SPOX: Herr Ottl, Sie waren in der vergangenen Woche als einziger Bayern-Profi zu Philipp Lahms Hochzeit eingeladen. Wie war's?
Andreas Ottl: Wunderschön. Es ist einfach schön, wenn man sieht, dass der beste Freund gerade den schönsten Tag seines Lebens erlebt. Philipp und Claudia waren wirklich überglücklich. Es war ein Tag mit vielen Highlights - dementsprechend lang wurde auch gefeiert.
SPOX: Unter anderem hat Rainhard Fendrich live gespielt.
Ottl: Stimmt, er hat für die beiden gesungen. Ich bin auch Fan der Austria-Musik, die höre ich ab und an sehr gerne. Deswegen war das für mich auch ein Highlight.
SPOX: Was bedeutet Ihnen München?
Ottl: Was es mir bedeutet? Ganz einfach: Es ist meine Heimat. Dort bin ich aufgewachsen, in den Kindergarten gegangen, in die Schule. Ich habe in München viele Freunde, ich kenne die schönsten Ecken der Stadt. Ich fühle mich dort einfach rundum wohl.
SPOX: Kommt daher der Wille, sich unbedingt beim FC Bayern durchsetzen zu wollen?
Ottl: Nicht nur. Ich bin hier, um dem Trainer zu zeigen, dass er auf mich setzen kann und ich eine Alternative auf der Sechser-Position bin.
SPOX: Fühlen Sie sich von der Öffentlichkeit und den Medien manchmal unterschätzt?
Ottl: Nein. Ich glaube an meine Stärken - und das zählt. Und das halbe Jahr in Nürnberg hat mir auch gut getan. Ich habe gezeigt, dass ich in einer schwierigen Situation Leistung bringe und ein wichtiger Spieler sein kann, auch wenn meine Spielweise vielleicht nicht die auffälligste ist. Ich bin 25 und habe jetzt knapp 100 Bundesliga-Spiele und 30 internationale Einsätze. Ich brauche mich vor niemandem zu verstecken.
SPOX: Was viele vergessen: Sie haben Bayern 2006 mit einem Tor in Kaiserslautern zur Meisterschaft geschossen.
Ottl: (lacht) Naja, das ist nun wirklich schon ein paar Jahre her. Damals war das natürlich überragend.
SPOX: Was hat sich in einem halben Jahr verändert, dass sie im Winter nach Nürnberg gingen, nun aber bei den Bayern bleiben wollen?
Ottl: Nürnberg war zu dem Zeitpunkt einfach die richtige Wahl, weil ich in der Hinrunde kaum gespielt habe und der Club eine große Aufgabe vor sich hatte - er hatte nach 17 Spielen zwölf Punkte. Dass wir dann am Ende verdient nicht abgestiegen sind, war für mich ein echtes Erfolgserlebnis, das mir davor vielleicht gefehlt hat.
SPOX: Es war also wichtig, mal raus zu kommen.
Ottl: Mit Sicherheit. Ich bin seit 1995 bei Bayern. Mal was Neues kennenzulernen, in eine neue Mannschaft auf Anhieb reinzufinden, den Abstieg verhindern war eine spannende Herausforderung.
SPOX: Bastian Schweinsteiger und Mark van Bommel dürften beim FCB aber auf Ihrer Position gesetzt sein.
Ottl: Richtig. Aber der Trainer will jede Position doppelt besetzt haben und das gleichwertig. Das ist seine Philosophie. Es liegt an mir, mich aufzudrängen.
SPOX: Ist es ein Vorteil, dass sie schon trainieren und die WM-Fahrer nicht?
Ottl: Nein, denn am Ende kommt es auf die Leistung an und nicht wer drei Wochen länger im Training ist. Training hilft, um topfit zu sein, und das bin ich.
SPOX: Formulieren Sie ein persönliches Ziel für nächstes Jahr.
Ottl: (überlegt) Als Mannschaft wollen wir an die letzte Saison anknüpfen, die wirklich herausragend war.
SPOX: Und für Sie selbst?
Ottl: Ich will spielen.
SPOX: Was erwartet van Gaal von einem Sechser?
Ottl: Es geht darum, die richtige Balance zwischen Defensive und Offensive zu finden und dabei möglichst keine Bälle zu verlieren. Man muss das Spiel schnell verlagern können, passsicher sein und die Außen einsetzen. Dabei muss man aber immer auch ein Auge auf die Defensive haben und gegnerische Angriffe unterbinden.
SPOX: Und Ihre Stärken liegen...
Ottl: ...klar in der Defensive. Ich denke defensiv und habe die technischen Möglichkeiten den Ball sicher, unter Druck in der Mannschaft zu halten. Ich gebe der Mannschaft Sicherheit.
SPOX: Auf Ihrer Homepage steht der Spruch: 'Den meisten Druck macht man sich selbst.'
Ottl: Ich sage mir immer: Wenn man mit Gelassenheit an die Dinge rangeht, wird daraus eher was, als wenn man sich zuviel Druck macht. Das ist einfach so.
SPOX: 'Wenn ich nicht Fußballer geworden wäre, wäre ich wahrscheinlich Unternehmensfinanzberater geworden.' Steht auch auf Ihrer Homepage.
Ottl: Ja.
SPOX: Warum?
Ottl: Der Job interessiert mich. Ich habe einen Bekannten, der das macht und deswegen habe ich das mal gesagt. Ob das was für mich ist? Keine Ahnung, momentan bin ich einfach gerne Fußballer. (lacht) Was nach dem Fußball passiert, weiß ich jetzt noch nicht.
SPOX: Haben Sie Bastian Schweinsteiger diesen Quantensprung im letzten Jahr zugetraut? Dummerweise spielt er ja jetzt auf ihrer Position.
Ottl: Er hat wirklich eine enorme Entwicklung durchgemacht. Er hat nicht nur eine starke Saison bei Bayern gespielt, sondern auch eine super WM. Ich kenne ihn schon sehr lange und es freut mich wirklich für ihn.
SPOX: Philipp Lahm kennen Sie auch schon sehr lange. Haben Sie mit ihm über die Kapitänssache beim DFB gesprochen?
Ottl: Nein, da haben wir nicht drüber gesprochen. Er hat nichts Böses gesagt. Da wird jetzt ein bisschen Gras drüber wachsen und dann wird sich der Bundestrainer entscheiden, wer Kapitän wird.
SPOX: Wer hat Sie bei der WM beeindruckt?
Ottl: Andres Iniesta.
SPOX: Wieso?
Ottl: Ich schaue ihm einfach gerne zu. Es ist eine Augenweide, wie er spielt. Er ist einer der besten Mittelfeldspieler der Welt.
Der Kader des FC Bayern München