Schalke ohne Punkt und mit Schiri-Ärger: Tedesco auf der Suche nach Antworten

Domenico Tedesco diskutiert mit Schiedsrichter Patrick Ittrich.
© imago

Der FC Schalke 04 ist mit einer Niederlage gegen den VfL Wolfsburg in die neue Bundesliga-Saison gestartet. Im Mittelpunkt dabei stand der Streit zwischen Trainer Domenico Tedesco und Schiedsrichter Patrick Ittrich. Dabei offenbarte Königsblau auch weitere Schwächen.

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Als Domenico Tedesco auf der Pressekonferenz nach dem Spiel seine Sicht der Dinge schilderte, wirkte der 32-Jährige äußerlich schon wieder sehr gefasst. Als hätte er die überraschende Pleite gegen den VfL Wolfsburg, den verpatzten Saisonstart und vor allem die diskussionswürdigen Entscheidungen von Schiedsrichter Patrick Ittrich schon wieder verarbeitet.

Tatsächlich schien er den Spielverlauf und das späte, aber nicht vollkommen unverdiente Tor zum 1:2 recht nüchtern zu analysieren: Bis auf die ersten 15 Minuten habe Wolfsburg die erste Hälfte dominiert, die Umstellungen nach Rückstand und Roter Karte gegen Matija Nastasic hätten gefruchtet: "Dass wir dann noch die Niederlage kassieren, ist schade. Trotzdem nehmen wir das Positive der sehr guten zweiten Halbzeit mit." Ein "Riesenkompliment" sprach er seiner Mannschaft aus.

Keine Komplimente gab es dagegen für Ittrich. Mit dem hatte sich ein aufgewühlter Tedesco schon während des Spiels an der Seitenlinie verbal angelegt, eine zweite Runde gab es nach Abpfiff. Der Schalker Trainer wollte wissen, wie die Entscheidungen zustande gekommen waren, die Nastasic einen Platzverweis, Wolfsburgs Stürmer Wout Weghorst aber nach Attacke gegen Burgstaller lediglich eine Verwarnung beschert hatten.

Die Erklärungen stellten ihn nach eigener Aussage sogar zufrieden. Tedesco bezeichnete die zurückgenommene Rote gegen Weghorst als "legitim", Fehler gehörten ohnehin dazu. Kritik an der Hinausstellung seines Verteidigers blieb ebenfalls.

Domenico Tedesco sauer auf Schiedsrichter Patrick Ittrich

Dass es dennoch im Inneren des Übungsleiters zu brodeln schien, lag vor allem an der Art und Weise, wie Ittrich mit ihm kommuniziert habe. In dieser Hinsicht ließ Tedesco kein gutes Haar am Schiedsrichter: "Durchbeleidigt" habe dieser ihn, nachdem er dem Vierten Offiziellen eine Frage gestellt hatte. Er selbst sei kaum zu Wort gekommen. Es habe Ittrich an Respekt gefehlt: "Ich lege großen Wert darauf, wie man miteinander umgeht. Das fand ich sehr traurig, muss ich sagen."

In der Tat hatte Ittrich, der hinterher von "einem der schwersten Spiele seiner Karriere" sprach, über die gesamten 96 Minuten keine sonderlich glückliche Figur gemacht. Und das nicht nur bei den beiden durch den VAR beeinflussten Entscheidungen, die selbst bei Experten und früheren Schiedsrichtern zu geteilten Meinungen führte - bis hin zur Frage, ob man den VAR jeweils überhaupt benötigt hätte.

Schiedsrichter Ittrich mit Schwächen - und mit Selbstkritik

Auch in der Kommunikation mit Tedesco wirkte Ittrich nicht souverän und alles andere als deeskalierend. In der Schlussphase diskutierten Tedesco und er mehr als angeregt an der Seitenlinie, einmal packte Ittrich den sieben Jahre jüngeren Trainer sogar energisch an der Schulter, was diesen noch mehr auf die Palme brachte.

Es war ein Fehler, den Ittrich einräumte. Überhaupt zeigte sich der Unparteiische insgesamt sehr selbstkritisch: "Ich habe Herrn Tedesco nur versucht zu erklären, dass das ein schwieriges Spiel für mich heute ist und man nicht immer alles richtig machen kann." Er müsse sich "vielleicht für das nächste Mal auf die Fahne schreiben, auch nicht mehr so emotional zu reagieren".

Ittrich über Diskussion mit Tedesco: "Sehe nicht ein, immer zurückzustecken"

Und das, obwohl Video Assistent Referee Wolfgang Stark auch nicht schuldlos daran war, dass Ittrich die Kontrolle über das Spiel verlor. So sah es zumindest Schalke-Manager Christian Heidel. Ihm habe Ittrich, der "in absoluten Aktionismus verfallen" war, sogar leid getan: "Der hätte heute ein prima Spiel gemacht, wenn er (der Videoassistent) sich nicht gemeldet hätte." Schuld habe vielmehr "der Mann im Keller".

Es mag auch an diesem erschwerenden Faktor gelegen haben, dass Ittrich die deutliche Kritik, die nach Abpfiff auf ihn herunter prasselte, nicht kommentarlos auf sich sitzen lassen wollte: "Ich war ein bisschen laut dabei und auch deutlich, das möchte ich nicht abstreiten. Ich sehe es aber manchmal einfach nicht ein, immer zurückzustecken."

Den Vorwurf, er habe Tedesco "durchbeleidigt", wies er entschieden vor sich - bot aber eine Entschuldigung an, falls es so angekommen sei. Weiteren Gesprächsbedarf mit Tedesco sehe er nicht.

Schalkes Leistung gegen Wolfsburg: Kein Tempo, keine Ideen

Dass dieser auf eine nun schon dritte Aussprache bestehen wird, scheint insofern unwahrscheinlich. Zumal Tedesco selbst betonte, die Schuld für die Pleite "nicht beim Schiedsrichter" zu suchen.

Schließlich hatte sein Team schon in den gut 65 Minuten vor dem Nastasic-Platzverweis und dem Trubel um Weghorst nicht gut ausgesehen: Seltsam passiv hatte sich der Vizemeister präsentiert, den Wolfsburgern in Hälfte eins ohne viel Gegenwehr den Ball überlassen. Dass das ein probates Mittel ist, auch für starke Teams, hat nicht zuletzt die WM 2018 gezeigt.

Doch die Knappen wussten aus ihrer überlegenen Zweikampfbilanz (60 Prozent in Halbzeit eins) kein Kapital zu schlagen. Vielmehr lud man den Gegner durch überflüssige Ballverluste in der eigenen Hälfte zu Abschlüssen ein, Neuzugang Salif Sane stellte sich gleich mehrfach als Unsicherheitsfaktor heraus.

Offensiv fehlten Ideen, um die von Bruno Labbadia hervorragend eingestellten Wölfe zu packen - und wenn man es dann doch mit Druck auf den ballführenden Innenverteidiger versuchte, machten nicht alle Mannschaftsteile mit. Das gab dem VfL trotz vorsichtiger und nicht sonderlich schneller Spieleröffnung immer wieder die Möglichkeit, einen freien Mann zu finden.

S04 nach der Auftaktpleite: Jede Menge Arbeit für Tedesco

Dass Schalke trotz Unterzahl noch den Ausgleich erzielte, spricht für den Charakter der Mannschaft. Sogar der Siegtreffer hätte in der Nachspielzeit noch fallen können. Stattdessen jubelte am Ende der VfL.

Neuzugang Mark Uth bemängelte hinterher, dass man "etwas naiv" aufgetreten sei: "Wir haben alles nach vorne geworfen und wollten ein zweites Tor erzielen. Das wurde bestraft. Da müssen wir künftig etwas cleverer sein." Diesen Vorwurf muss sich auch Tedesco gefallen lassen: Er verzichtete darauf, nach Nabil Bentalebs Ausgleich Ruhe ins Spiel zu bringen und den Punkt zu sichern.

Der Shootingstar-Trainer des letzten Jahres hat eine Menge Arbeit vor sich, um Schalke spielerisch wieder flott zu machen. Gleich mehrere personelle Umstellungen griffen nicht. So war Weston McKennie als Sechser überhaupt kein Faktor, der nur eingewechselte Bentaleb schien nach dem Ausgleich nicht gerade glücklich über seinen Platz auf der Bank. Amine Harit tauchte mit zunehmender Spieldauer ebenfalls ab, die Flügel lieferten kaum Vorlagen für das Sturmduo.

Änderungen in der Startelf würden sich für den 2. Spieltag gegen Hertha BSC also anbieten, mit sechs Neuzugängen hat Tedesco Optionen. Eine könnte noch dazukommen: Der Transfer von Sebastian Rudy vom FC Bayern München soll fast durch sein, er würde dem Schalker Mittelfeld mehr Stabilität verleihen.

So oder so muss eine Leistungssteigerung her. Nach den Hauptstädtern warten schließlich Borussia Mönchengladbach und danach die Bayern auf Königsblau. Der Fehlstart droht.

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