Echte Zweckgemeinschaft

Von DIAGO
Ilkay Gündogan (r.) bleibt vorerst beim BVB
© getty

Mit seiner Vertragsverlängerung um ein Jahr sorgte Ilkay Gündogan für Aufschreie in der Fanszene des BVB. Doch wieso eigentlich? Die Traditionalisten sollten mit der Zeit gehen.

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Zugegeben, der "Echte Liebe"-Slogan des BVB hat, entgegen der Meinung von sehr vielen gehässigen Internetsadisten, nichts mit der Einstellung der Profis zum Verein zu tun. Mit diesem Marketingkonstrukt soll vielmehr die tiefe Zuneigung der Fans zu ihrer Borussia ausgedrückt werden.

Dennoch wird allgemein immer besonders schadenfroh reagiert, wenn ein Spieler des BVB den Verein verlassen möchte. Nach dem Motto: "Wenn der Verein schon von echter Liebe spricht, dann haben sich alle Spieler auch für immer an den Verein zu binden." Dass das selbstverständlich nie der Anspruch des Vereins war und ist, wird natürlich nicht erwähnt. Lieber irrationale Schadenfreude, als gar nichts zum Lachen zu haben.

Kein Treuebekenntnis

Gündogan hat mit seiner Vorgehensweise natürlich stark polarisiert. Lange Zeit ließ er den Verein und die Öffentlichkeit im Dunkeln tappen und zierte sich bei der Vertragsverlängerung. Dabei kam ihm allerdings, wie manchen seiner Kollegen, kein Treuebekenntnis zu Dortmund über die Lippen, damit die Öffentlichkeit ihn in Ruhe lässt. Als die Planungen für die Spielzeit 15/16 dann konkret wurden und der BVB um eine endgültige Entscheidung bat, kommunizierte er glasklar, dass der sich für einen Wechsel entschieden habe.

Es ist zwar nie ein Anlass zum Feiern, wenn ein Leistungsträger den Verein verlassen will, aber eine rechtzeitige Entscheidung und Ehrlichkeit gegenüber den Offiziellen und Fans, gibt wenigstens für alle Seiten Planungssicherheit. Darüber hinaus kann der abgebende Verein auch mit einer üppigen Ablöse Ersatz beschaffen. Und die hätte Dortmund bei einem Jahr Restlaufzeit des Vertrages bekommen.

Eine klassische Win-Win-Situation

Doch die Pläne von Gündogan zerschlugen sich und die Verhandlungen mit den angestrebten Clubs aus der Riege der Top 10 europaweit mussten abgebrochen werden. Aus welchen Gründen auch immer. Also nahm man die Verhandlungen mit Dortmund wieder auf und einigte sich auf eine erneute Verlängerung um ein Jahr, damit ein etwaiger Wechsel im Sommer 2016 dem Verein noch Ablöse einbringt. Man könnte also von einer Zweckgemeinschaft für ein Jahr sprechen.

Gündogan kann in dieser Saison dann mit starken Leistungen die Angebote von ganz großen Clubs heraufbeschwören und der BVB hat gleichzeitig ein weiteres Jahr einen eingespielten Topspieler in seinen Reihen. Eine klassische Win-Win-Situation.

Dass das nicht wirklich mit der emotionsgeladenen Meinung der Fans zusammenpasst, ist offensichtlich. Doch ist diese irrationale, nach Treue lechzende Einstellung noch zeitgemäß? Kaum.

Warum nicht in Saisons denken?

Der Fussball wird mittlerweile vom Geld regiert. Mit diesem Gedanken muss man sich einfach abfinden, wenn man nicht wieder und wieder enttäuscht werden will. Gündogan selbst hätte auf die erneute Verlängerung verzichten können, um 2016 ablösefrei gehen zu können. Dann hätte er seinen Vertrag sogar erfüllt und man könnte ihm nichts vorwerfen. Vertragsbrüche sind schließlich einer der Hauptreibungspunkte von Traditionalisten mit dem heutigen Fussball. So verlängert er sogar, um seinem Verein eben noch Ablöse einzubringen. Das ist wenig verwerflich.

Der Fussball ist in den letzten Jahren noch schnelllebiger geworden. Für ewige Treueschwüre ist einfach kein Platz mehr, dafür kann zu viel passieren. Warum also nicht eher in Saisons denken, anstatt immer direkt fünf Jahre in die Zukunft zu blicken? Solch ein Denken würde es für alle Beteiligten einfacher machen.

Kein Verein ein Leben lang

Der aktuelle Trend hin zu kürzeren Vetragslaufzeiten, der sich auch in der Bundesliga erkennen lässt, ist ein Indiz dafür, dass zumindest bei den Verantwortlichen ein Umdenken stattfindet. Man kann schließlich auch alles für den Verein geben, sich professionell verhalten und sich nichts zu Schulden kommen lassen, ohne seine Karriere lang bei ein und demselben Verein zu bleiben.

Der positive Mehrwert eines Spielers für eine Mannschaft ist nicht an seine Vertragslaufzeit gekoppelt. Dieses Denken sollte auch in die Köpfe vieler traditionsbewusster Fans. Dann klingt auch eine sportliche Zweckgemeinschaft nicht mehr so negativ.

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