Was ebenfalls ungewöhnlich an Ihrer Beurlaubung war: Sportvorstand Andreas Bornemann, der immer Kontinuität predigte, wollte trotz 15 sieglosen Spielen am Stück bedingungslos an Ihnen festhalten. Es musste daher erst er entlassen werden, bevor man Sie vor die Tür setzen konnte.
Köllner: Das hatte in der Tat eine Dimension, die in der Bundesliga noch nicht so häufig vorgekommen ist. Andreas Bornemann war derjenige, der meine Arbeit als mein Vorgesetzter im operativen Geschäft bewertet und zusammen mit mir die Zielvorgaben festgelegt hat. Er war mit mir im Reinen, da ich alles, was der Verein von mir wollte, eins zu eins erfüllt habe. Es ist nichts eingetreten, womit wir nicht schon vor der Saison gerechnet hätten.
Inwiefern?
Köllner: Wir wollten bis zum Schluss auf Tuchfühlung zum Relegationsplatz bleiben. Als ich gehen musste, waren wir drei Punkte entfernt, zu Platz 15 waren es sechs Zähler. Wir hatten keine Mannschaft, die die Liga in Grund und Boden spielt, das war von vornherein klar. Es war uns deshalb bewusst, dass wir nur eine Chance haben würden, wenn wir ruhig und aus einer gewissen Verlässlichkeit und Stabilität heraus dranbleiben. Unser erklärtes Ziel war, und das wurde im Winter intern auch noch einmal so bekräftigt, in den letzten fünf, sechs Saisonspielen, wenn es bei den Konkurrenten unruhig wird und die Nerven ins Spiel kommen, unsere Chance zu nutzen. Wir hätten nichts zu verlieren gehabt, denn wir wussten ja, dass wir eigentlich auf einen dieser letzten Plätze gehören.
Letztlich wäre es beinahe so gekommen: Hätte Nürnberg die Heimspiele gegen Stuttgart und Schalke gewonnen, wäre der Klassenerhalt zumindest wahrscheinlicher gewesen.
Köllner: Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir das hauchdünn hätten schaffen können. Das hört sich zwar doof an, wenn man am Ende mit 19 Punkten absteigt. Der Saisonverlauf hat jedoch gezeigt, dass alles eingetreten ist, was wir vorab berechnet haben, um diese kleine Chance auf den Klassenerhalt zu wahren.
Auch mit der Art des Fußballs, die der Club unter Ihnen spielte? Schommers hat nach seiner Übernahme ja deutlich defensiver agieren lassen.
Köllner: Auch mit der Art des Fußballs, ja. Denn um ein Spiel zu gewinnen, musst du dir Chancen herausspielen und Tore schießen - auch wenn das einmal zu Lasten der Defensive geht. Sicherlich hat uns in einigen Spielen diese Balance gefehlt, doch richtig unter die Räder gekommen sind wir nur in Dortmund und Leipzig. In vielen anderen Begegnungen haben Kleinigkeiten den Ausschlag gegeben. Zwar waren wir immer gut dabei, aber wenn es dann so selten klappt, dann ist das auch das Merkmal eines Absteigers. Das muss man ganz klar sagen.
Haben Sie Ihre Beurlaubung in gewisser Weise kommen sehen?
Köllner: Nein. Ich war ja ständig mit dem Vorstand in Gesprächen. Wir waren alle davon überzeugt, dass unsere Phase am Saisonschluss kommen wird und wir ruhig bleiben müssen. Es gab erst am Montag vor meiner Beurlaubung eine einstimmige Abstimmung im Aufsichtsrat, dass der Kurs weiterhin so fortgesetzt wird. Innerhalb von sechs Tagen kam dann ein kompletter Turnaround zustande, den ich so nicht habe kommen sehen. Es hat sich daher unecht angefühlt, auch weil es wie gesagt unüblich ist, dass eine komplette Führungsetage auf einen Schlag mitten in der Saison ausgetauscht wird.
Am Tag nach dieser Abstimmung schied der FCN im Pokal gegen Zweitligist HSV aus und verlor am darauffolgenden Wochenende beim direkten Konkurrenten Hannover 96. Dachten Sie danach nicht: Jetzt könnte es eng werden?
Köllner: Sicherlich analysiert man jede Partie kritisch. Wir waren nach diesen Spielen natürlich unzufrieden. Allerdings muss man zumindest in Hinblick auf den Pokal für sich entscheiden: Was ist am Ende wichtiger, was ist das grundsätzliche Ziel? Selbstverständlich ist es schön, im Pokal weiterzukommen. Du musst aber letztlich die Kraft und die Breite im Kader haben, beide Wettbewerbe stemmen zu können. Im Vorjahr war es für uns gewinnbringend, gegen Wolfsburg ausgeschieden zu sein, weil dann die Konzentration und Kraft auf der Liga lag.
Wie meinen Sie das?
Köllner: Ich weiß nicht, ob es dem HSV gutgetan hat, bis ins Halbfinale gekommen zu sein. Der Fokus der Spieler gerät dann schnell mal weg vom Hier und Jetzt - und das ist immer die Liga. Wenn du als Erstligist bei einem Zweitligisten nach einer solch schlechten Leistung aus dem Pokal fliegst und weißt, wer schon alles draußen ist, dann ist das im ersten Moment enttäuschend. Doch so lag der Fokus wieder komplett auf dem Klassenerhalt. Und am Ende muss ich mein Ziel nach dem 34. Spieltag erreichen.
In der Pressemitteilung zu Bornemanns Freistellung verlor der Aufsichtsrat kein Wort über Ihre Zukunft. Zwölf Stunden später mussten auch Sie gehen. Wie haben Sie diese Stunden verbracht?
Köllner: Nach dem Hannover-Spiel habe ich die Zeit eigentlich wie immer verbracht und die Trainingswoche vorbereitet. Der Rest wurde ja bereits hinreichend in den Medien geschildert.