Der Trend is your friend

Vor der Saison gewann der FC Bayern den Supercup nach Elfmeterschießen in Dortmund
© getty

Borussia Dortmund hat in den vergangenen drei Bundesligaspielen acht Punkte auf den FC Bayern München verloren. Oder aus einer anderen Sichtweise: Die Bayern haben acht Punkte auf den BVB gutgemacht. Die Formkurven beider Teams verlaufen in dieser Saison bisher komplett unterschiedlich, das direkte Duell (Sa., 18.30 Uhr im LIVETICKER) ist vor allem für die Dortmunder von zentraler Bedeutung.

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Uli Hoeneß hat dem deutschen Fußball einige Sprüche für die Ewigkeit hinterlassen. Dank des ehemaligen Managers und heutigen Präsidenten des FC Bayern München wissen wir, dass der Nikolaus noch nie ein Osterhase war und die Meisterschaft erst im Frühjahr und nicht zu Weihnachten entschieden wird.

Auch die Sache mit dem Fernglas für die Konkurrenz hat seinen Platz gefunden in den Geschichtsbüchern der Liga. Hoeneß' Lieblingsspruch über all die Jahre hat sich gegen die selbst geschaffene, große Konkurrenz aber wacker gehalten.

"Der Trend ist your friend" hat Hoeneß in bestem Denglisch immer mal wieder eingestreut. Das Gute an diesem Satz ist ja, dass er sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten zu gebrauchen ist. Er ist sozusagen die immer gültige Allzweckwaffe.

FCB: Das Mia san Mia ist zurück

Hoeneß selbst hat den Trend in dieser Saison bisher noch nicht bemüht, aber er passt so gut wie lange nicht mehr zum anstehenden Gipfeltreffen zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund.

Die Bayern haben seit der Rückkehr von Jupp Heynckes als Interimsnachfolger von Carlo Ancelotti alle sechs Spiele erfolgreich bestritten. Auch das hart umkämpfte DFB-Pokalspiel bei RB Leipzig haben die Münchner mit einer klassischen FCB-Attitüde für sich entschieden und zur Belohnung ein Heimspiel zum Hinrundenabschluss gegen Borussia Dortmund gewonnen.

Nach der erstmaligen Eroberung der Tabellenspitze am vergangenen Samstag und dem Einzug ins Achtelfinale der Champions League durch ein 2:1 bei Celtic Glasgow ist wieder alles im Lot in München. Die Rolle des Gejagten mögen sie in München lieber als anderswo.

Selbst der Gruppensieg in der Königsklasse scheint einigen nicht mehr als unrealistisch, auch wenn dazu - ein Sieg gegen den RSC Anderlecht vorausgesetzt - das 0:3 aus dem Hinspiel gegen Paris St.-Germain gedreht werden müsste. Aber hat PSG nicht letzte Saison gegen den FC Barcelona sogar 4:0 gewonnen und ist trotzdem noch ausgeschieden? Das Mia san Mia ist zurück.

Verheerende BVB-Bilanz im Oktober

So viel Selbstverständnis und Selbstvertrauen ist in Dortmund nicht mehr. Schon während der Anfangseuphorie gab es Hinweise, dass diese Borussia unter dem neuen Trainer Peter Bosz einen weiten Weg vor sich haben wird. Die Auswärtsspiele beim SC Freiburg oder bei den Tottenham Hotspur beispielsweise. Aber auch das 6:1 gegen Borussia Mönchengladbach zeugte von bemerkenswerter Dysbalance.

Mit der 2:3-Niederlage gegen RB Leipzig folgte der endgültige Bruch in der Formkurve des BVB. Im Oktober gab es in sechs Spielen nur einen Sieg, beim 5:0 im DFB-Pokal gegen den Drittligisten Magdeburg.

Dass sich die Verantwortlichen in Dortmund mit krachender Wortwahl ("krank" und "schizophren") gegen die Bewertungen der Leistungen in der Öffentlichkeit wehrten, lässt sich zwar als Rückendeckung für Trainer Peter Bosz interpretieren, war im Nachhinein aber auch ein Schuss ins Knie.

Watzke und Zorc unter Druck

Der Beißreflex von Hans-Joachim Watzke und Michael Zorc verdeutlichte öffentlich nur noch mehr, in welcher Situation beide Entscheidungsträger stecken. Nach der Trennung von Thomas Tuchel, der sportlich erfolgreich war und aufgrund atmosphärischer Probleme mit den Bossen und Teilen der Mannschaft gehen musste, muss der neue Trainer funktionieren.

Watzke und Zorc haben die zwischenmenschlichen Probleme über die sportliche Entwicklung gestellt und müssen jetzt hoffen, dass Bosz die Spirale nach unten bald stoppt. Watzkes Argumentation, dass ein Tabellenführer der Bundesliga gar nicht in einer Krise stecken könne, zeigt das Dilemma ganz deutlich.

Denn unabhängig vom Tabellenplatz kann auch das Führungsduo bei den offensichtlichen sportlichen Schwächen nicht mehr allzu lange die Augen verschließen. Denn auch ein Tabellenführer oder jetzt Tabellenzweiter kann bei ständig ausbleibender Leistung in der Krise stecken. Der Trend is your friend.

Und wenn schon nicht der Trainer an der Misere Schuld ist, kommt die Diskussion früher oder später auf die Qualität des Personals, für das am Ende Zorc und Watzke verantwortlich zeichnen. Mit der deutlichen Reaktion nach der Pleite in Hannover hat Zorc den Druck auf die Mannschaft erhöht, gegen APOEL war von einer Trotzreaktion aber nichts zu sehen. Die Verunsicherung hat das Team und den ganzen Klub erfasst.

BVB: Lernen von Uli Hoeneß

In Sachen Krisenmanagement könnte sich der BVB durchaus Anleihen beim FC Bayern und Uli Hoeneß nehmen. Der hat den Trend ein letztes Mal im März 2013 zu seinem friend erklärt. Damals hatten die Bayern gerade das Viertelfinale der Champions League erreicht - eine 0:2-Heimniederlage reichte nach dem 3:1 im Hinspiel gegen den FC Arsenal.

Davor gab es für die Mannschaft von Heynckes zwei knappe Siege in der Liga gegen 1899 Hoffenheim und Fortuna Düsseldorf, der Vorsprung auf "Verfolger" Borussia Dortmund betrug 20 Punkte. Hoeneß meinte: "Der trend is your friend und seit drei Wochen spielen wir schönen Dreck!"

Die Bayern verloren danach kein Spiel mehr, drei Wochen später waren sie Deutscher Meister und am Ende der Saison stand das Triple.

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