießen. Das Tor gegen Zenit St. Petersburg entschädigte für andere Probleme."

BVB-Sieg in Russland: Weiterer Fußballtraum für Piszczek

Und dieser Treffer war dazu noch eminent wichtig. Es war das Ausgleichstor in der 68. Minute, das den Beginn der Wende in der Partie markierte. Dank des 2:1-Sieges in Russland zog Dortmund ins Achtelfinale ein.

Es war Piszczeks erstes CL-Tor überhaupt: "Ich kann einen weiteren Fußballtraum abhaken. Ich habe in jedem Wettbewerb getroffen, den ich gespielt habe", sagte er. Verglichen mit seinen Einsatzzeiten in der Bundesliga hatte er genug Gelegenheit dazu: in der Königsklasse bekam Piszczek über viermal so viele Minuten.

Auch wenn Piszczek nur noch selten zum Einsatz kommt: Wie bei Schmelzer ist es auch bei ihm vor allem seine Präsenz in der Kabine, die ihn weiterhin wertvoll für das Team macht. Der 66-fache Nationalspieler ist einer der Anführer, seine Worte haben Gewicht - gerade für die Vielzahl junger Spieler, die sich in Dortmunds Kader tummeln.

Lukasz Piszczek erzielte in St. Petersburg das 1:1 für den BVB und sein erstes Champions-League-Tor.
© getty
Lukasz Piszczek erzielte in St. Petersburg das 1:1 für den BVB und sein erstes Champions-League-Tor.

BVB-Rekordspieler: Piszczek auf Platz sieben

"Um es klar und deutlich zu sagen: Lukasz ist extrem wichtig für uns - sowohl auf, als auch neben dem Platz. Er ist jemand, der immer wieder gut vorweg geht und auch wenn man's ihm nicht zutraut, oft recht deutlich und laut wird, wenn es nötig ist", sagte Interimscoach Edin Terzic kürzlich.

Am Samstag wird Piszczek ein letztes Mal in seiner Karriere mit nach München reisen. 36 Begegnungen gegen den Rekordmeister standen in seiner Zeit in der Bundesliga an. Sechs davon verpasste er verletzt, fünf Mal saß er 90 Minuten auf der Bank. Stand Piszczek gegen die Bayern auf dem Feld, gewann sein Team zehn Mal bei zwei Remis und 13 Niederlagen. Kommt er zum Einsatz, wäre es sein 375. Pflichtspiel (19 Tore, 64 Vorlagen) für den BVB, nur sechs Spieler haben mehr geschafft.

Deutlich klarer als die Frage nach einem möglichen letzten Auftritt gegen den FCB ist da schon die Zukunft von "Vladi", wie Piszczek von seinem Kumpel Schmelzer genannt wird. "Ein paar Vereine aus der Ekstraklasa haben mich kontaktiert und gefragt, ob ich an ihren Angeboten interessiert wäre, aber ich habe immer gesagt, dass ich im Moment einen Plan für meine Zukunft im Kopf habe", sagte Piszczek.

Piszczek in Polen: 3. Liga und eigene Akademie

Der sieht vor, dass er im Juni nach Polen zurückkehren und bei seinem Heimatklub LKS Goczalkowice-Zdroj "in der 3. Liga helfen werde". Dort hat er neben dem Kicken reichlich zu tun: Seine eigene, im Sommer 2019 eröffnete Kinder- und Jugendfußballschule mit dem Namen "BVB-Akademie Lukasz Piszczek" wartet auf ihn. Derzeit sind dort rund 60 Kinder von der U8 bis U12 aus Piszczeks Heimatregion zugegen. Bis zur U18 soll die Förderung anwachsen, die ein Kooperationsprojekt des BVB mit Piszczeks eigener Stiftung ist.

Er wird mit seiner Familie nach Kattowitz ziehen und von dort aus die rund 50 Kilometer pendeln. "Am Anfang werde ich wahrscheinlich etwas Ruhe brauchen, aber wie ich mich kenne, weiß ich auch, dass ich bei so vielen Trainings wie möglich dabei sein will", sagte Piszczek. Mit diesem Ausklang der Laufbahn erfüllt er sich einen lang gehegten und angekündigten Traum - es sei ihm gegönnt.

Lukasz Piszczek: Seine Karriere beim BVB im Überblick

WettbewerbPflichtspieleToreVorlagen
Bundesliga2581644
DFB-Pokal3419
DFL-Supercup6-1
Champions League5416
Europa League2214