Zumindest gelang Ihnen mit dem SCP in der folgenden Saison der Durchmarsch in die Bundesliga. Gerade im letzten Drittel entstand ein regelrechter Hype auch um Sie, bei zahlreichen Klubs waren Sie im Gespräch. Haben Sie mit einer solchen Dynamik gerechnet?
Krösche: Nein, auch nicht mit der Anzahl an Anfragen. Wie im Vorjahr beim HSV war ich überrascht. Ich bin jedoch nun auch schon ein paar Jahre im Geschäft und weiß, wie eine solche Lawine entstehen kann - sowohl im Erfolgsfall, als auch bei Misserfolg. Ich habe mich daher nicht wie der Größte gefühlt, sondern konnte das alles gut einordnen.
Ab wann wurde Ihnen denn bewusst, dass Sie eines der vielen Angebote wahrscheinlich annehmen und den SCP verlassen werden?
Krösche: Je mehr klar wurde, dass der Bundesligaaufstieg klappen könnte, desto mehr kam ich zur Überzeugung, dass es nach diesem großen Erfolg Sinn ergeben würde, den Verein zu verlassen. Ich musste einfach überlegen, wohin ich persönlich genau möchte und wie die Möglichkeiten auf Weiterentwicklung in Paderborn aussehen. Durch den Aufstieg war für mich die Mission beim SCP gewissermaßen vollbracht. Ich habe es als Spieler schon geschafft, auf dem Höhepunkt aufzuhören. In Paderborn konnte ich ein funktionierendes, nachhaltig aufgestelltes System hinter mir lassen. Es war ein idealer Zeitpunkt, den nächsten Schritt zu gehen.
"Beim ersten Gespräch mit ihm haben mir 20 Minuten gereicht. Da wusste ich, wir sollten alles daran setzen, Markus Krösche nach Leipzig zu holen", sagte Ralf Rangnick über Sie. Hatten Sie diesen Eindruck auch?
Krösche: Ralf war ja auch nur 25 Minuten da. (lacht) Aber doch, auch ich hatte relativ schnell ein gutes Gefühl. Oliver Mintzlaff war noch mit dabei und die Atmosphäre total angenehm. Wir lagen schon nach wenigen Minuten inhaltlich auf einer Wellenlänge und hatten sehr ähnliche Vorstellungen, wie wir arbeiten und gewisse Dinge angehen wollen. Es passte also vom ersten Moment an und wir haben die Entscheidung auch kurz darauf schon getroffen.
Was macht RB Leipzig für Sie aus?
Krösche: Spaß, Mut und Überzeugung: Diese drei Eigenschaften sind mir schon mein Leben lang extrem wichtig gewesen - und das strahlte Leipzig für mich immer aus, auf und neben dem Platz. Daher passen der Verein und auch Julian Nagelsmann als Trainer perfekt zu mir. Ich finde, es sind alle Voraussetzungen gegeben, um in den nächsten Jahren noch erfolgreicher zu werden.
Wenn Sie nun einen Trainer wie Nagelsmann erleben und das mit sich selbst vergleichen: Können Sie einem solchen Taktikfuchs inhaltlich das Wasser reichen?
Krösche: Ja, das kann ich. Ich habe meine Erfahrungen als Trainer im Profibereich zwar nicht in der ersten Reihe gesammelt, aber ich habe schon eine klare Idee davon, wie ich Fußball sehe. In den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass ich mich mit Julian inhaltlich sehr gut und kongruent austauschen kann. Wir sehen viele Dinge wie gewisse Spielprinzipien und -abläufe ähnlich und tauschen uns da auch auf Augenhöhe aus.
Was sind in Ihren Augen die besonderen Stärken von Nagelsmann?
Krösche: Für mich sind vier Dinge entscheidend, die einen guten Trainer ausmachen: Authentizität, soziale Kompetenz, das Potenzial eines Spielers erkennen können, um ihn besser zu machen, und das Coaching während des Spiels. All diese Punkte treffen bei ihm zu, das hat er ja in Hoffenheim hinlänglich bewiesen. Er hat einfach ein unfassbar gutes Gesamtpaket.
Ihr Abgang aus Paderborn sorgte derweil rund um den SCP für einen Sturm der Entrüstung, nicht weil Sie den Verein verließen, sondern weil im Zuge Ihres Wechsels eine Kooperation zwischen beiden Klubs bekannt gegeben wurde, die massiven Protest in der Paderborner Fanszene nach sich zog. Wie kam es zu dieser Vereinbarung?
Krösche: Auf Basis der wirklich sehr guten und respektvollen Gespräche rund um meinen Wechsel nach Leipzig kam von Paderborner Seite der Wunsch zu einer Art Know-how-Austausch auf. Das hatte nichts mit irgendwelchen Spielerwechseln, sondern vielmehr mit einer inhaltlichen Unterstützung im strukturell-wirtschaftlichen Bereich zu tun. Das war der Grundtenor des Ganzen, Spielerwechsel waren wie gesagt kein Bestandteil davon. Dem SCP war es daraufhin wichtig, diese Vereinbarung auch entsprechend zu kommunizieren. RB Leipzig hatte damit kein Problem. Im Nachhinein kann man sicher darüber streiten, ob der Begriff Kooperation falsch war. Doch all das, was medial letztlich in dieses Thema hineininterpretiert wurde, wurde von den Klubs gar nicht erst besprochen.
Wieso hat man nach ein paar Wochen dennoch einen Rückzieher gemacht und die geplante Kooperation auf Eis gelegt?
Krösche: Als nach der Bekanntgabe klar wurde, dass der Durchmarsch des SCP in die Bundesliga immer mehr zum Randaspekt verkam und die Fans sich dort fragten, was ihre Vereinsführung mit dem Klub anstellen würde, haben beide Parteien die Gespräche noch einmal vertieft. Dabei haben wir festgestellt, dass das Thema Kooperation inhaltlich nicht so darstellbar ist, wie man sich das während des ersten Austauschs vorgestellt hat.
Man ist also nicht aufgrund der vehementen Proteste vor den Fans eingeknickt?
Krösche: Nein.
Würden Sie diese Sache dennoch als Eigentor bezeichnen?
Krösche: Nein, das war es überhaupt nicht. Natürlich fand ich es richtig schade, dass der Erfolg des SCP derart überlagert wurde. Auf der einen Seite wollen alle immer die größtmögliche Transparenz. Ist das dann der Fall, ist es auch wieder nicht richtig. Die Öffentlichkeit hat die geplante Kooperation letztlich anders wahrgenommen. Man muss grundsätzlich damit leben, dass dir die Leute etwas vorwerfen. Das tangiert mich in dem Sinne auch nicht besonders, denn jeder hat seine Meinung und darf sie äußern. Das akzeptiere ich voll und ganz.
RB Leipzig ist vielen aktiven Fanszenen in Deutschland immer noch ein Dorn im Auge. Wie beurteilen Sie generell den Ruf Ihres neuen Klubs?
Krösche: Ich finde, dass sich die Wahrnehmung schon sehr verändert hat und dabei vor allem der sportliche Aspekt im Vordergrund steht, aber auch das Auftreten des Vereins insgesamt neben dem Platz. In ganz Deutschland und darüber hinaus wird dem Klub immer mehr Respekt dafür gezollt, welche Arbeit hier im Laufe der letzten Jahre geleistet wurde. Dass man immer ein paar Leute hat, die versuchen, den Fokus auf das Thema Retortenklub zu legen, ist doch normal. Man wird nicht alle ständig unter einen Hut bekommen, aber in meinen Augen hat sich der anfängliche Protest deutlich verändert und ist fast gar nicht mehr vorhanden. Für mich hat der Verein eine positive Ausstrahlung und ist eine Bereicherung für Deutschland. Wir werden diesen Weg weitergehen: Wir wollen die Menschen durch unsere ganz spezielle Art des Fußballs von unserer Arbeit überzeugen, aber gleichzeitig auch weiterhin als Klub polarisieren.