Das Reich der Mittel

Die FCB-Vorstände Jörg Wacker (l.) und Karl-Heinz Rummenigge (M.) bei einem Termin in China
© getty

Am Donnerstag bricht der FC Bayern München nach China auf. Nach den USA attackieren die Münchner auch den zweiten Wachstumsmarkt im Fußball. Die Hauptziele liegen klar im wirtschaftlichen Bereich, der Sport soll darunter so wenig leiden wie möglich.

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Es ist noch gar nicht so lange her, da schickte der FC Bayern seine gesamte Scoutingabteilung um Egon Cordes nach China. Auch Hermann Gerland war dabei, der Mann mit dem richtigen Auge für Talente. Und ein solches sollten die Beobachter im Riesenreich auch finden.

Als Cordes, Gerland und Co. nach vier Wochen aus China zurückkehrten und ihre Ergebnisse vorstellen sollten, hatten sie aber nichts im Gepäck. Sie hätten wirklich alles gescoutet, was ihnen empfohlen worden war, aber es sei nicht einmal ein Spieler dabei gewesen, der "die Qualität gehabt hätte, um beim FC Bayern auf der Bank zu sitzen". So geht die Geschichte, die Karl-Heinz Rummenigge erzählt.

Die Initiative der China-Sichtung vor gut zehn Jahren ging von Uli Hoeneß aus. Der war zu dieser Zeit als Manager auf der Suche nach einem Zugang zum sehr attraktiven asiatischen Markt.

Ali Karimi: Die falsche Richtung

Hoeneß war auf dem richtigen Weg, nur näherte er sich aus der falschen Richtung, wie man jetzt weiß. Damals wollten die Verantwortlichen Spieler aus China verpflichten, um die Aufmerksamkeit auf den Klub zu lenken. Da es keinen tauglichen Chinesen gab, holten die Bayern 2005 Ali Karimi, der ein Jahr zuvor Asiens Fußballer des Jahres geworden war. Den Durchbruch in Europa schaffte er freilich nicht, und der FC Bayern wurde dadurch auch nicht populärer in Asien.

Mittlerweile hat der europäische Fußball Asien und speziell China erreicht. Die Chinesen sind fußballverrückt und heiß auf die Stars aus Europa. Nur reicht es nicht, mit dem einen oder anderen Spieler aus Fernost im Kader zu werben.

Die Vereine müssen ins ferne Ausland und ihre Stars dort vorzeigen. Vor allem englische Klubs sind seit Jahren in Asien präsent und haben dort einen klaren Vorteil. "Wir kommen spät, aber jetzt mit Volldampf", sagt Rummenigge und fügt in bester Fußballersprach an. "Wir werden den Markt beackern."

Anpassung an den chinesischen Markt

Wie sich die Bayern das vorstellen, haben die letzten Wochen und Monate gezeigt. Der Klub hat einen Vertrag mit dem chinesischen Staatsfernsehen abgeschlossen und am Donnerstag seine Homepage in chinesischer Sprache und eine neue App gelauncht, auch auf den vier bedeutendsten chinesischen Social-Media-Plattformen ist der Klub präsent. Dazu kommt eine Kooperation mit der Alibaba Group, der nach eigenen Angaben größten IT-Firmengruppe Chinas, die vor allem im E-Commerce Hilfe bieten soll.

"Wenn sie in China etwas verkaufen wollen, müssen sie sich dem Markt anpassen", sagt Jörg Wacker, Vorstand für Internationalisierung und Strategie des FC Bayern München. Deshalb bricht der FC Bayern am Donnerstagabend zu einem neuntägigen Promotiontrip nach China auf.

Peking, Shanghai, Guanghzou sind die Stationen, mehr als 20.000 Flugkilometer legt der Tross auf seiner Reise zurück. Neben den drei Testspielen gegen den FC Valencia (Sa., 13.30 Uhr im LIVE-TICKER), Inter Mailand und Guanghzou Evergrande stehen vor allem Marketingaktivitäten auf dem Programm.

Rein wirtschaftliche Interessen

Die Münchner machen keinen Hehl daraus, dass die Tour rein wirtschaftlichen Interessen folgt. "Alle unsere Partner haben den Zielmarkt China", sagt Wacker. Das Programm läuft unter dem Titel "Audi Summer Tour", der Anteilseigner drängt ebenso wie der Mutterkonzern VW stark auf den asiatischen Markt. Die Bayern müssen jetzt nur noch eine andere Sprachregelung finden und eine bessere Kommunikationspolitik betreiben als bei ihrem Trainingslager in Katar mit anschließendem Testspiel in Saudi-Arabien, damit sie nicht wieder ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

90 Millionen Sympathisanten des Klubs hat der FC Bayern in China ausgemacht und damit ein "riesiges Potenzial" (Wacker). Deshalb hat der Vorstand China als einen "Hauptfokusmarkt" definiert. Der zweite ist die USA, wo die Münchner in New York auch ein eigenes Büro unterhalten. Eine Dependance in China wollte Rummenigge nicht ausschließen.

Bei ihrer ersten großen Offensive in den USA jetteten die Bayern letztes Jahr zwischen New York und Portland hin und her. Für das Spiel gegen die MLS-Allstars ließ der Klub sogar die Weltmeister kurz nach Urlaubsende für ein paar Stunden einfliegen. Auch in China werden die Stars für jede Menge Marketingmaßnahmen eingespannt. Nur die verletzten Arjen Robben, Franck Ribery, Holger Badstuber, Dante und Jan Kirchhoff bleiben in München.

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2012 China, 2013 Triple

Gerade Robben und Ribery hätten in China eine große Strahlkraft besessen. Der Verzicht auf die beiden Offensivstars zeigt aber auch, dass die Bayern zwar bereit sind, die Vorbereitung der betrieblichen Markenpositionierung unterzuordnen, aber nicht um jeden Preis oder auf Kosten der Gesundheit der Spieler.

So sieht der Spagat zwischen sportlichen und den wirtschaftlichen Interessen aus, den Rummenigge für diese Reisen angekündigt hat. Auch im kommenden Sommer werden die Bayern entweder nach China oder in die USA reisen.

Die Münchner folgen damit dem Beispiel anderer europäischer Großklubs. Vom FC Barcelona über Real Madrid bis zum FC Chelsea und Manchester United gibt es keinen Spitzenverein, der sich nicht für Werbezwecke auf einen anderen Kontinent begibt. Den Resultaten haben diese Reisen nicht geschadet. Zumal in turnierfreien Sommern wie jetzt die Vorbereitungszeit auch lange genug ist.

Und auch die Bayern haben gute Erfahrungen mit ihrem letzten Auftritt in China. 2012 waren die Bayern unter Trainer Jupp Heynckes zu Gast. Der Coach sei damals eher skeptisch gewesen ob der strapaziösen Tour, erzählt Rummenigge. "Auf dem Rückflug ist er zu mir gekommen und hat gesagt, er müsse sich entschuldigen, die Reise sei super organisiert gewesen, es habe alles funktioniert und der Stress wäre mehr als kontrolliert gewesen. Anschließend haben wir das Triple gewonnen. Vielleicht ist das auch ein gutes Omen."

Der Kader des FC Bayern München

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