War die Trennung von Hannes Wolf richtig?
Klar ist: Anders als beim Großteil der zahlreichen Trainer-Entlassungen des VfB in der jüngeren Vergangenheit stand das als notorisch kritisch geltende Stuttgarter Umfeld noch weitestgehend hinter Hannes Wolf. Bei der 0:2-Heimpleite gegen Schalke 04 am vergangenen Samstag schallten zwar mehrfach gellende Pfeifkonzerte durch die Mercedes-Benz-Arena, auf "Wolf raus!"-Sprechchöre hätte man aber wohl noch lange warten können.
Der 36-Jährige kam mit seiner eloquenten und sympathischen Art gut an. Für viele schien es eher eine Frage der Zeit zu sein, wann Wolf dem VfB entwachsen würde - und nicht umgekehrt. Selbst nach seiner Freistellung genießt Wolf weiter einen ausgezeichneten Ruf. Auf lukrative Angebote wird er nicht lange warten müssen.
Dennoch hat auch Wolf zweifelsohne Fehler gemacht. Die extrem schwache Offensive der Schwaben (16 Tore, Ligatiefstwert) ist nicht allein am verfügbaren Spielermaterial festzumachen. Wolf hielt zu lange an der defensiven Fünferkette fest. Seine Vorstellung, mit dem VfB in der Bundesliga primär aus einer stabilen Defensive heraus kontrolliert Fußball spielen zu können, muss zumindest hinterfragt werden.
Darüber hinaus hat Wolf gegen Schalke hoch gepokert - und dafür die Quittung erhalten. Die Entscheidung, den gerade frisch verpflichteten und lange verletzten Jacob Bruun Larsen von Beginn an spielen zu lassen, grenzte retrospektiv betrachtet an Harakiri - vor allem weil Anastasios Donis und Santiago Ascacibar, einige der wenigen Lichtblicke der aktuellen VfB-Saison, draußen bleiben mussten.
In Anbetracht dieser Entwicklungen ist die erhöhte Skepsis innerhalb der Stuttgarter Chefetage gegenüber Wolf nachvollziehbar. Und da der Trainer nach der jüngsten Niederlage selbst Zweifel äußerte, die Mannschaft noch voll zu erreichen, sah sich Reschke offenbar zum Handeln gezwungen.
Letztlich bleibt: Stuttgart opfert die lange nicht mehr da gewesene Aussicht auf eine langfristige Ära und entlässt den hoch geschätzten, aufstrebenden Trainer in der ersten großen Krise. Die Gefahr, das kurzfristige Ziel Klassenerhalt zu verpassen, hat den Verein in Aufruhr versetzt. Ob die Bundesligazugehörigkeit durch die Entscheidung für Tayfun Korkut gesichert werden kann, steht allerdings auf einem anderen Blatt.