Würden Sie sagen, dass er in der Öffentlichkeit ein falsches Image hat?
Diaby: Ich finde zumindest nicht, dass er auf dem Spielfeld zu einer anderen Person geworden ist. Über ihn wird natürlich sehr viel gesprochen und geschrieben, aber da ist auch immer einiges an Quatsch dabei. Wie will man auch über ihn als Person urteilen, wenn man nur externe Einblicke hat?
Wie häufig hat er sich denn im Training zu Schwalben hinreißen lassen?
Diaby: Es kam vor, aber nicht oft - und er war auch nicht der Einzige. (lacht)
Wie haben Sie Mbappe wahrgenommen, der ja nur ein paar Monate älter ist als Sie?
Diaby: Seine Siegermentalität ist enorm ausgeprägt. Er ist immer heiß auf Tore und zählt auch die, die er im Training schießt. Kylian ist natürlich sehr eng mit uns jungen Spielern gewesen, schließlich gehört er ja selbst noch dazu. Deswegen weiß er auch ganz genau, was wir aktuell durchmachen oder kürzlich noch durchgemacht haben. Ihm erging es genauso, nur ist er einfach so schnell so gut geworden, dass er sich um solche Dinge wie regelmäßige Spielpraxis keine Gedanken machen muss. Er war uns ein paar Schritte voraus.
Nachdem PSG das Finale des Coupe de France gegen Rennes verloren hatte, kritisierte Neymar die jungen Spieler in der Mannschaft und meinte, sie würden nicht auf die Ratschläge der Erfahrenen hören. Was sagen Sie dazu?
Diaby: Ich habe das mitgekriegt, aber ich kann dazu nichts sagen, weil ich nicht weiß, wen er da genau gemeint hat und welche Botschaft er damit aussenden wollte. Ich weiß, dass ich ein junger Spieler bin, aber ich denke nicht, dass er zwangsläufig von mir gesprochen hat. Deshalb kann und will ich das auch gar nicht kommentieren.
Gab es denn intern Auseinandersetzungen zwischen Jung und Alt?
Diaby: Nein. Wir hatten in der Kabine eine gute Stimmung und haben viel zusammen gelacht. Es gab keine Diskussionen in dieser Hinsicht. Wenn die erfahrenen Spieler mit den jüngeren geredet haben, dann wurde zugehört und versucht, die Ratschläge anzunehmen. Ich habe nie beobachtet, dass einer der Jungen nicht zuhören wollte.
Unter Tuchel kamen Sie letztlich auf 34 Pflichtspiele, in denen Ihnen vier Tore und sieben Vorlagen gelangen. Zu welchem Zeitpunkt der Vorsaison wurde Ihnen denn klar, dass Sie PSG verlassen werden?
Diaby: Einen genauen Moment gab es nicht. Ich wäre auch gerne in Paris geblieben - dann hätten sich meine Perspektiven allerdings deutlich verbessern müssen. Ich bin ein junger Spieler, der dringend regelmäßig spielen muss. Ich will mich so schnell wie möglich weiter verbessern. Daher habe ich mich anderweitig umgeschaut und wollte auch keine weitere Leihe. Ich wollte zu einer Mannschaft, die wie PSG mit viel attackierendem Ballbesitz spielt, starke Spieler in ihren Reihen hat und mir die Möglichkeit gibt, dort schnell Stammspieler zu werden. In Paris hätte ich darauf noch warten müssen - wahrscheinlich zu lange. Leverkusen bietet mir diesbezüglich großartige Möglichkeiten, und das bei einem deutschen Top-Klub, der Champions League spielt.
Was hat Tuchel zu Ihren Gedanken gesagt?
Diaby: Er hat mir zunächst von der Bundesliga erzählt und wie es im deutschen Fußball grundsätzlich abläuft. Als es mit Leverkusen konkret wurde, meinte er, dass sei ein sehr guter Klub für mich, weil die offensive Spielphilosophie zu mir passen würde. Er konnte mir in Paris eben keine bestimmte Anzahl an Einsätzen garantieren. Auch was das betrifft, will ich bei Bayer 04 jetzt richtig durchstarten.
In Leverkusen trainieren Sie nun unter Peter Bosz, der des Französischen mächtig ist. Wären Sie auch ins Ausland gegangen, wenn der Trainer nicht Ihre Landessprache hätte sprechen können?
Diaby: Natürlich, aber das ist schon ein Glück und hilft mir schon sehr. Peter Bosz muss sich aber noch verbessern, was sein Vokabular angeht. (lacht)
Was wussten Sie denn im Vorfeld über Bayer Leverkusen?
Diaby: Ich habe mir schon mal Spiele von Bayer angeschaut, als ich noch nicht wusste, dass ich eines Tages dorthin wechseln würde. Der Klub war ja eigentlich immer in internationalen Wettbewerben dabei, sehr oft in der Champions League. Rund um meinen Wechsel habe ich mich dann natürlich intensiv mit Leverkusen beschäftigt. Mir gefällt der Offensivdrang des Teams und ich finde, dass es viele starke Einzelspieler gibt. Daher war ich schnell überzeugt, dass das ganze Projekt gut zu mir und vor allem zu meinem Tempospiel passen würde.
Die Ablösesumme, die Leverkusen nach Paris überwies, betrug 15 Millionen Euro - damit sind Sie der siebtteuerste Neuzugang in der Geschichte des Klubs. Was sagen Sie zu diesem Betrag?
Diaby: Sieht man die heutigen Transfersummen, dann ist er eher gering. (lacht) Aber die Ablösesumme macht mich schon stolz, weil es auch für Leverkusen ein sehr großer Transfer ist. Ich hoffe, dass ich diesen Betrag mit guten Leistungen rechtfertigen kann, damit der Klub und seine Fans eines Tages stolz auf mich sein können.
In den Medien wurden Sie schon als PSG-Supertalent und Pariser Juwel bezeichnet.
Diaby: Ich spüre keinen Druck. Ich bin auch kein PSG-Supertalent, sondern eines von vielen, die in Paris ausgebildet wurden. Ich verstehe aber, dass es etwas Besonderes ist und in den Medien einen gewissen Hype auslöst, wenn ein Spieler von PSG nach Leverkusen wechselt. Einfach auch deshalb, weil man normalerweise aus Paris nur zu einem noch größeren Klub wechselt. Ich bin aber wie gesagt ein junger Spieler, bin überzeugt von diesem Weg und glaube, dass Leverkusen für mich die beste Wahl war.