Im Interview mit SPOX und Goal spricht Krüzen über die Gründe für das Ende bei Ajax Amsterdam, benennt die Fehler, die bei Borussia Dortmund gemacht wurden, und äußert sich zur damaligen Kritik am Spielsystem.
Zudem zieht Krüzen ein Zwischenfazit von der Zeit in Leverkusen und spricht über die besten Spieler, die er je trainiert hat - unter anderem Bayer-Juwel Kai Havertz.
Herr Krüzen, Peter Bosz hat zu Dortmunder Zeiten mal verraten, dass Albert Capellas derjenige im Trainerteam war, der am besten mit dem Computer umgehen kann. In Leverkusen ist Capellas nicht mehr dabei, mittlerweile arbeitet er als Trainer der U21 Dänemarks. Haben Sie das jetzt gemeinsam mit Bosz in die Hand genommen?
Hendrie Krüzen: Nein, immer noch nicht. Ich selbst habe noch nie in meinem Leben mit dem Computer gearbeitet. Ich muss auf dem Platz stehen und dort beobachten - das ist meine Arbeit. In Leverkusen sind diese Dinge bei unserem Videoanalysten Simon Lackmann und Marcel Daum als dafür verantwortlichem Co-Trainer in sehr guten Händen. Für Peter und mich ist das eine große Erleichterung.
Capellas arbeitete in der vergangenen Saison als Co-Trainer von Jordi Cruyff in der chinesischen Super League. Wieso ist er nicht mit nach Leverkusen gekommen?
Krüzen: Weil es in Leverkusen in Xaver Zembrod bereits einen Co-Trainer gab, der den Verein und die Spieler sehr gut kennt. Das war eine der Lehren aus der Zeit in Dortmund, dass Peter einen deutschen Co-Trainer wollte, der schon beim Klub angestellt ist und die Bundesliga kennt. Wir hatten mit Xaver vor unserem Engagement ein Gespräch. Das war so gut, dass es keine Alternative zu ihm gab. Die bisherige Zusammenarbeit gibt uns auch recht.
Auch Sie nahmen im letzten Sommer einen neuen Job an, als Co-Trainer der niederländischen U21. Das Engagement dauerte nur vier Monate, da Sie mit Bosz im Dezember nach Leverkusen gingen. War das im Vorfeld so besprochen, dass Sie wieder zusammenarbeiten, sobald Bosz einen neuen Verein findet?
Krüzen: Ja. Ich habe im niederländischen Verband sehr viele Freunde und Bekannte. Man hat mich dann gefragt, ob ich in dieser Zwischenzeit, in der Peter und ich ohne Verein waren, mithelfen möchte. Ich habe mich mit Trainer Erwin van de Looi unterhalten und unter der Bedingung zugesagt, dass ich sofort die Freigabe erhalte, sollte Peter einen neuen Verein finden. Ich habe nicht einmal einen Vertrag unterschrieben, um dort zu arbeiten. Ich konnte einfach nicht so lange gar nicht auf dem Platz stehen. Ich habe dort viele junge Spieler genauer kennengelernt - und das kann eines Tages vielleicht auch ein Vorteil für Leverkusen sein.
Wie hat denn Bosz das Jahr ohne Traineramt verbracht und wie sah Ihr Kontakt zueinander aus?
Krüzen: Wir hatten jeden einzelnen Tag Kontakt. Ich habe ihn auch gefragt, ob er damit einverstanden ist, dass ich zur U21 gehe. Er meinte sogar: Das musst du machen. Peter selbst hat sich in der Zeit vor allem viele Spiele angeschaut und sich mit Vereinsvertretern ausgetauscht, um Kontakte zu halten. Auch der Draht zu Leverkusen bestand ständig, er wurde ja schon vor der Zeit beim BVB etabliert.
Bosz und Sie kennen sich seit über 30 Jahren. Sie spielten Anfang der Jahrtausendwende in Apeldoorn, Bosz war damals Ihr Trainer. Wie erinnern Sie sich daran?
Krüzen: Kennengelernt habe ich ihn Ende der 1980er Jahre im Kreis der Nationalmannschaft. Ich erinnere mich noch an unser Spiel im Wembley-Stadion gegen England. Das waren die ersten Male, bei denen ich Peter begegnet bin. Etwas mehr als zehn Jahre später wurde Peter dann Trainer in Apeldoorn. Ich wollte eigentlich meine Karriere beenden. Dann rief mich Peter an und fragte, ob ich nicht noch zwei Jahre weiterspielen könne. Das war damals die dritte niederländische Liga. Ich habe mich dann breitschlagen lassen, weil wir ein echt cooles Team mit einigen ehemaligen Profis wie Torhüter Stanley Menzo hatten.
Bosz meint, Sie seien eine ganz andere Persönlichkeit als er. Stimmt das?
Krüzen: Er ist halt ein Verteidiger, der haut nur rein. Ich bin mehr der Filigrane für den schönen Fußball. Letztlich sind wir beide direkt und ehrlich. Dadurch können wir ideal miteinander umgehen. Mittlerweile verstehen wir uns blind.
"Hendrie ist immer noch Spieler im Kopf", sagte Bosz mal über Sie.
Krüzen: Da hat er voll und ganz Recht. Ich mache am liebsten noch selbst mit, das hat sich bis heute nicht verändert. Gerade wenn wir das kleine Positionsspiel trainieren, bin ich gerne mit dabei, auch wenn meine Knie nicht mehr so mitmachen. Vor allem bin ich aber dabei, wenn im Mannschaftskreis Tischtennis, Darts oder Fußballtennis gespielt wird. Das ist Eins gegen eins, man ist nicht abhängig von anderen - und ich halte mit den jungen Burschen mit, das kann ich Ihnen sagen!
Wenn Sie noch Spieler im Kopf sind, was ist dann Bosz?
Krüzen: Er ist ein großer Denker. Er denkt unheimlich viel nach, bei ihm muss alles geradlinig in dieselbe Richtung gehen. Alles muss vorher geregelt sein, damit es keine Überraschungen gibt. Zum Beispiel beim Training: Deshalb gehe ich mit Xaver immer eine halbe Stunde vor Trainingsstart auf den Platz, um alles so anzurichten, wie es Peter gerne hat.
International bekannt geworden ist Bosz in seiner Saison bei Ajax, als er das Europa-League-Finale erreichte. Nach einer Saison war es aber schon vorbei, da man mit dem Rest des Trainerstabs, der bei Ajax bereits war, nicht harmonisch zusammenarbeiten konnte. Wie schade fanden Sie es, dass es dort nicht weiterging?
Krüzen: Sehr schade. Wir hätten gerne weitergemacht, weil wir uns sehr darüber gefreut haben, beim größten Klub unserer Heimat zu arbeiten.
Wo lag genau das Problem?
Krüzen: Ich habe innerhalb des relativen großen Trainerstabs von Anfang an eine Distanz uns gegenüber gespürt. Nach zwei, drei Wochen habe ich zu Peter gesagt: Du, das klappt so nicht, das wird nicht gutgehen. Peter meinte dann, ich solle der Sache eine Chance geben und mir weitere Kommentare verkneifen. Zwei Monate später kam Peter zu mir und meinte: Hendrie, du hattest Recht.
Wie haben Sie diese Distanz wahrgenommen?
Krüzen: Ich behaupte, dass ich dafür eine gewisse Fähigkeit habe. Ich kann das fühlen. Es war einfach keine ideale Zusammenarbeit. Die größte Leistung war es wohl, dass wir trotzdem gemeinsam das Europa-League-Finale erreicht haben.