Außerdem äußert sich Wagner zu seinem Bezug zu den Menschen im Ruhrgebiet, die Erweiterung des Trainerstabs, Alex Nübel und die Turbulenzen um Clemens Tönnies.
Herr Wagner, wie fällt Ihr erstes Zwischenfazit auf Schalke aus?
David Wagner: Schalke macht mir so viel Spaß, wie ich das erhofft und auch erwartet hatte. Ich lebe mit der Familie hier, kenne die Region. Wir fühlen uns wohl und haben Bekannte und Freunde vor Ort. Das waren auch einige der Gründe, warum wir das mit Schalke machen wollten. Außerdem mag ich den Schlag Menschen hier, die geradeaus, ehrlich und offen sind und die keine Spielchen spielen wollen. Es macht Spaß, hier zu leben.
Wie haben Sie dem Schalker Spiel so schnell einen neuen Anstrich verpasst?
Wagner: Wir sind mit einer klaren Idee angetreten und haben eine total offene und willige Mannschaft vorgefunden, die neue Sachen angehen will und sich darauf einlässt. Wir sind ganz weit weg davon zu sagen, es läuft alles wie geschmiert. Aber wir haben alle zusammen das Gefühl, auf einem Weg zu sein, der in die richtige Richtung geht. Allerdings ist dieser Weg noch lang, wir haben lediglich die ersten Schritte gemacht.
Ein Gesicht des zarten Aufschwungs ist Amine Harit. Was haben Sie mit ihm gemacht, dass er plötzlich wieder so gut ist?
Wagner: Er hat zweifellos in Paderborn ein gutes Spiel gemacht. Aber er war auch in den letzten Wochen schon gut, hat unheimlich viel gearbeitet, gerade bei gegnerischem Ballbesitz. Er hat unsere Dinge angenommen und will allen zeigen, dass das Bild, welches viele Menschen von ihm hatten, nicht das richtige ist. Nicht nur Amine, auch allen anderen Spielern, können wir ein Umfeld bieten, in dem man sich wohl fühlen kann. Aber den Rest hat der Junge ganz alleine gemacht.
Wagner: "Dass einiges nicht funktioniert hat, ist Fakt"
Waren Spieler wie Hamza Mendyl, Yevhen Konoplyanka oder Nabil Bentaleb Unruheherde und sollten oder wurden deshalb aussortiert?
Wagner: Das kann ich nicht beurteilen, weil ich letzte Saison nicht da war. Aber dass einiges nicht funktioniert hat, ist Fakt. Aber im Grunde sind immer noch dieselben Spieler hier, die jetzt einen anderen Fußball spielen. Das sind mehrere Mosaiksteinchen, die zusammengefügt wurden.
Wie viel Wert legen Sie auf ein gesundes Gruppengefüge?
Wagner: Es geht nichts darüber. Das ist es, was eine Mannschaft trägt. Jeder muss sich für alles verantwortlich fühlen, keiner kann sich rausnehmen. Gruppendynamik, Teamspirit und Zusammenhalt sind extrem wichtig. Und die Lust auf Arbeit bei einem Klub wie Schalke 04. Das brauchen wir.
Wie wichtig wäre die Rückkehr ins internationale Geschäft für Schalke?
Wagner: Die fetten Jahre sind vorbei, in denen man finanziell eher im oberen Drittel der Bundesliga angesiedelt war. Diese Möglichkeiten hatten wir nicht und werden sie wohl auch in den kommenden Transferfenstern nicht haben. Wir müssen also kluge Entscheidungen treffen. Wir sind fraglos dafür verantwortlich, dass sich unsere sportliche Lage wieder verbessert. Aber das funktioniert nicht im Handumdrehen, wir benötigen Kontinuität und Zeit.
Wagner: Europapokal "ein unrealistisches Ziel"
Ist der Einzug in den Europapokal ein realistisches Saisonziel?
Wagner: In dieser Saison ist das ein unrealistisches Ziel. Während meiner Vertragslaufzeit stelle ich mich diesem Ziel aber. Der FC Schalke muss diesen Anspruch haben.
Sie haben auch das Team hinter dem Team vergrößert. Warum?
Wagner: Ich bin sehr froh, dass wir uns im Staff breiter aufstellen konnten, mit einem Teammanager, einem Sportpsychologen. Das sollte eigentlich business as usual sein, aber wir hatten das nicht. Das erleichtert gerade für die ausländischen Spieler doch einiges, wenn es Leute gibt, die sich kümmern und im Alltag helfen. Ich war selbst vier Jahre in England, also nicht hinterm Mond. Aber es ist schwierig, sich zurechtzufinden, wenn man die Sprache vielleicht noch nicht so gut kann. Ich habe jeden Respekt vor einem, der seine Komfortzone verlässt, in ein fremdes Land geht, ohne Freunde und das in einem Job, der jedes Wochenende öffentlich bewertet wird. Das ist nicht so einfach, wie man sich das vorstellt.
Warum haben Sie Alexander Nübel schon in so jungen Jahren zum Kapitän gemacht?
Wagner: Es gab mehrere Spieler, die dafür in Frage gekommen sind. Ich habe mich für Alex wegen seiner Sozialkompetenz entschieden, weil er sportlich unumstritten ist und ein schlauer, intelligenter junger Mann ist. Und ich wollte Strukturen aufbrechen und neuen Spielern Verantwortung geben. Wir sind alle sehr glücklich mit dieser Entscheidung, er macht das sehr gut.
Wagner: Tabellenführung "interessiert mich Nullkommanull"
Mit ein wenig zeitlichem Abstand - wie haben Sie die Turbulenzen um Clemens Tönnies erlebt?
Wagner: Uns als Verein hat das nicht geholfen, aber es ist gut, dass es thematisiert und aufgearbeitet wurde. Beim FC Schalke wird diese Lawine, die dann entsteht, vielleicht ein bisschen größer als bei einem anderen Verein. Das ist das, was Klubs dieser Größe und Wucht dann ausmacht.
Am Freitag kommt Mainz in die Arena, mit einem Sieg mit drei Toren Unterschied oder mehr könnten Sie über Nacht Tabellenführer werden.
Wagner: Das interessiert mich nullkommanull. Mich interessiert der Gegner und über den weiß ich alles, was ich wissen muss.
Sind die sieben Punkte bisher auch ein wenig trügerisch? Immerhin wurden die beiden Siege gegen den 17. und 18. der Tabelle eingefahren.
Wagner: Ich kann nicht widerlegen, dass wir gegen Berlin mit zwei Eigentoren 2:0 in Führung gegangen sind oder auf welchem Platz Hertha und Paderborn aktuell stehen. Aber auch das interessiert mich überhaupt nicht. Wir wollen dahin kommen, dass wir uns unabhängig machen können von Begleitumständen und uns nur auf uns konzentrieren.
FC Schalke 04: Die bisherigen Saisonergebnisse
Spieltag | Heimteam | Auswärtsteam | Ergebnis |
1 | Borussia Mönchengladbach | FC Schalke 04 | 0:0 |
2 | FC Schalke 04 | FC Bayern München | 0:3 |
3 | FC Schalke 04 | Hertha BSC | 3:0 |
4 | SC Paderborn 07 | FC Schalke 04 | 1:5 |