"Wir haben Tschik alles geglaubt"

Helden unter sich: Rudolf Grosser, Dieter Brenninger, Jakob Drescher und Peter Kupferschmidt (v.l.)
© getty

Heute vor 50 Jahren hat der FC Bayern sein erstes Bundesliga-Spiel absolviert - und prompt gegen den Lokalrivalen TSV 1860 München verloren. Dieter "Mucki" Brenninger, der damals als kongenialer Partner von Gerd Müller ein Leistungsträger war, erinnert sich zurück und verrät, was er damals kostete.

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SPOX: Herr Brenninger, der FC Bayern hat Douglas Costa für fast 40 Millionen Euro verpflichtet. Was geht da einem ehemaligen Linksaußen der Roten durch den Kopf?

Dieter Brenninger: (lacht) Das ist natürlich die Sache des Vereins, wenn er so viel Geld für einen Spieler ausgibt. Als ich damals vom FC Bayern in die Schweiz (zu den Young Boys Bern, Anm. der Red.) ging, gab es 100.000 oder 150.000 Mark Ablöse. Dass man heutzutage so viel mehr zahlt, ist wohl der Entwicklung geschuldet.

SPOX: Die 150.000 Mark, die man für Sie bezahlt hat, waren für damalige Verhältnisse aber schon rekordverdächtig.

Brenninger: Oh ja! Unsere 1965er Mannschaft hat damals ja nichts gekostet. Kaufen Sie heutzutage mal einen Franz Beckenbauer, einen Sepp Maier, einen Gerd Müller, der damals nur ein paar Mark gekostet hat. Die wären heute alle unbezahlbar. Damals gab's sie alle umsonst.

SPOX: Umsonst und dennoch sehr kostbar: Der FC Bayern begann schon damals nach Titeln zu greifen, obwohl man aus der 2. Liga kam. Was war das Geheimnis?

Brenninger: Das ging in der Jugend schon los. Wir hatten dort gute Trainer, die sehr viel Wert auf Disziplin gelegt haben. Ich kann mich an den Trainer Weiß erinnern, für den nichts anderes galt. Ein hervorragender Mann! Dann gingen wir hoch in die 1. Mannschaft und dort hatten wir dann mit Tschik Cajkovski einen Trainer, der im damaligen Jugoslawien ein Weltklasse-Spieler war. Er hätte uns alles erzählen können. Wir jungen Spieler standen da und sagten: "Boah, klasse!"

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SPOX: Heute hinterfragen die Spieler ihren Trainer mehr.

Brenninger: Wir haben Tschik alles geglaubt. Wir haben versucht, alles nachzumachen, alles zu kopieren, was er macht. Und das hat gepasst. Für Tschik gab's nur Fußball - und Essen. Das waren seine zwei Lieblingssportarten (lacht).

SPOX: Der FC Bayern stieg bekanntlich erst im zweiten Anlauf auf. Stimmt es, dass Sie innerhalb der Mannschaft sogar ganz froh waren, dass der erste Versuch scheiterte, weil somit die Mannschaft verjüngt wurde und viele altgewordene Stars gehen mussten?

Brenninger: Wir wollten natürlich aufsteigen, so ist es nicht. Aber im Misserfolg hat man damals schon analysiert, warum es nicht klappt. Im Nachhinein war es tatsächlich gut, dass wir beim ersten Aufstiegsversuch gescheitert sind. Es gab dann einen Umbruch, die Älteren haben aufgehört und da standen nur noch wir Junge auf dem Platz.

SPOX: Der Aufstieg gelang 1965: Ein Unentschieden bei Tennis Borussia Berlin hätte gereicht, aber Sie gingen auf Nummer sicher und fegten die Hauptstädter mit 8:0 vom Platz. Sie schossen das zwischenzeitliche 5:0. Ein Festtag, oder?

Brenninger: Damals gab es keinen Sechser, keiner Vierer, keinen Zehner. Da hat jeder alles gespielt. Der Sieg war für uns so wichtig wie heute der Gewinn der Champions League. Bei den Feierlichkeiten nach dem Spiel wurde mein Dress regelrecht zerfetzt.

SPOX: Das erste Spiel in der Bundesliga konnte dann aber gar nicht schlimmer laufen. Die Bayern verloren am 14. August 1965 gegen den TSV 1860 mit 0:1. Was war da los?

Brenninger: Das war bitter! Wir haben nach einer Minute das Tor kassiert, dann hat sich Adi Kunstwadl früh verletzt und damals durfte man noch nicht wechseln. Ich muss aber auch gestehen, dass 1860 eine richtig gute Mannschaft hatte. 1963 bis 1965 - da waren die super, da gibt's nichts zu rütteln, aber im Rückspiel haben wir sie 3:0 geschlagen. So wie es sich gehört, dann hat's wieder gepasst in München.

SPOX: Bei den Löwen spielte Peter Grosser, der zuvor noch mit Ihnen gemeinsam bei den Bayern kickte. Stimmt es eigentlich, dass die Mannschaft wütend auf ihn war, weil er den Aufstieg des Bayern 1963 möglicherweise auf dem Gewissen hatte?

Brenninger: Das war das Spiel in Stuttgart... Der Peter hatte eine Riesenchance und hat sie verhaut! Wenn er das Tor gemacht hätte, wäre das Spiel anders gelaufen. So haben wir 0:1 verloren, Peter ist zu 1860 gegangen und hat mit den Löwen Bundesliga gespielt. Das war nicht ganz die feine Art.

SPOX: Die Tore hat später Gerd Müller zuhauf gemacht. Sie waren immer in seiner Nähe: mal als Linksaußen, mal dann auch als Sturmpartner. Wie war das Zusammenspiel mit dem Bomber?

Brenninger: Das war klasse! Wenn du nach vorne gegangen bist, wenn du eine Flanke geschlagen hast - du wusstest, dass der Gerd da steht. Ich war ja normalerweise auch geborener Mittelstürmer, aber wir haben uns sehr gut ergänzt.

SPOX: Das Zusammenspiel hielt bis 1971, dann gingen Sie nach Bern. Dort blieben Sie aber nur ein Jahr und wechselten dann zum VfB Stuttgart. Wie kam das?

Brenninger: Ich hatte zu meiner Bayern-Zeit zwei Angebote: von Hannover 96 und vom VfB Stuttgart. Für mich war klar, dass ich im Süden bleiben wollte und einen Wechsel nach Stuttgart anstrebte. Das Problem war, dass mich die Bayern nicht nach Stuttgart gehen lassen wollten. Also bin ich den Weg über das Ausland gegangen und landete beim VfB. Es war dort eine sehr schöne Zeit, bis ich im Olympiastadion gegen die Bayern gespielt habe...

SPOX: Was ist passiert?

Brenninger: Es kam, wie es kommen musste: Es gibt Elfmeter für uns, ich trete an und der Maier-Sepp, der Pfundskerl, hält ihn.

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