Wie gemacht für den FC Bayern

Von Daniel Börlein
Xherdan Shaqiri wechselt vom FC Basel zum FC Bayern
© Imago

Der FC Bayern München hat seinen ersten Neuzugang für die kommende Saison verpflichtet. Xherdan Shaqiri kommt bis 2016 vom FC Basel zum Rekordmeister. Der 20-Jährige hat einen steilen Aufstieg hinter sich und bringt alles mit, um in München zu bestehen - nicht nur aus sportlicher Sicht.

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Zwei Minuten fehlten Alain Sutter, um wenigstens ein einziges Mal der gefeierte Mann beim FC Bayern zu sein. Beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt im Oktober 1994 hatte er in der Schlussphase das 3:2 erzielt und den Rekordmeister damit auf die Siegerstraße gebracht.

In Minute 88 allerdings gelang Frankfurts Slobodan Komljenovic der Ausgleich für die Eintracht. Der Sieg war dahin. Statt Held des Tages zu sein, stand Sutter mit langem Gesicht herum. Der Treffer, der letztlich nur zu einem Punkt gereicht hatte, war sein erster im Trikot des FC Bayern. Und gleichzeitig auch sein letzter.

Nach nur einer Saison verließ der erste Schweizer der Vereinsgeschichte die Münchner schon wieder. Mit Ciriaco Sforza folgte wenig später ein zweiter Eidgenosse. Doch auch er wurde bei seinen beiden Engagements in München nie wirklich glücklich und flüchtete schließlich 2002 zurück nach Kaiserslautern.

Fink: "Er wird Publikumsliebling"

Nach zehn Jahren Pause gibt es nun ein neues Kapitel von Schweizern beim FC Bayern. Xherdan Shaqiri wechselt im Sommer vom FC Basel nach München.

"Der FC Bayern ist der bestgeführteste Verein und wie eine kleine Familie. Für mich ist der FC Bayern die Nummer eins in Europa und schon immer ein Traum für mich", sagte Shaqiri bei Sky".

Zwischen neun und 13 Millionen Euro (erfolgsabhängig) lässt sich der Rekordmeister den gebürtigen Kosovo-Albaner kosten. Viel Geld für einen 20-Jährigen. Geld das allerdings gut investiert ist, glauben die Experten.

"Es ist eine absolut sinnvolle Investition, wenn man sieht, welche Leidenschaft er mitbringt, was er alles für den Fußball macht und dass er alles hinten anstellt. Bayern wird an ihm viel Freude haben", sagt der ehemalige Schweizer Nationalspieler Andy Egli im Gespräch mit SPOX.

Auch Thorsten Fink, Shaqiris Ex-Trainer beim FC Basel, traut seinem ehemaligen Schützling einiges zu. "Geht er nach München, dann wird er auf jeden Fall Publikumsliebling", sagte der HSV-Coach schon vor einiger Zeit. Und Fink weiß als Ex-Bayern-Spieler, worauf es in München ankommt.

Steiler Aufstieg

Dort hat man den 1,69-Mann schon länger auf dem Zettel, schließlich gilt Shaqiri seit Jahren als eines der größten Talente Europas. Mit 17 debütierte er für die erste Mannschaft des FC Basel in der Schweizer Liga, nur ein paar Wochen später erzielte er seinen ersten Treffer und holte am Ende der Saison mit dem FCB das Schweizer Double.

Titel sind auch Shaqiris Ziel beim FC Bayern: "Ich habe mit Basel einiges gewonnen und will das auch mit dem FC Bayern tun. Ich hoffe, dass ich mit Bayern die Champions League gewinnen kann."

Im Frühjahr 2010 wurde Shaqiri von Ottmar Hitzfeld für die Nationalmannschaft berufen und anschließend auch zur Weltmeisterschaft nach Südafrika mitgenommen. Inzwischen bringt es das Kraftpaket auf 17 Länderspiele. Mit dem FC Basel sorgte Shaqiri zuletzt auch auf internationaler Bühne für Aufmerksamkeit, als man in der Champions League Manchester United aus dem Wettbewerb warf.

Egli: Stammplatz ist möglich

"Bei mir kann sicher niemand sagen, ich sei noch nicht bereit fürs Ausland. Bei all meiner Erfahrung mit dem FCB und der Nati", sagt Shaqiri deshalb durchaus zu Recht. Doch kann der gläubige Moslem auch beim FC Bayern bestehen?

Nicht alle sind davon überzeugt. "Ein Klub wie Hamburg oder Mönchengladbach wäre als erster Schritt besser gewesen", sagte Ex-Bundesliga-Profi Stephane Chapuisat zu SPOX.

"Seine fußballerische Qualitäten erlauben ihm auf jeden Fall, seinen Mann bei den Bayern zu stehen und sich einen Stammplatz erkämpfen", glaubt dagegen Egli, allerdings: "Auf der mentalen Ebene wird er schon Herausforderungen bewältigen müssen, die für ihn Neuland sein werden. Ich traue ihm zu, dass er es packt. Aber man muss ihm natürlich bei seinem Alter auch ein bisschen Zeit geben."

Auch schon Außenverteidiger

In München muss sich Shaqiri wohl ohnehin erstmal hinten anstellen. Auf den offensiven Außenbahnen, wo er am liebsten spielt, sind Arjen Robben und Franck Ribery gesetzt. Doch der Schweizer Fußballer des Jahres 2011 ist auf keine Position festgelegt. "Ich habe schon fast überall gespielt", sagt er.

In Basel kam er sogar immer wieder als Linksverteidiger zum Einsatz. "Dort", sagt Egli, "ist er aber eine absolute Notlösung." Am liebsten spielt er allerdings ohnehin im Mittelfeld. "Ich denke, ich habe auch bewiesen, dass ich ein gefährlicher Offensivspieler bin."

Für entscheidende Offensivaktionen bringt Shaqiri scheinbar alle Anlagen mit. "Das ist ein ganz frecher Hund, spielstark, dribbelstark. Er ist wie so ein Ninja Hero Turtle", so Fink. "Er hat eine überdurchschnittliche Intuitionsgabe. Auch unter höchstem Gegnerdruck gelingt es ihm sehr oft, sich so in Position zu bringen, dass er entweder selbst zum Abschluss kommt oder einen Mitspieler in Szene setzt", so Egli.

Selbstbewusst und bodenständig

Shaqiri freuen solche Komplimente. Wirklich wundern tun sie ihn aber nicht. "Ich war ein Spieler, der meistens auffiel. Durch die Spielweise, den Willen, die Spritzigkeit. Das war schon immer so", sagte er der "Neuen Zürcher Zeitung".

Wenn er so über sich spricht, kommt Shaqiri sehr selbstbewusst rüber. Manche empfinden ihn dann sogar als überheblich oder arrogant. Doch so tickt der Youngster nicht. Shaqiri ist keiner, der auf andere von oben herab schaut. Er gilt als ehrlich und frei von Allüren.

"Xherdan ist der bodenständigste Mensch, den ich kenne. Das erstaunt mich immer wieder. Ich weiß nicht, ob es bei mir auch so wäre, hätte ich ­einen so schnellen Aufstieg gemacht", sagt Shaqiris Bruder Erdin, der gleichzeitig auch sein wichtigster Ratgeber ist.

Familie steht an erster Stelle

Die Familie steht bei Shaqiri über allem. "Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute bin", sagte Shaqiri gegenüber der Schweizer Zeitung "AlbInfo". "Für mich ist die Familie das größte Geschenk." Seinen Eltern hat er aus Dankbarkeit vor einiger Zeit eine Wohnung gekauft.

Mit seiner Familie hat er schon einiges durchgemacht. Mitte der 90er Jahre siedelten die Shaqiris aus dem Kosovo in die Schweiz über - und hatten zunächst Probleme, Fuß zu fassen. Der Vater schlug sich anfangs mit Gelegenheitsjobs herum oder war arbeitslos. Die Kinder mussten Geld dazu verdienen, um die Familie über Wasser zu halten.

Diese Zeit hat Shaqiri geprägt. Und sie hat ihn stark gemacht. Er ist keiner, der sich so einfach aus der Bahn werfen lässt und bei Widerstand die Segel streicht. "Meine Eltern sind stark im Kopf, und das bin ich auch - was im Fußball sehr wichtig ist. Ich habe Spaß am Fußball und bin eigentlich nie nervös. Ich halte viel aus", sagt er.

"Kritik? Kein Problem!"

Für sein Engagement bei den Bayern wird ihm das helfen. In München will er nun den nächsten Schritt machen und dazulernen. "Für einen Jungen ist der Umgang mit Kritik nie leicht", sagt er. "Aber mich kann man ruhig einmal zusammenstauchen, kein Problem - ich lasse den Kopf nicht hängen, mache weiter. Das habe ich in mir."

In München wird man das gerne hören. Denn wer bei den Bayern bestehen will, braucht mehr als nur fußballerisches Talent. Shaqiri bringt vieles mit. Er scheint wie gemacht für den Rekordmeister und taugt zu mehr, als nur als Held für einen Tag.

Das ist Xherdan Shaqiri

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