"Vielleicht ruft Manchester United nie mehr an"

Lukas Hradecky ist einer der stärksten Keeper der Bundesliga
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SPOX: Obwohl Sie erst anderthalb Jahre in Deutschland spielen, ist Ihr Deutsch sehr gut. Hatten Sie bereits zuvor Unterricht oder sind Sie einfach ein Sprachgenie?

Hradecky: Vielen Dank für das Kompliment. Ich habe tatsächlich in der Schule schon Deutsch gelernt. Und ich habe auch immer im Hinterkopf gehabt, dass ich eines Tages nach Deutschland wechseln möchte. (lacht) Nein, ich hatte schon immer ein gutes Sprachgefühl. Wenn ich erst einmal vor Ort bin, mache ich schnell Fortschritte. Ich kann auch Dänisch. Die Sprache zu beherrschen, hilft sehr dabei, sich in die Mannschaft zu integrieren und sich an die neue Kultur zu gewöhnen.

SPOX: Die Kultur ist, speziell auf den Fußball bezogen, in Deutschland eine ganz andere, als Sie sie zuvor in Dänemark und Finnland erlebt haben. Wie groß war für Sie die Umstellung in der öffentlichen Wahrnehmung des Fußballs?

Hradecky: Ich habe schon einen großen Unterschied erlebt, als ich von Finnland nach Dänemark gewechselt bin. Dort ist Fußball die Nummer eins. Aber Deutschland ist noch einmal eine Nummer größer. Wenn man hier in den vollen Stadien spielt und die Emotionen der Fans erlebt - darauf kann man sich nicht vorbereiten, das sprengt alle Vorstellungen.

SPOX: Gab es Situationen, in denen Sie sich etwas mehr Anonymität gewünscht hätten?

Hradecky: Eigentlich nicht. Es war schon bei Bröndby so, dass mich viele Leute kannten. Hier in Frankfurt kann man ganz ruhig in der Stadt spazieren gehen. Natürlich sprechen einen immer mal wieder Menschen an. Aber ich finde das schön, wenn sich die Leute so für den Fußball interessieren. Ich versuche immer, freundlich zu sein und mit den Fans ein paar Minuten zu reden. Damit habe ich überhaupt keine Probleme.

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SPOX: Zur Gewöhnung an die neue Kultur gehörte auch, dass Sie es anfangs vermissten, regelmäßig in die finnische Sauna zu gehen. Hat sich das mittlerweile geändert?

Hradecky: Wir haben im Stadion eine renovierte Sauna bekommen. So kann ich immer schwitzen gehen, wenn ich Lust darauf habe.

SPOX: Und tun Sie das auch täglich?

Hradecky: Nicht täglich, aber zweimal die Woche Sauna ist Pflicht.

SPOX: Sie schwitzen nicht nur gerne in der Sauna. Sie mögen es auch, sich ab und an einmal etwas zu gönnen, essen gerne Süßigkeiten, trinken gerne Bier. Wie gefällt Ihnen die deutsche Bierkultur?

Hradecky: In Finnland gibt es nicht so eine große Bierkultur wie in Deutschland. Aber mir liegt das sehr nahe. Ich bin in der Slowakei geboren und kenne diese Kultur. Wenn man sich dort mit einem Freund trifft, geht man keinen Kaffee trinken, sondern ein Bier. Das ist hier ähnlich. Das gefällt mir, ich liebe das deutsche Weißbier. Ich würde nicht von mir behaupten, dass ich ein großer Kenner bin, aber ab und zu ein Bier nach dem Spiel - das ist wunderbar. Umso mehr, wenn man gewonnen hat.

SPOX: Das mit dem Gewinnen klappt in dieser Saison deutlich häufiger als in der vergangenen. Dabei gab es noch im Sommer kritische Stimmen wegen der Kaderzusammenstellung, da Sie viele unterschiedliche Nationalitäten im Team haben...

Hradecky: Viele haben gesagt, das sei eine Schwäche. Ich sehe das anders, für mich ist das ein Vorteil. Auf dem Platz sprechen alle die gleiche Sprache. Natürlich ist es immer wichtig, wenn die Neuen Deutsch lernen. Aber während des Spiels ist es durch die Zuschauer so laut, dass man ohnehin nur kurze Kommandos gibt. Da kommuniziert man eher mit Körpersprache, Blicken und Gesten. Es geht darum, wie gut man aufeinander abgestimmt ist und wie gut man sich kennt, nicht wie gut man die gleiche Sprache spricht.

SPOX: Sind die multikulturellen Einflüsse auch für die Atmosphäre in der Mannschaft von Vorteil?

Hradecky: Auf jeden Fall. Man kann sich über so viele verschiedene Dinge unterhalten. Darüber, was man in einigen Ländern isst, was man dort in seiner Freizeit macht. Das bereichert jeden persönlich und auch das Mannschaftsgefüge. Wir haben schon über so viele skurrile Geschichten aus den verschiedensten Ländern gelacht. Das ist großartig.

SPOX: Als Außenstehender hat man bei der Eintracht ohnehin das Gefühl, dass die Mannschaft noch enger zusammensteht als in der Vorsaison. Sorgt auch ein Fall wie der Ihres wieder genesenen Teamkollegen Marco Russ für ein noch größeres Zusammenrücken in Mannschaft und Verein?

Hradecky: Das hat auf jeden Fall viel bewirkt. Wir haben immer hinter Marco gestanden. Er hat seine Krankheit bekämpft und zum Glück besiegt. So etwas setzt alles im Leben in Perspektive. Man lernt zu schätzen, was man macht. Wir haben als Fußballer die beste Arbeit, die man überhaupt haben kann. Das hat jeder für sich noch einmal neu gemerkt und das hat uns sicher auch als Mannschaft näher zusammengebracht.

Lukas Hradecky im Steckbrief