Lucas Barrios: Liebling im falschen Land

Von Daniel Börlein
Lucas Barrios wechselte vor der Saison von CSD Colo Colo zu Borussia Dortmund
© Imago

Lucas Barrios kommt bei Borussia Dortmund immer besser in Tritt. Gegen Hertha BSC möchte der Argentinier seine Treffer-Serie fortsetzen (20.15 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY). In Chile ist der 24-Jährige längst ein Volksheld und wird von Ivan Zamorano unterstützt. Doch Barrios hat erfahren, dass es wichtigere Dinge als Fußball gibt.

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An Lucas Barrios kommt Nuri Sahin längst nicht mehr heran. Auch Mats Hummels, Sebastian Kehl und Nelson Valdez haben keine Chance gegen den Argentinier. Selbst Publikumsliebling Dede sieht im Vergleich mit Barrios ziemlich alt aus. Zumindest in Sachen Merchandising.

Immerhin rund 2500 Mal verkaufte sich bislang der neue BVB-Dress mit Dedes Schriftzug. Der Renner im Borussia-Fanshop ist in dieser Saison allerdings das Trikot mit der Nummer 18. Über 3500 Barrios-Shirts gingen seit der Verpflichtung des 24-Jährigen über den Ladentisch. Tendenz steigend.

Denn mittlerweile ist Barrios' Trikot nicht mehr nur das des teuersten und namhaftesten Dortmunder Neuzugangs, sondern auch das des besten Torjägers der Borussia. In jedem der letzten drei Bundesligaspiele traf Barrios und war dadurch maßgeblich daran beteiligt, dass der BVB in diesen drei Partien sieben Punkte holte. Beim Pokal-Aus in Osnabrück gelang Barrios der Treffer zum 2:3-Endstand.

Zwischenzeitlich auf die Bank

Vor ein paar Wochen sah das noch ganz anders aus. Bei der Borussia - und bei Barrios. Der BVB rangierte mit kümmerlichen sechs Zählern nach sieben Spieltagen nur knapp vor den Abstiegsplätzen, Barrios wartete auf seinen ersten Bundesliga-Treffer und fand sich zwischenzeitlich sogar auf der Bank wieder.

Für Jürgen Klopp nichts Ungewöhnliches. Der BVB-Coach warb um Zeit für seinen Neuzugang. Barrios werde einschlagen, da waren sich in Dortmund alle sicher. Auch Barrios selbst zweifelte nicht an sich.

Er müsse sich erst an die neuen Umstände gewöhnen und werde weiterhin hart an sich arbeiten. Dann kämen die Erfolgserlebnisse ganz von alleine, gab der Angreifer stets unaufgeregt zu Protokoll.

Schwester leidet am Down-Syndrom

Barrios ist keiner, der sich von den sogenannten Mechanismen des Geschäfts verunsichern lässt. Er behält lieber einen nüchternen Blick auf den Fußball. Auch weil er weiß, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt, als Siege und Tore.

Eine der drei Schwestern des Angreifers leidet am Down-Syndrom, einer Genommutation, die die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt. "Meine Schwester ist ein wunderbarer Mensch. Ich liebe und bewundere sie dafür, wie sehr sie trotzdem das Leben liebt. Wenn auch auf ihre ganz eigene Art", sagt Barrios.

Auch aufgrund des Schicksals seiner Schwester unterstützt er seit Jahren verschiedene Organisationen, die sich vornehmlich um kranke Kinder kümmern. Ohne darum groß Aufhebens zu machen: "Mir ist bewusst, dass ich als Fußballprofi privilegiert bin."

Karriere-Start im Maradona-Klub

Dabei stand lange nicht fest, ob Barrios überhaupt den Durchbruch als Profi schaffen würde. Als Kind spielt er bei den Argentinos Juniors, einem Provinzklub aus Buenos Aires, in dem auch Diego Maradona und Juan Roman Riquelme ihre Karriere starteten.

Doch schnell wird Barrios zum Wandervogel, heuert bei mehreren argentinischen und mexikanischen Zweitligisten an, wird aber nirgends richtig glücklich. Erstmals macht Barrios mit 21 Jahren beim chilenischen Klub Deportes Cobreloa auf sich aufmerksam, als er in 32 Partien 26 Treffer erzielt.

Im Jahr darauf wechselt la pantera - zu deutsch der Panther -, wie er in seiner Heimat aufgrund seiner Antrittsschnelligkeit getauft wurde, ein weiteres Mal nach Mexiko zu CF Atlas, flüchtet aber bereits nach 14 Spielen zurück nach Chile zu CSD Colo Colo.

Zamorano will Einbürgerung

Dort gelingt Barrios der Aufstieg zum Star. Mit 37 Treffern in 38 Partien im Jahr 2008 schießt Barrios Colo Colo zur Meisterschaft und sich selbst zum Welttorjäger-Titel. Die Chilenen bemühen sich um eine Einbürgerung des Argentiniers. Selbst Chiles Idol Ivan Zamorano macht sich für Barrios stark.

Der allerdings lehnt dankend ab: "Ich bin Argentinier. Wenn, dann möchte ich meine Nationalfarben tragen, auch wenn das angesichts von Aguero, Tevez und Messi schwierig ist."

Ansprüche Richtung Maradona formuliert Barrios nicht. "So bin ich nicht. Wenn ich meine Leistung bringe, kommt alles ganz von alleine. So ist meine Einstellung", sagt er und freut sich vielmehr darüber, dass Maradona seinen Namen kennt. "Er hat sich in der Presse schon positiv über mich geäußert. Das vergesse ich nie."

Colo-Coach: "Er ist ein großartiger Junge"

Auch bei Colo Colo haben sie Barrios nicht vergessen und ihm den Wechsel nach Europa nicht übel genommen. "Er hat sich das alles verdient, denn er arbeitet immer fleißig an sich. Er ist ein großartiger Junge", sagt Coach Marcelo Barticciotto.

In Dortmund erfährt man das gerade auch. Um seine körperlichen Defizite aufzuholen, schuftete Barrios schon vor seiner Ankunft fleißig im Fitnessraum. Und "jetzt merkt er gerade erst, dass er körperlich viel mehr drauf hat, als das, was er in Chile abrufen musste", sagt Klopp.

Beim BVB sind sie froh darüber, dass man sich bei Barrios' Verpflichtung gegen namhafte Konkurrenten wie AS und Lazio Rom oder finanzkräftigere Klubs aus Russland durchgesetzt hat. Die 4,2 Millionen Euro scheinen sich rentiert zu haben, denn mit seinen Treffern zahlt Barrios nun fleißig zurück. Und seine Trikots werden noch begehrter.

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