Marc Bartra senkte den Kopf und würdigte Sergej W. keines Blickes. Der Spanier berichtete am Montag im Saal 130 des Dortmunder Landgerichts in bewegenden Worten vom Sprengstoffanschlag auf die Mannschaft des Bundesligisten Borussia Dortmund. Den Versuch des Angeklagten, um Entschuldigung zu bitten, schlug er danach traurig aus.
"Ich habe den Anschlag bis heute nicht verarbeitet und leide nach wie vor. Ich hatte Todesangst und Angst, meine Familie niemals wiederzusehen", sagte der Innenverteidiger, der beim Bombenattentat am 11. April 2017 am Arm verletzt worden war, im Zeugenstand mit leiser Stimme.
Sein Mitspieler Pierre-Emerick Aubameyang war ebenfalls geladen worden, er ließ sich aber kurzfristig erkrankt entschuldigen. Das Gericht hat allerdings an dieser Version Zweifel. "Das sollte sich die Justiz so nicht gefallen lassen", sagte Staatsanwalt Carsten Dombert.
Bartra (27) hingegen erschien. Er rief sich selbst und den Zuhörern die dramatischen Minuten noch einmal in Erinnerung. Er habe nach der Explosion nur noch "ein Piepen im Ohr gehört", während die anderen Bus-Insassen schrien. "Ich habe befürchtet, dass es weitere Angriffe gibt. Mein Arm blutete, mir war schwindlig."
Um 10.15 Uhr ließ er zunächst eine Erklärung verlesen und beantwortete anschließend mit Hilfe einer Übersetzerin die Nachfragen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Allein die Nachricht, W. werde im Saal sitzen, habe wieder "Panik" ausgelöst. Er kämpfe zudem mit wiederkehrenden Albträumen: "Der Anschlag hat mein Leben verändert."
W. hat bereits gestanden, neben dem BVB-Bus vor der Abfahrt zum Hinspiel im Champions-League-Viertelfinale gegen den AS Monaco drei Sprengsätze gezündet zu haben - dies allerdings laut eigener Darstellung ohne Tötungsabsicht. Bartra hatte dabei einen Bruch im Handgelenk und Fremdkörpereinsprengungen im Arm erlitten.
Bartra widerspricht eigenen Aussagen auf Twitter
W. ist wegen versuchten Mordes in 28 Fällen angeklagt, er wollte offensichtlich über Put-Optionen mit geliehenem Geld am sinkenden Börsenkurs verdienen. Bartra erklärte am vierten Prozesstag: "Ich bin nur froh, noch am Leben zu sein." Besonders die fünf Tage im Krankenhaus seien "furchtbar" gewesen.
"Ich konnte nicht schlafen, ich habe mich so schlecht gefühlt wie noch nie in meinem Leben", stand in seiner Erklärung. Später sagte er allerdings, er sei "mental stark: Es geht mir gut."
Hier zeigte sich ein Widerspruch zu der vorab in Bartras Namen verlesenen Erklärung. Nachdem er den Gerichtssaal nach einer halben Stunde schnellen Schrittes verlassen hatte, beklagte er, eine angeblich falsche Medienberichterstattung. "Ich fühle mich jetzt stärker. Der Anschlag konnte mich nicht fertigmachen, also kann mich nichts fertigmachen", ließ er bei Twitter verlauten. Es könnte allerdings sein, dass Bartra den BVB noch vor Ablauf der Wintertransferperiode am Mittwoch verlässt.
Aubameyang erschien am Montag nicht zum angesetzten Termin. Der Torschützenkönig hatte sich vom Dortmunder Mannschaftsarzt ein Attest ausstellen lassen. Bereits am Samstag während des Liga-Spiels gegen den SC Freiburg (2:2, Aubameyang spielte durch) habe sich ein Infekt angekündigt. Aubameyang steht unmittelbar vor einem Transfer nach England zum FC Arsenal.